~Großbritannien, November~
Mary Anne fühlte es sofort, den Schmerz in ihrer Brust, das Stechen, das da absolut nicht hingehörte. Als hätte ihr schweres Herz, fern von jeglicher Tätigkeit, plötzlich einen Sprung gemacht. Sie kannte das Gefühl, kannte die Entwicklung, die es mit sich brachte.
"Christian. Verschieb das Treffen."
Ihr Mann, genauso apathisch und emotionslos wie am ersten Tag, sah von seinen Unterlagen hoch.
"Ein, seit 16 Jahren geplantes Treffen verschieben? Aus welchem Grund? Ist ein weiterer Teil, deiner Familie im "Flugzeug", durch einen "Lastwagen" oder durch die "Kirche" gestorben? Soll ich einen meiner Leute schicken, um nachzuschauen? Hat Gina-Hana irgendwas vergessen? Rede mit mir, ich bin sicher, wir kommen zu einer Einigung, die nicht die gesamte Zukunft unserer Firmen in Gefahr bringt."
Eine sanfte, tonloser Stimme, vertraut und frustrierend zur selben Zeit. Das hatten die Melodys so an sich, ohne Ausnahme. Emotionen wurde nur dann gezeigt, wenn es absolut notwendig, vom Vorteil war. Die Hochzeit war die Hölle gewesen, hatte noch mehr an ihren Nerven gezerrt, als die eigentliche Geburt selbst. Nun, ihre Eltern waren nun tot, konnten ihr damit gewiss nicht mehr in die Hacken hinein treten. Die blonde, fast (erst) 31-jährige Frau, war schon den ganzen Tag über innerlich völlig am Ende.
Hana zu verabschieden, war furchtbar gewesen, sie hatte schon den ganzen tag Kopfschmerzen, nun schmerzte auch noch ihr Herz überall und es war ihr, als würde sie fast umfallen. Der schwarz Haarige stand auf, bereit, sie sofort aufzufangen, sollte es zum Äußersten kommen.
"Mach mir keine Angst Anne. Heute wird die Übernahme der Firma entschieden, wir müssen eine wichtige Entscheidung treffen. Alle Räte, die gesamten Leute, die auch nur halbwegs wichtig genug dafür sind, werden sich in 1 Stunde hier versammelt haben, der Saal muss noch freigeräumt, Essen abgeholt und serviert werden – die komplette Entwicklung der beiden Klane, hängt von diesem einem Essen ab, dass weißt du."
Das Pochen wurde schwerer, nahm zu. Sie hielt sich davon ab umzukippen, verschränkte die Arme.
"Das weiß ich selbst. Glaubst du, ich habe 16 Jahre lang unnachgiebig am Frieden gearbeitet, die Schmuckproduktion gefördert, den Organschmuggel in Schach gehalten, um jetzt alles weg zu werfen? Verschieb das Treffen, Christian. Und ruf Hana an. Nein, sag Nina sie soll das Treffen verschieben, ruf einfach Hana an. Ich muss–"
Das Pochen in ihrer Brust hatte aufgehört, ihr Herz stand komplett still. Da auch der damit verbundene Schmerz verschwunden war, störte es sie nicht wirklich – nur wurde ihr kurz darauf schwarz vor Augen, sie verlor ihr Gleichgewicht.
"Schön, meinetwegen. Wir verschieben das Treffen. Wenn du mir bis dahin nicht erzählen kannst, was der Anlass ist, gebe ich dich in die Aufsicht von Mr. Kite und übernehme den Stuhl am Ende des Tisches."
Der Stuhl am Ende des Tisches, symbolisch für das Oberhaupt der Familie, wirklich? Seit ihrer Hochzeit hatte niemand von ihnen je dort gesessen – das war, wenn es zu Veranstaltungen kam die wichtig genug waren in diesem Haushalt gehalten zu werden... immer Hanas Platz gewesen.
"Wag es ja nicht... Und wenn du mich noch mal beim Glatzkopf alleine lässt..."
Sie sah gar nichts mehr, ihr Körper fühlte sich taub an.
"Mr. Kite ist schon längst kein Glatzkopf mehr, Anne. Wie vereinbart haben wir uns nach Hanas Geburt den Kosten für die Heilung seiner Krankheit angenommen. Werde endlich erwachsen, ja?"
"... Fahr... zur –"
"Hab dich auch lieb, Schatz. Jetzt gib dein Bestes, so wie immer, und stirb mir nicht weg."
Danach wandte er sich ab um so laut nach der Haushilfe zu schreien wie sie ihn je gehört hatte – andererseits konnte das genauso gut eine Halluzination sein, denn wirklich hören, tat die Blonde nicht mehr.
~...~
"Aufgrund von einem Kreislaufzusammenbruch mit anschließenden Herzversagen von Lady Melody, verschiebt sich das Treffen um 4 Stunden. Richte das genauso an alle weiter, Nina."
"Aber die ersten Gäste haben einen Flug von 14 Stunden hinter sich, werden jeden Moment-"
"Seh ich so aus, als würde mich das in irgendeiner Form interessieren? Schick Mr. Kite her, noch bevor du anrufst. Halt warte", er hörte einen Moment auf, unterbrach seine Herz-Massage um der Blonden Luft zu geben, fuhr dann fort: "Nach Kite, rufst du die Familie San Blood an. Wenn alles hier schief läuft, brauche ich den Jungen so schnell hier, wie's geht. Das andere Mädchen auch, aber ruf zuerst die San Bloods an."
Wieder Luft hinzugeben, weiter machen. Das Weib nahm sich auch noch die Ruhe zu fragen, welches „Mädchen" denn gemeint wäre. Als hätte seine Tochter mehr als zwei Freunde, die dieses Anwesen betreten durften. Er blieb ruhig, verstärkte den Druck nicht.
"Chang oder Xing oder irgendeiner dieser Namen. Sie soll her, auf der Stelle."
"Verstanden."
Das Dienstmädchen rannte los, wählte mehrere Nummern gleichzeitig und erklärte ihm auf ein Neues, warum sie noch hier eingestellt war. Luft hinzufügen, die Ruhe bewahren. Solange der Sauerstoff in ihrem Körper verteilt war, würden keine Nervenzellen absterben, keine bleibenden Schäden entstehen. Falls es ein Herzstillstand war. Ruhe bewahren, er musste Ruhe bewahren.Eine der wichtigsten Entscheidungen dieser Generation hatte heute getroffen zu werden – warum musste die Kirche ausgerechnet jetzt nach einem Opfer verlangen?! Wäre der Brief eine Woche später eingetroffen, hätte er ihn persönlich ins Feuer geschmissen, zugesehen, wie er zu Asche verbrannte – was hatte der verdammte Pastor (sein Vater hätte ihn dafür zusammen geschlagen, ohne zu zögern) nur für ein Zeitgefühl?
Eine Strafe von Gott an ihn und seine Frau, weil sie schon immer blutbefleckte Hände besessen hatten? Luft hinzufügen. Den Rhythmus nicht verlieren, Ruhe bewahren.
Das spielte keine Rolle. Er hatte alle Fäden in Japan betätigt, die nicht von den Wastsons bewacht werden konnten, hatte ihr Zeit verschafft.Wenn die Entscheidung so ausfallen würde wie geplant (dafür wäre es natürlich viel besser, wenn Hana hier wäre – die Kirche hat es gewusst, absichtlich dagegen gehandelt. Ruhe bewahren.), war seine Tochter schon bald zu wichtig, um mit in das 'Opferkonzept' zu passen. Es würde auch schon reichen, wenn der Junge – auch wenn das bedeuten würde, dass somit sowohl die Wastsons, als auch die Melodys für immer ausgelöscht werden würden – solange er seine Tochter nicht als leblose, bleiche Hülle zurückbekam, war es ihm Recht, passte es. Luft hinzufügen.
Kite lebte nicht weit von hier entfernt, sollte endlich mit einer Spezialeinheit eintreffen. Die Familie San Blood lebte noch näher – wenn das Mädchen sich als Hana ausgeben könnte, hätte er seiner Tochter auch gleich eine Zwangsheirat erspart – zwar sah er ihr garantiert nicht ähnlich, nicht im geringsten, aber mit dem Grundwissen, würde es vielleicht funktionieren, die nötige Atmosphäre herzustellen.
Sein Vater, so blind wie er mittlerweile war, würde das Kind höchstens an der Stimme erkennen – sie hatten genügend Aufnahmen, das wäre kein Problem. Dann musste er gleich noch einige Freunde her bestellen lassen, dann wäre Aussehen auch kein Problem mehr.
Und als Familie verkaufen, konnte sich jeder Trottel. Luft hinzufügen.
"Sir Melody, Mr. Kite müsste jeden Moment eintreffen, kommt so schnell es geht. Die Gäste wurden informiert und sprechen ihr Beileid aus. Vor allem-"
"Die Kinder, Nina, was ist mit Ihnen?"
Rhythmus nicht verlieren, im Takt bleiben. Warum schwieg das blöde Weib schon wieder?!
"Ich habe in beiden Haushalten angerufen. Sir Kai und Lady Cho – schlafen beide tief und fest, es ist nicht möglich, sie aufzuwecken."
DU LIEST GERADE
Diabolik Lovers
FanfictionDas Menschenherz ist bloß ein Spiel. Nur spielen sollte man nicht Zuviel. Beim Spielen solltest du andere gewinnen lassen. Sonst werden sie dich auf immer hassen. Ach... wie schön ist es da nur eine Puppe zu sein. Frei von diesem Herzelein. Doc...