Zwei

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Smudos Hand lag an meiner Hüfte und er schaute mich verträumt an. Ich sah ihm an, dass er gar nicht mehr an das T-Shirt in meinen Händen dachte. Es handelte sich dabei übrigens um das Shirt, dass es nicht in meiner Größe gegeben hatte, als wir shoppen gewesen waren. Nein, Smudo dachte an die vergangene Nacht. Sein Blick war elektrisierend.
„Das war... wahnsinnig schön gestern. Wow", sagte er und bestätigte damit meine Vermutung.
„Fand ich auch."
Seine raue Hand streichelte die nackte Haut meiner Hüfte. Mit den Fingerkuppen fuhr er meine Seite entlang und verursachte somit eine Gänsehaut bei mir. Ich verlor mich in seinen Augen, war vollkommen gefesselt von ihnen. Smudos Lippen waren einen Spalt breit geöffnet. Er sah verboten gut aus. Ein Blinzeln von ihm beendete den Moment.
„Als du am Strand auf mich gewartet hast und ich nochmal kurz in die Wohnung bin, weil ich meine Sonnenbrille vergessen hatte... Da bin ich an dem Laden vorbei und die hatten gerade neue Ware bekommen", schwenkte er das Thema zurück zu dem Shirt.
„Danke", sagte ich, nachdem ich mich von der kurzen Irritation durch den Themenwechsel erholt hatte.
„Und da ist noch was. Nur was kleines... mehr so symbolisches."
Smudo griff unter das Kopfkissen.

Er überlässt auch nichts dem Zufall. Da hat er gestern echt beides so platziert, dass ich es nicht merke, aber er es mir jetzt im Bett geben kann...

Ein kleiner Anhänger aus Holz baumelte von seinem Finger. Es war eine römische Zwei.
„Ein Schlüsselanhänger. Mit einer Zwei... statt einer Vier, wie sonst immer. Für die Wohnung, die wir hoffentlich bald finden", erklärte er.
„Oh Smu, das ist süß."
Verzückt fuhr ich die Konturen entlang. Dann hob ich meinen Blick wieder.
„Danke. Für alles. Auch für das Boot und..."
„Gern geschehen", unterbrach mich Smudo lächelnd.
Ich umschloss den Schlüsselanhänger mit meinen Fingern. Unsere Lippen trafen sich und wir verfingen uns in einem intensiven Kuss.

„Hast du noch was geplant heute?", fragte ich Smudo, nachdem wir aufgestanden waren und an Deck saßen.
„Nö."
Es waren noch Nudeln von gestern übrig, die gerade in der eingebauten Mikrowelle ihre Runden drehten. Die Sonne schien uns beiden ins Gesicht und der Wind war so lau in der windgeschützten Bucht, in der wir die Nacht verbracht hatten, dass wir ohne Jacke draußen sitzen konnten.
„Ich würde heute Abend gern feiern gehen. Wir könnten John, Chris und die anderen fragen, ob sie Bock haben", überlegte ich. „Was sagst du?"
Smudo nickte.
„Klar."

Wir chillten auf dem Boot und fuhren noch ein ganzes Stück hin und her. Ich setzte mich auch mal ans Steuer und wir genossen den Fahrtwind im Gesicht. Zum Abschluss sprangen wir nochmal ins Wasser. Als die Schatten immer länger wurden und die Sonne uns und unsere Umgebung in rötliches Licht tauchte, steuerten wir zurück zur Insel und wurden am Anlegesteg von einem Kollegen von Antonio empfangen.
John hatten wir bereits telefonisch erreicht. Begeistert hatte er der Einladung zugesagt und mir zum Geburtstag gratuliert. Er würde wohl noch eine ganze Horde an Leuten mitbringen, sodass wir uns sicher waren, dass es ein guter Abend werden würde. Ich warf einen letzten Blick auf das Boot, auf dem Smudo und ich uns zum ersten Mal gesagt hatten, dass wir uns liebten und auf dem wir zum ersten Mal miteinander geschlafen hatten. Smudo legte seine Hand an meinen Rücken und blieb mit mir stehen.
„Danke, Smudo."
Er drückte mir einen Kuss auf die Schläfe.
„Mh, du schmeckst nach Salz", brummte er.
„Dann sollten wir vielleicht erstmal duschen gehen", meinte ich und zwinkerte ihm zu.
Uns war beiden klar, dass wir es nicht nur auf das Duschen beschränken würden, denn wenn wir schon mal beide nackt waren, konnte man das ja auch anderweitig nutzen.

Tatsächlich war es mehr als angenehm, sich das Meersalz von der Haut und aus den Haaren zu waschen. Ich liebte es, mit Smudo zu duschen. Wenn wir erstmal eine gemeinsame Wohnung hatten, konnten wir das jeden Tag tun. Diese Aussichten steigerten meine Laune nochmal ein ganzes Stück, obwohl ich eh schon bestens gelaunt war.

Wir machten uns schick für die Party. Ich zog direkt das Shirt an, dass Smudo mir geschenkt hatte und sah ihm an, dass er sich darüber freute. Gut aussehend und gut riechend machten wir uns auf den Weg in die Stadt. Ich freute mich auf die Musik, die Menschen und darauf, die Nacht mit Smudo an meiner Seite zu verbringen. Unsere Finger verschränkten sich beinahe automatisch miteinander, während wir zu dem Club liefen, vor dem wir uns mit John und den anderen verabredet hatten – so sehr hatten wir uns in der kurzen Zeit bereits daran gewöhnt. Hier gab es keine schrägen Blicke deswegen, auch nicht, wenn wir uns küssten. Wild rumknutschen mochte ich in der Öffentlichkeit zumindest im nüchternen Zustand nicht. Daran hatte auch Smudo nichts geändert, aber ihm ging es da nicht anders als mir.
Der Urlaub war genau das richtige für uns gewesen. Wir hatten das gebraucht, damit wir offener miteinander umgehen konnten.

„Smichi-Boys, hey!", rief uns Chris, der Mann von John, als wir den Club erreichten.
Die beiden waren im selben Moment angekommen und offenbar fanden sie unsere Namensmischung so gut, dass sie uns immer noch damit ansprachen.
„Hi guys", begrüßte ich die beiden. „Good to see you."
Unsere ausgetrunkenen Wegbiere stellten Smudo und ich an den Straßenrand. John erzählte uns, wen er alles noch mit eingeladen hatte. Das würde eine große Runde werden, er hatte mein „Sure, bring whoever you want" anscheinend sehr wörtlich genommen. Interessanterweise hatten wir nicht eine Person aus Deutschland auf Gran Canaria kennengelernt, worüber ich mich einerseits wunderte, denn Deutsche machten überall Urlaub, aber andererseits war ich froh darüber. Außerhalb des deutschsprachigen Raums waren wir als Personen weitgehend unbekannt. Und unser Erfolg mit Die da!, der noch internationale Wellen geschlagen hatte, lag so viele Jahre zurück, dass man uns mittlerweile kaum noch als die Kasperköpfe von damals erkannte.
Insofern hatte ich auch die Hoffnung, dass das peinliche Bildmaterial von Smudo und mir, dass an dem einen Abend entstanden war, keine weiteren Kreise ziehen würde.

Das Leben - Angenehm und irre kompliziertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt