Was sich neckt

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Kauend saßen wir auf dem Bett. Wahrscheinlich würde ich doch nochmal Gebrauch vom Zimmerservice machen müssen, bei so vielen Krümel, die beim Essen herunterfielen.
„Ey, die ist mega lecker!", schwärmte Smudo über seine Pizza. „Koste mal!"
Schon hielt er mir ein Stück Pizza vor den Mund und ich nahm einen Bissen davon.
„Mh, echt gut", meinte ich schmatzend. „Auch ein Stück?"
Smudo nickte und so begann das selbe Spiel von vorn, nur mit vertauschten Rollen. Allerdings zog ich meine Hand mit der Pizza ein kleines Stück zurück, als Smudo gerade reinbeißen wollte, sodass er ins Leere schnappte.
„Hey!", meckerte er, musste aber lachen.
Ich grinste und hielt die Pizza wieder in seine Reichweite. Smudos Pizza schmeckte mir besser als meine, weshalb ich mit der anderen Hand unauffällig ein Stück seiner Pizza gegen eins meiner tauschte. Währenddessen lenkte ich Smudo mit der Pizza vor seinem Mund ab und musste dabei auch herzlich lachen.
„Okay, jetzt bin ich gnädig", sagte ich lachend und hielt still mit meiner Hand.
„Wirklich!", fügte ich hinzu, als Smudo mir einen skeptischen Blick zuwarf.
Seine Augen funkelten belustigt, als er endlich etwas zwischen die Zähne bekam.
„Das ist echt unmöglich mit dir", lachte er mit vollem Mund.

Das hier bitte einfach jeden Tag. Nur Smudo und ich, mit Pizza und Energydrinks im Bett chillen und dabei alle Zeit der Welt haben. Perfekt.

„Mh, aber meine ist besser", überlegte Smudo.
„Find' ich auch", meinte ich und biss genussvoll in das Stück von Smudos Pizza, das in meinen Besitz übergegangen war.
„Wieso hab' ich ein Stück von deiner... ey, du blöder Wichser!", schimpfte Smudo lachend und boxte mir in den Oberarm.
Ich grinste ihn schadenfroh an und er grinste zurück. Leicht verklärt beendete ich den Blickkontakt nach ein paar Sekunden und wendete mich wieder der Pizza zu.

„Lass mal noch irgendwas machen", schlug Smudo vor, nachdem wir die sperrigen Pizzakartons in den kleinen Mülleimer gestopft hatten.
Die Stimmung zwischen uns war jetzt bedeutend lockerer als anfangs und ich war froh, dass er hergekommen war.
„Jo, gerne. An was hast du gedacht?"
Darauf hatte Smudo allerdings keine Antwort und er zuckte mit den Schultern. Mir fiel auf die Schnelle auch nichts wirklich ein. Obwohl...
„Ich hab' unten an der Rezeption so'n Flyer liegen sehen, dass irgendeine Eisbahn ab heute geöffnet hat. Hast du da Bock drauf?", fragte ich.
Smudo zog die Augenbrauen hoch.
„Schlittschuhlaufen?", hakte er nach.
Ich nickte.
„Also wenn du nicht willst, wir können auch was anderes..."
„Nee, is' schon cool", unterbrach er mich. „Ich bin nur kein Eiskunstläufer. Also. Ich bin wirklich mies auf den Dingern."
Smudo lachte leicht verlegen, was bei mir sofort ein Kribbeln im Bauch auslöste. Sowieso befand sich anscheinend ein ganzer Schwarm Schmetterlinge in meinem Bauch, seit ich von Smudos Pizza gekostet hatte. Ich achtete nicht einmal mehr darauf, Smudo nicht zu lange in die Augen zu sehen, da ich so viel Selbstbeherrschung momentan gar nicht aufbringen konnte.

Nachdem wir mit dem Smartphone herausgefunden hatten, wie wir am schnellsten zur Eisbahn gelangten, machten wir uns auf den Weg. Dick eingepackt - Smudo hatte gesagt, es wäre eisig draußen - standen wir zu zweit im Fahrstuhl des Hotels und fuhren die Stockwerke nach unten.
Ich bemerkte, wie Smudos Blick an meinem Gesicht klebte und da ich gut drauf war, wollte ich ihn necken.
„Hab ich was im Gesicht oder warum starrst du so?", fragte ich deshalb schief grinsend.
„Du hast da tatsächlich noch was an der Wange", sagte Smudo.
„Hä? Wo denn?", überlegte ich und betrachtete mich im Spiegel des Fahrstuhls. Ich konnte nichts entdecken. Smudo stellte sich neben mich.
„Nein, hier. Halt mal still", sagte er leise.
Dann strich er mit dem Daumen über eine Stelle relativ hinten an meiner Wange, die ich gar nicht gesehen hatte. Mir wurde direkt noch wärmer, als es mir so schon in dem warmen Fahrstuhl mit der vielen Kleidung war. Unsere Blicke kreuzten sich über unsere Spiegelbilder und wir lächelten uns beide etwas unbeholfen an. Das Öffnen der Fahrstuhltür beendete den Moment.

Die Eisbahn war bereits gut besucht, wie es am Eröffnungstag nicht anders zu erwarten war. Da wir ganz zufällig beide keine Schlittschuhe parat hatten, liehen wir uns welche aus und liefen mehr oder weniger holprig durch einen Tunnel zum Außenbereich der Halle, wo sich die Eisbahn befand. Es war wirklich gut, dass wir mit Handschuhen, Mützen, Schals und dicken Jacken ausgestattet waren, denn es war zwar sonnig, aber auch klirrend kalt. Außerdem hatten wir Sonnenbrillen auf der Nase. Smudo sah ziemlich cool aus mit seiner großen Sonnenbrille, wie ich unvermeidlich feststellte.
Es war ewig her, dass ich mal Schlittschuhlaufen gegangen war. Wahrscheinlich mit Uli vor ein paar Jahren, doch so richtig konnte ich mich gar nicht mehr daran erinnern. Es hatte allerdings eine Zeit gegeben, in der ich oft auf dem Eis unterwegs gewesen war und ich hoffte, dass sich meine Fahrkünste von damals noch nicht gänzlich verabschiedet hatten.

Die ersten Sekunden waren meine Beine etwas wacklig, doch schnell erinnerte sich mein Körper an die Bewegungen und ich merkte direkt, dass mir das hier richtig Spaß machen würde.
„Yeah, Smu! Wo bleibst du?", rief ich, da ich ihn nicht mehr neben mir entdeckte, obwohl wir gemeinsam die Eisfläche betreten hatten.
Da ich keine Antwort erhielt, schaute ich mich nach ihm um - gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie er sich erstmal volle Kanne aufs Eis legte. Prustend fuhr ich zu ihm zurück und stoppte vor ihm.
„Gemütlich da unten?", fragte ich.
Ich erhielt ein dumpfes Brummen als Antwort, das dann aber schnell in ein Lachen überging.
„Hilf mir lieber hoch, anstatt blöde Sprüche zu reißen", wies Smudo mich lachend an.
„Stets zu Diensten."
Damit hielt ich ihm meine Hand hin, die Smudo sogleich ergriff. Dass ich mir vielleicht selbst einen Halt hätte suchen sollen, fiel mir erst ein, als ich das Gleichgewicht verlor. Statt dass ich Smudo half, aufzustehen, lagen wir nun beide am Boden und Smudo lag direkt unter mir.
„Das hat ja gut geklappt", brachte Smudo lachend hervor.
„Du bist einfach umwerfend", kam es aus meinem unüberlegten Mund, doch Smudo lachte einfach auch darüber.
Sein Kopf war direkt unter meinem und hätte ich mich nicht beim Fallen abgestützt, wären wir mit den Köpfen direkt zusammengestoßen.

Vielleicht wäre ich dann einfach auf seinen Mund gefallen und dann wäre das so etwas wie ein Kuss gewesen... Vielleicht würden uns aber auch beiden die Dickschädel brummen.

Das Leben - Angenehm und irre kompliziertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt