Big Plans

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Smudo stellte gerade eine gefüllte Auflaufform in den Ofen, als ich bei ihm ankam. Über den Umweg des Hotelzimmers war ich hergefahren. Ich hatte mir ausreichend Klamotten und alles weitere, was ich in den kommenden zwei Wochen benötigen würde, mitgenommen. Meine große, gefüllte Reisetasche stellte ich rumpelnd im Flur ab und Smudo ging durch die offene Küchentür auf mich zu.
„Hey", begrüßte ich ihn.
„Hey. Schön, dass du zu Hause bist", sagte er lächelnd.
Ein kurzer Kuss verband unsere Lippen miteinander. Die Formulierung zu Hause irritierte mich. Ich hatte heute schon so viel über meine und Ulis Wohnsituation und unser Haus nachgedacht. Dieses Thema schien mich heute zu verfolgen.
„Was hast du denn schönes gekocht?", fragte ich, als ich meine Jacke an die Garderobe hängte und meine Tasche schulterte, um sie im Schlafzimmer abzustellen.
„Lasagne", antwortete Smudo aus der Küche, in die ich mich gleich wieder begab.
„Mmmh, du bist ein Schatz!", sagte ich und legte meine Hände an seine Wangen, sodass ich seinen Kopf an meinen heranziehen konnte.
„Liebe geht durch den Magen...", murmelte Smudo.
Dann schloss er seine Augen und küsste mich. Diesmal viel intensiver und mit Hingabe.

Er war heute überhaupt sehr liebevoll zu mir. Doch trotz Smudos Bemühungen konnte ich mich nicht richtig auf ihn konzentrieren. Es tat mir leid, da ich auch merkte, wie ihn meine geistige Abwesenheit verunsicherte. Nachdem wir seine nebenbei bemerkt äußerst leckere Lasagne gegessen und pappsatt seinen Esstisch abgeräumt hatten, wusch Smudo sich seine Hände und trocknete sie an einem Handtuch ab. Ich beobachtete ihn dabei, doch in meinen Gedanken war ich ganz woanders. Da stand ich nämlich immer noch vor meiner ehemaligen Haustür und blaffte Uli an, warum sie die Schlösser gewechselt hatte. Und hörte wieder und wieder den Satz von ihr:
Dann finde eine andere Lösung!"
Hätte ich ja gern getan. Nur wie sah die aus?

„Okay, Michi... Was ist los?", fragte Smudo, nachdem er das Handtuch wieder an Ort und Stelle gehängt hatte.
Ich seufzte.
„Ich war heute bei Uli", sagte ich.
Direkt verfinsterte sich Smudos Blick. Abwehrend hob ich meine Hände.
„Ich brauchte eine Unterschrift von ihr, das war alles. Ich will unser gemeinsames Konto auflösen lassen", erklärte ich ihm.
Er verschränkte trotzdem seine Arme vor der Brust und wartete, dass ich weiterredete.
„Es war komisch, in der alten Wohnung zu sein... Und sie hat die Schlösser ausgewechselt."
„Das ist normal, oder?"
„Ja... schon", sagte ich. „Aber trotzdem habe ich nicht damit gerechnet. Es war einfach so... unerwartet."
Smudo zuckte mit den Schultern.

Dieses Eifersuchtsdrama müssen wir dringend in den Griff bekommen, das gefällt mir gar nicht.

„Es war irgendwie bedrückend, wieder dort zu sein. Alles wirkt so... anklagend irgendwie. Uli sucht sich eine neue Wohnung. Hoffe ich. Das tut ihr nicht gut, dort weiter zu leben. Ich könnte das auch nicht. Wir werden das Haus verkaufen."
Smudo nickte.
„Versteh' ich...", meinte er und ließ die Arme sinken. „Und was ist mit dir? Wohnungstechnisch?"
Ich war irgendwie froh, dass er diesen Punkt angesprochen hatte.
„Im Moment? Ist es irgendwie doof. Und unpraktisch. Die Pendelei mit dem Hotelzimmer nervt mich. Auf Dauer ist das keine Lösung...", stellte ich klar.
„Zieh bei mir ein", sagte Smudo wie aus der Pistole geschossen.
„Nein", sagte ich fast ebenso schnell.
Das Wort klang ungewöhnlich hart und ich bereute es sofort. Es war eine große Geste, mir anzubieten, bei ihm einzuziehen. Ich sah Smudos irritierten und fast schon verletzten Blick.
„Wieso nicht?", fragte er.

Wie soll ich ihm das erklären, ohne, dass er es falsch versteht?

„Das ist deine Wohnung. Du hast... Es würde immer deine Wohnung bleiben", versuchte ich es.
„Würde es nicht", widersprach er mir.
„Smu... Ich hab' auch meinen Krempel, ich habe sogar eine halbe Garage voll. Es wird nicht unsere Wohnung, nur weil ich hier schlafe oder einen Schrank von mir mit reinstelle." Smudo zog die Stirn kraus, ich konnte seine Gedanken quasi hören. „Versteh' mich nicht falsch. Ich bin gern hier. Ich bin so gern bei dir. Und ich hab' dich vermisst, die letzten Tage, weil wir uns kaum gesehen haben."
Ich hatte nach Smudos Hand gegriffen und meine Finger mit seinen verschränkt. Er ließ es geschehen, doch er erwiderte den leichten Druck meiner Hand nicht. Sein Blick war undurchdringlich.
„Also was willst du machen?", fragte er nur.
„Weiß' nicht", murmelte ich. „Mir eine eigene Wohnung suchen?"
„Aber das ist doch auch Quatsch. Dann hast du eine Wohnung und ich auch und dann pendeln wir beide immer hin und her."
„Hm", machte ich.
Nachdenklich standen wir uns gegenüber. Ich ließ Smudos Hand los, da ich mir blöd vorkam, wenn er keine Anstalten machte, ebenfalls meine Hand zu halten. Doch genau in diesem Moment fing Smudo meine Hand wieder ein.
„Dann lass uns eine eigene Wohnung suchen. Zu zweit", schlug er vor.
Ich hörte ihm an, dass er überzeugt war von dieser Idee, doch ich war unsicher.
„Meinst du wirklich? Ist es... nicht zu früh dafür?"
Er drückte meine Hand.
„Wenn es nach mir geht, ist es längst überfällig", sagte er lächelnd.
„Sicher? Was, wenn es nicht klappt?"
„Lass es uns probieren. Im Urlaub. Da sind wir auch nur zu zweit in unserer Ferienwohnung. Es ist zwar noch was anderes, wenn man Urlaub statt Alltag hat, aber..."
Weiter kam er nicht, denn meine Lippen landeten auf seinen. In dem Moment, in dem er es ausgesprochen hatte, hatte ich eigentlich schon realisiert, dass das genau die Lösung war, die ich wollte. Mein zweifelnder Pessimismus hatte noch dagegen gesteuert, aber unterbewusst hatte ich mir fast schon gewünscht, Smudo würde das vorschlagen. Euphorisch küssten wir uns.
„Ich kann's kaum erwarten", nuschelte ich noch in Smudos Mund.
Dann beschränkten wir uns eher auf nonverbalen Kommunikation, die uns über Umwege in Smudos Schlafzimmer führte.

„Dein Geburtstag fällt in die Zeit, in der wir weg sind", sagte Smudo leise, als wir in seinem Bett und er in meinem Arm lag.
„Ich weiß", antwortete ich.
Er drehte sich, stützte den Kopf auf seinen Arm und fuhr mit seinem Daumen die Konturen meines Barts entlang. Ich lächelte ihn an, meinen Traummann, der hier nackt neben mir unter der selben Decke lag und mir vor wenigen Minuten beinahe den Verstand aus dem Gehirn geblasen hatte.
„Wir könnten rein feiern. Nur du und ich", murmelte er gedankenverloren.
„Hört sich toll an."
Ich sah ihm an, dass er eine Idee in seinem hübschen Kopf hatte. Wie gern hätte ich manchmal hineingeschaut.

Das Leben - Angenehm und irre kompliziertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt