Masterplan

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„Okay, Smu... Was ist der Plan?", fragte ich, um wieder zum eigentlichen Thema zurückzukommen.
„Ich weiß es nicht, Michi. Ich bin total aus der Übung... Ich weiß ja nicht mal, ob sie mir noch eine Chance gibt", meinte Smudo.

Hoffentlich nicht.

„Und wie hast du dir das dann vorgestellt?", hakte ich nach. Ich konnte ja jetzt auch nicht zaubern.
„Na du... du führst doch eine glückliche Ehe mit Uli. Du hast doch bestimmt Ideen, was Frauen gefällt."
Beim Gedanken an Uli kroch erneut unbändige Wut in mir hoch. Scheinbar sah Smudo mir an, dass etwas nicht stimmte, denn er legte beruhigend seine Hand auf meinen Unterarm.
„War nur ein Vorschlag. Entspann dich, Michi", sagte er, während er mit der anderen Hand meine unbewusst zur Faust geballte Hand vorsichtig öffnete.
Seine Finger hinterließen ein Prickeln auf meiner Haut. Smudo strich mit seinem Daumen kurz über meinen Handrücken, dann ließ er mich schlagartig los.
„Sorry, ich wollte nicht... Du musst sonst was von mir denken", stammelte er. „Ich... Mir fehlt... Ach egal. Tut mir leid, Michi."

Smudo war die ganze Situation unangenehm, das merkte ich. Er war erstens nicht der Typ dazu, mich in Liebesdingen um Rat und Hilfe zu bitten und zweitens war es untypisch für ihn, dass er so überdurchschnittlich viel Körperkontakt suchte.
Ich kratzte mich, unsicher, was ich nun sagen sollte, am Hinterkopf und schielte zu Smudo. Dieser schüttelte gerade leicht den Kopf, den er auf seine Hände gestützt hatte.
„Du... stehst ein bisschen neben dir, oder?", fragte ich vorsichtig.
Eigentlich war das eine blöde Frage, da die Antwort offensichtlich war. Smudo setzte gerade zu einer Entschuldigung an, doch ich unterbrach ihn:
„Ist schon okay, Smu. Und... wenn du dich wieder anlehnen willst, mach das. Wenn nicht, dann lässt du es. Wie du willst."

Wortlos warf Smudo mir einen dankbaren Blick zu. Anschließend veränderte er seine Sitzposition umständlich. Ich fragte mich schon, was das werden sollte, bis ich plötzlich seinen Kopf auf meinen Oberschenkeln liegen hatte und er mich mit einer hochgezogenen Augenbraue fragend ansah.
„Okay?", fragte er.
„Mmh...", murmelte ich, „wenn du dich dann besser fühlst..."

„Was würdest du machen, wenn du Uli zurückgewinnen wollen würdest?", wollte Smudo wissen.
Ich verzog das Gesicht.
„Hör mal, Smu. Können wir Uli heute mal außen vor lassen? Das sind zwei völlig verschiedene Frauen...", bat ich ihn, um Ruhe bemüht.
Ich wollte heute nicht von Uli und dem, was sie getan hatte, erzählen, dafür war heute schon genug passiert.
„Klar, sorry", meinte Smudo nur und damit war das Thema erledigt.

„Du kannst doch gut kochen, was hältst du von einem romantischen Candlelight-Dinner?", schlug ich nach einigen schweigsamen Minuten vor.
Irgendwie war meine Hand erneut an Smudos Hinterkopf gelandet, doch er beschwerte sich nicht. Stattdessen hatte er die Augen geschlossen und schien meine - was genau tat ich hier eigentlich? - zu genießen. Ich hätte alles dafür getan, dass Smudo wieder auf positivere Gedanken kam. Wahrscheinlich schob ich deshalb meine eigenen verwirrten Gedanken beiseite und kraulte ihn einfach weiter.
„Hört sich gut an. Also, mag ich. Candlelight-Dinner... hm..."
„Man müsste natürlich erstmal hier aufräumen. Deine Küche, also wirklich...", merkte ich vorwurfsvoll an.
„Hatte keine Zeit zum Aufräumen. Und heute früh hab ich alles aus der Wohnung in die Küche geräumt... Als... Frustbewältigung oder so."
Smudo runzelte die Stirn. Ich war froh, dass er diesmal nicht in gleich in Tränen ausbrach, nur weil er an seine Was-auch-immer dachte.

„Zurück zu deinem Date. Wenn du mal nicht an den Aufwand denkst, worüber würdest du dich essenstechnisch freuen?", überlegte ich weiter.
„Ach, das ist gar nicht mal sooo wichtig, finde ich. Es geht ja um das Miteinander... Aber na ja. Ich mag Steak mit Salat oder was mit Pilzen oder sowas, Miri mag aber lieber Rosenkohl oder Brokkoli zum Fleisch, was mir halt so gar nicht schmeckt. Ist immer ein bisschen schwierig, wenn ich für uns koche. Gekocht habe, meine ich."

Wie kann man nur das nicht mögen, was Smudo kocht? Er ist ein kleiner Gott, was das Kochen angeht. Und er kocht mit Leidenschaft, nicht nur einfach so, damit man was zwischen den Zähnen hat.

„Dazu auf jeden Fall ein guter Rotwein, hm?", meinte ich und erinnerte mich an unseren letzten gemeinsamen Restaurantbesuch, bei dem Smudo mir leicht angeschwippst erklärt hatte, dass er noch nie jemanden mit so einem guten Weingeschmack getroffen hatte, wie mich.
Bei dem Gedanken daran musste ich schmunzeln. Wir konnten es uns aber eben beide auch leisten, Geld für guten Wein auszugeben.

Smudo runzelte die Stirn.
„An sich würde ich dir immer zustimmen, wenn es um Wein geht. Aber Miri trinkt keinen Wein... Sie..."
„Wie jetzt, kein Wein? Die hat doch keine Ahnung, was sie verpasst!", unterbrach ich Smudo aufgebracht. „Was trinkt sie denn zu einem guten Braten oder einem Steak? Apfelsaft?", fragte ich und musste lachen, weil es so absurd war.
Smudo, der Weinliebhaber, hatte eine Freundin, die keinen Wein trank.

Hatte er. Hat er jetzt nicht mehr. Oh Gott, das wird ja immer schlimmer mit der Frau. Da tun sich richtige Abgründe auf.

„Meistens nimmt sie sowas wie Aperol... Oder Cola und sowas", murmelte Smudo.
Ich hätte ihn gern geschüttelt und gefragt, was er unabhängig davon eigentlich an dieser blöden Kuh fand. Doch ich wollte ihn nicht noch mehr verletzen.
„Du kannst doch kein Date organisieren, bei dem schon das ganze drum herum nicht passt, Smu. Wie sollst du dich denn da wohl fühlen und dich auf dein Gegenüber einlassen? Das funktioniert doch so nicht...", sagte ich nachdenklich.
Smudo zuckte nur mit den Schultern.
„Ich will nur, dass sie wieder bei mir ist", murmelte er.
Als ich einen Blick nach unten auf sein Gesicht warf, bemerkte ich, wie er seine Stirn in Falten gezogen hatte. Seine Augen waren geschlossen. Wie ferngesteuert strich ich ihm mit dem Daumen leicht über die Stirn, als wollte ich sie damit wieder glatt streichen.

Smudo atmete angespannt ein und aus.
„Was ist, wenn sie sowas nie wieder macht?", flüsterte er, fast schon verzweifelt. „Mich nie mehr streichelt. Wenn sie mich ignoriert bis in alle Ewigkeit. Ich hab mich hundert mal entschuldigt... Für was auch immer passiert ist. Sie... antwortet mir einfach nicht. Sie liest nicht mal meine Nachrichten. Wahrscheinlich hat sie mich blockiert. Das Telefon abgestellt, die Haustür verbarrikadiert. Oder sie ist ausgewandert."
Smudo sagte das alles mit vollem Ernst.

Ich musste mir ein Grinsen verkneifen.
„Dein Ernst, Smu?", fragte ich. „Sie ist sauer, nun übertreib mal nicht. Die kriegt sich schon wieder ein", meinte ich in beruhigendem Ton.
Meine Streicheleinheiten, die Smudo zu genießen schien, erweiterte ich von seiner Stirn bis zu seinen Wangen. Dass sein Bart angenehm weich war, hatte ich heute schon einmal festgestellt. Langsam fuhr ich an seinen Schläfen entlang.

Smudo schlug seine Augen auf und fesselte mich sofort mit seinem Blick.
„Du bist der einzige Typ, von dem ich mir das gefallen lassen würde, ja? Ich bin nicht schwul, auch wenn die Zeitung was anderes behauptet", stellte er klar.
„Weiß ich doch. Wozu hat man denn seinen besten Freund...", brummte ich und fuhr unbeirrt damit fort, meine Fingerspitzen über Smudos Gesicht und Haaransatz wandern zu lassen.
„Das bist du wirklich", murmelte Smudo und schloss mit einem Lächeln im Gesicht seine Augen wieder.

Das Leben - Angenehm und irre kompliziertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt