Harte Landung

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Das Gefühl war unbeschreiblich. Es war ein vorsichtiger erster Kuss. Behutsam. Ich bemerkte erst, dass ich ebenfalls die Augen geschlossen hatte, als ich sie wieder öffnete, weil wir unsere Lippen kurz voneinander lösten. Lächelnd fuhr ich mit meinen Fingern über seine Wange und Smudo erwiderte das Lächeln. Durchströmt von Glück zog ich ihn erneut an mich heran und verschloss meine Lippen mit seinen. Ich fuhr mit den Fingern durch seine kurzen Haare am Kopf und wünschte mir, dass dieser Moment nie zu Ende gehen würde.
Wir wurden mit der Zeit beide mutiger, verlangender und als Smudo leicht seinen Mund öffnete, nutzte ich die Gelegenheit, um mit meiner Zunge nach seiner zu tasten.
Ein erfüllendes Seufzen drang aus Smudos Kehle, als unsere Zungen vorsichtig miteinander tanzten und ich fühlte mich wie im siebten Himmel.

Smudos Hände waren überall. Mein Hirn setzte immer mehr aus und alles, was noch zählte, waren Smudo und ich, unser leidenschaftlicher Kuss und die zunehmende Erregung, die sich in mir ausbreitete. Wir wälzten uns hin und her, sodass Smudo unter mir lag. Kurz unterbrachen wir den Kuss, sahen uns in die Augen und atmeten schwer. Smudos Augen waren dunkler geworden und sein Blick bohrte sich tief in meine Augen. Lange hielt ich diese Pause nicht durch und ich legte meine Lippen wieder auf seine. Ich spürte Smudos Hände an meinem Po, an dem er mich noch näher zu sich zog und mir damit langsam aber sicher wirklich den Verstand raubte.

Dass ich hier mehr als wild knutschend mit Smudo in seinem Bett lag, kam mir so surreal vor. Aber ich konnte eh kaum noch einen klaren Gedanken fassen. Stattdessen biss ich leicht in Smudos Unterlippe und erntete ein Stöhnen von ihm dafür. Seine Latte drückte durch seine Boxershorts bereits deutlich gegen meine, was mich nochmal heißer machte, als ich es durch das Rumgeknutsche und die viele nackte Haut eh schon war. Hätte ich an mir selbst Hand angelegt, hätte ich es wohl nicht mal eine Minute lang ausgehalten und ich vermutete, dass es Smudo ähnlich gehen würde.
Er schob gerade seine Hände unter den Bund meiner Boxershorts, als wir durch ein Klingeln an Smudos Wohnungstür unterbrochen wurden.
„Ist bestimmt nur die Post", brummte Smudo, nahm den Kuss wieder auf und kniff mir dabei leicht in die Pobacken.
Doch das Klingeln wiederholte sich. Die Person schien es wirklich ernst zu meinen, denn es folgte ein schier endloses Sturmklingeln.
Genervt stöhnten wir beide auf.
„Man. Muss das sein...", grummelte Smudo.
„Na los, dauert doch bestimmt nicht lange", meinte ich, während ich mit meinen Fingern über seine leicht behaarte Brust fuhr.
„Du bleibst hier liegen, ja? Ich bin gleich wieder da", murmelte er.
„Ich lauf' dir bestimmt nicht weg", sagte ich lächelnd.
„Hoffentlich. Nicht, dass das langsam zur Gewohnheit bei dir wird."
„Nein. Versprochen."
Unsere Lippen trafen sich kurz noch ein paar mal, dann drehte ich mich von Smudo herunter und er stand auf. Er sah wirklich sexy aus. Seine Haare standen nach allen Seiten ab, so gut sie das konnten.
„Smu", rief ich gegen das ohrenbetäubende Klingeln, als er gerade das Schlafzimmer verlassen wollte.
Er schaute fragend zu mir.
„Zieh dir 'ne Hose an!"
Smudo schaute an sich herunter und lief feuerrot an, als er seine zeltartige Boxershorts betrachtete. Ich grinste und da musste auch er grinsen. Er deutete einen Luftkuss an. Schnell schnappte er sich eine Jeans und ein Shirt und stolperte dann in den Flur.

Das Klingeln stoppte und ich verschränkte die Arme hinter meinem Kopf. Dieser war vollkommen benebelt. Überall spürte ich noch Smudos Lippen und seine Hände auf mir. Meine Mundwinkel fühlten sich an wie an den Ohren fest getackert, als ich daran dachte, was gerade passiert war. Smudo hatte mich geküsst, wir hatten uns geküsst. Hatte ich es mir also doch nicht eingebildet, dass sich Smudo anders gegenüber mir verhielt. Dass er ebenfalls meine Nähe suchte, dass er auch... mehr für mich empfand als es ein bester Freund eigentlich tat.
Meine schwärmerischen Gedanken wurden jäh unterbrochen, als lautes Geheule einer Frau an mein Ohr drang. Außerdem hörte ich Smudos Stimme, die wütend klang. Ich zählte eins und eins zusammen: Miriam hatte geklingelt.

Wegen der Ziege liege ich jetzt hier alleine im Bett... Und Smudo ist schlecht gelaunt. Toll, toll, toll.

Die Auseinandersetzung wurde heftiger. Vielleicht sollte ich doch aufstehen und die Diskussion der beiden beenden? Es gab wirklich besseres zu tun, als sich mit seiner Ex zu streiten, während ein verliebter Typ im Bett auf einen wartete. Außerdem vermutete ich nach unserem nächtlichen Gespräch, dass Smudo womöglich Unterstützung gebrauchen könnte. Deshalb schwang ich mich auch aus dem Bett, zog mir Smudos Hoodie und Jogginghose von gestern an und verließ das Schlafzimmer.

„Dass du dich überhaupt traust, hier nochmal aufzukreuzen!", schimpfte Smudo gerade lautstark. „Du bist ein Nichts für mich, Miriam. Ein Niemand!"
Smudos Worte waren hart, doch nach dem, was sie abgezogen hatte, durchaus verständlich.
„Aber Smudi, es tut mir so leid. Ich wollte dich doch nur nicht verlieren, das war alles", heulte sie.
„Nix mit Smudi hier. Wie konnte ich nur so blöd sein und glauben, dass ich von deinem Wohlwollen abhängig bin? Dein Psychoterror hat mich halb krank gemacht! Ich bin nicht mehr auf dich angewiesen, Miriam!", entgegnete er aufgebracht.
Miriam schluchzte laut, als ich die beiden erreichte. Ich bewunderte Smudo dafür, dass er sich so selbstbewusst gegen sie behauptete. Vielleicht beflügelte ihn unser intensiver Kuss von gerade eben.
„Kann ich euch vielleicht behilflich sein?", fragte ich und legte Smudo unterstützend meine Hand auf die Schulter.
„Michi, was... Wolltest du nicht...", stammelte Smudo überrascht.
„DU???", rief Miriam entsetzt. Sie musterte mich kritisch von oben bis unten. „Was machst du am frühen Morgen bei Smudo in der Wohnung? Und wieso hast du seine Sachen an?"
Ich lächelte sie süffisant an.
„Das, liebe Miriam, geht dich tatsächlich einen Scheißdreck an. Und wie du vielleicht bemerkt hast: Du bist hier nicht mehr erwünscht."
Ihr stand der Mund offen. Sie sah zwischen Smudo und mir hin und her und man konnte schon fast sehen, wie es in ihrem Kopf ratterte. Dann fixierte sie Smudo mit ihrem Blick und kniff die Lippen zusammen.
„Du bist doch schwul. Hab' ich es doch gewusst! Du hast mich doch angelogen! Oh Gott, bloß gut, dass ich dich los bin", zeterte sie.
„Miri, nein, so ist das nicht. So ein Quatsch!" Smudo lachte gekünstelt. „Ich bin doch nicht schwul! Und Michi ist doch nur mein bester Freund, nichts weiter."

Das Leben - Angenehm und irre kompliziertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt