Eine einmalige Sache

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Als wir Feierabend machten, stapfte ich mit so viel Wut im Bauch die Treppen nach oben, dass Uli mir vorwarf, ich würde mit meinen Schritten das ganze Schloss wecken.
Da reichte es mir dann endgültig. Ich knallte die Tür hinter mir zu und packte Uli an ihren Schultern, als sie sich gerade die hohen Schuhe ausgezogen hatte. Ihr Blick war beinahe tödlich.

„Du hast mir nicht vorzuschreiben, wie ich das verdammte Treppenhaus hochzugehen habe!", blaffte ich ihr ins Gesicht.
„Verdammt nochmal, Michi! Du bist nicht alleine auf der Welt! Es gibt hier Leute, die schon schlafen! Hey, jetzt lass mich doch mal los, man!", schimpfte sie und versuchte, sich aus meinem Griff zu befreien.
„Ach, auf einmal soll ich dich nicht mehr anfassen? Meine Berührungen sind doch alles, was du willst. Dich begehrt fühlen. Denkst du, ich merke das nicht?", trieb ich meine Beobachtungen auf die Spitze, um Uli zu provozieren.
Entgeistert sah sie mich daraufhin an.
„Du leidest doch an Größenwahnsinn! Es dreht sich doch nicht alles nur um dich!", rief sie.

Mir wurde bewusst, wie laut wir waren. Deshalb zwang ich mich, leiser zu reden. Meine Wut im Bauch veränderte sich, als ich Ulis Lippen betrachtete. Ihr Mund war leicht geöffnet. Ich dachte daran, wie oft ihre Lippen und ihre Zunge mir einst den Verstand geraubt hatten. Sie hatte meine Provokation nicht verneint. Ich hatte ins Schwarze getroffen. Ich hatte endlich etwas gefunden, womit ich sie provozieren konnte.

Immer noch hielt ich Uli an ihren Schultern fest. Nun steuerte ich zielstrebig mit ihr zur nächsten Wand.
„Du willst mir also weis machen, dass dich das hier vollkommen kalt lässt?", fragte ich mit festem Blick in ihre Augen, während mein Hände von ihren Schultern an ihren Seiten entlang zu ihrer Taille wanderten, während ich sie mit meinem Körper an die Wand drückte.
Uli war sprachlos, sie brachte kein Wort heraus. Ich stand so dicht vor ihr, dass kein Blatt mehr zwischen uns passte. Ich schaute ihr tief in die Augen, spürte, wie sich ihr Brustkorb hob und senkte und ihren Atem auf meiner Haut - im nächsten Moment landete ihre Hand unsanft auf meiner Wange.

„Heee spinnst du??", rief ich aufgebracht und schaute sie zornig an.
Ich stolperte rückwärts, um Abstand zwischen uns zu bringen. Meine Wange brannte von der Ohrfeige und ich hielt meine Hand darauf, damit Uli sie nicht nochmal treffen konnte.
„Das wollte ich schon den ganzen Tag machen", murmelte sie und drehte sich zum Fenster.
„Du kannst mir doch nicht einfach eine knallen!", beschwerte ich mich und ging mit schnellen Schritten auf sie zu.
„Ich kann noch ganz andere Sachen machen", verbesserte sie mich kühl.
Gerade, als ich sie erreicht hatte, drehte sie sich zu mir herum. Innerhalb von Sekundenbruchteilen, in denen sich unsere Blicke trafen, verwandelte sich meine Wut gänzlich in Lust. Keinen Augenblick später trafen sich unsere Lippen.

Es war das erste Mal seit Monaten, dass wir uns wieder küssten. Heute war überhaupt das erste Mal seit einer halben Ewigkeit gewesen, dass wir uns freiwillig auch nur ansatzweise berührt hatten.

Dass ich Uli gerade auf meinen Hüften zum Bett trug und sie ihre Beine um mich geschlungen hatte, kam mir mehr als unwirklich vor. Unser Kuss benebelte meine Sinne und ich verwarf jegliche Bedenken. Es war mir egal, dass wir uns nicht mehr liebten und eigentlich getrennte Leute waren. In diesem Moment wollte ich nur eins: mit Uli schlafen, um mein Verlangen zu stillen. Alle angestauten Gefühle zwischen uns entluden sich in diesem Moment - nur auf eine ganz andere Art, als ich gedacht hätte.

Ich setzte Uli auf dem Bett ab und nestelte am Rückenverschluss ihres Kleides herum, ohne unsere Lippen voneinander zu lösen. Sie machte sich derweil an meinem Hemd zu schaffen und knöpfte es auf. Ihre Finger wanderten anschließend über meine nackte Brust zum Bund meiner Hose und öffneten auch dort Knopf und Reißverschluss. In der Zwischenzeit hatte ich Ulis Kleid geöffnet und streifte es ihr nach unten. Uli fuhr mit ihrer Hand über die Beule in meinen Boxershorts, woraufhin ein Stöhnen meiner Kehle entfuhr.
Ich drückte Uli leicht nach hinten, damit sie sich auf das Bett fallen ließ. Dabei stieg ich aus meinen Schuhen und machte mich daran, Uli das Kleid weiter auszuziehen.

„Michi, wir sollten das nicht tun...", sagte sie plötzlich.
Ich hörte eine große Portion Unsicherheit direkt aus diesem Satz heraus und wusste, dass sie einfach nur beruhigt werden wollte.
„Warum nicht?", fragte ich nur und warf das Kleid mitsamt ihrem Slip auf den Boden, bevor ich mich selbst meiner restlichen Klamotten entledigte.
„Ich liebe dich nicht mehr", war ihre Antwort.
„Ich dich auch nicht. Ist doch egal. Du willst das, ich will das. Wo ist das Problem?", sagte ich und kniete mich vor sie auf das Bett.
Die Tatsache, dass sie gerade ihren BH im hohen Bogen durch das Zimmer warf, zeigte mir, dass sie gar nicht mehr überlegte.

Sie sah gut aus. Richtig gut. Und ich war richtig scharf auf sie.
„Nur das eine Mal, ja?", vergewisserte sie sich trotzdem nochmal, wahrscheinlich um ihr Gewissen zu beruhigen.
„Nur heute. Nur einmal", nuschelte ich in ihren Mund, bevor ich in sie eindrang und wir Erfüllung darin fanden, einander zu genießen statt uns zu streiten und uns gegenseitig fertig zu machen.

Das Leben - Angenehm und irre kompliziertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt