Du siehst das doch auch so

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Parallel zu dem, was Andy Smudo erzählte, checkte ich mein eigenes Handy, das ich mir schnell geschnappt hatte, als Smudo sein Handy geholt hatte. Zahlreiche verpasste Anrufe wurden mir angezeigt und ich verstand die Welt nicht mehr. Was war denn bitte passiert?
Meine linke Hand ruhte auf Smudos Knie.
„Was ist denn los, Andy?", fragte Smudo.
Er klang ähnlich verwirrt, wie ich mich fühlte.
„Hi Andy", meldete ich mich kurz.
„Michi, hallo. Passt auf, ihr zwei. Folgendes: Smudo, deine reizende Ex-Freundin scheint dir die Hölle heiß machen zu wollen. Ich habe jetzt schon mehrere Anrufe bekommen, was dran wäre an den Gerüchten, dass ihr beide was miteinander habt."
Smudo und ich schauten uns an. Ich schluckte.
„Ich habe das natürlich erstmal alles verneint und gesagt, dass ich von gar nichts weiß und mir das neu wäre. Aber ob ihr wollt oder nicht, ihr müsst euch dazu positionieren. Und das so schnell es geht."

Fuck.

Smudo antwortete ihm irgendetwas, doch das nahm ich nur am Rande war. Ich war viel zu beschäftigt mit meinen eigenen Gedanken.

Das ist meine Schuld. Wäre ich nicht aus dem Bett aufgestanden, hätte dieses Miststück nie von uns erfahren. So ein Rotz! Wäre ich doch bloß liegen geblieben, so wie Smudo mich gebeten hatte.

Mein Handy vibrierte. Ich bemerkte es erst, als Smudo mich mit einem Kopfnicken und Fingerschnippen darauf hinwies. Ulis Name stand auf dem Display.
„Michi, na endlich gehst du mal ran. Ich weiß, du bist gerade bei Smudo und kannst dir wahrscheinlich schöneres vorstellen, als mit mir zu telefonieren. Aber es ist wichtig."
„Andy hat Smudo gerade schon erzählt, was los ist...", unterbrach ich sie. „Was willst du, Uli?"
Es war kurz still in der Leitung.
„Ich bin schon wieder zuhause, mein Telefon ist heiß gelaufen und das hat Monique und mich so genervt, dass wir unseren Mädelsabend verschoben haben", sagte sie.
„Das tut mir leid, aber was hat das mit mir zu tun?"
„Ich will wissen, was ich sagen soll. Soll ich sagen, dass wir uns getrennt haben? Und was ist mit Smudo und dir? Ich will dir nicht in den Rücken fallen, Michi."

Ich traute meinen Ohren nicht. Uli stand hinter mir? Einfach so?
„Ich... Man, Uli... Danke, Schatz... Äh. Vergiss den Schatz. Ja, jetzt schau nicht so, es ist mir rausgerutscht. War keine Absicht", wendete ich mich an Smudo, der sein Gespräch mit Andy beendet hatte und nun mir lauschte, was ich zu Uli sagte.
„Du warst ehrlich zu mir und das rechne ich dir hoch an. Ich hab' keine Lust auf Rosenkrieg mit dir. Und was habe ich denn überhaupt davon, dich schlecht dastehen zu lassen? Und dann noch Smudo mit reinzuziehen, der gar nichts dafür kann, dass wir nicht mehr miteinander können...", meinte Uli.
Ich hätte sie abknutschen können – im übertragenen Sinne natürlich. Smudos Lippen waren mir wesentlich lieber.
„Danke, Uli. Wirklich."
„Also was ist jetzt?"
Ich überlegte kurz und fällte dann direkt eine Entscheidung.
„Es gibt keinen Grund, unsere Trennung nicht öffentlich zu machen. Wir müssen ja nicht das ganz große Fass aufmachen und alles erzählen... Nur, dass es schon länger gekriselt hat und wir uns dann getrennt haben. Was meinst du?"
„Sehe ich auch so."
„Gut. Und zu Smudo und mir... Das muss noch keiner wissen. Das ist mir zu früh, um es offiziell zu machen. Sag, dass nichts an den Gerüchten dran ist."
Ich wagte es nicht, zu Smudo zu schauen. Meine Hand auf seinem Knie liegen zu lassen, kostete mich in diesem Moment schon einige Anstrengung. Ich wusste, dass ich das erst hätte mit ihm absprechen müssen und fühlte mich schlecht, dass ich es nicht getan hatte. Aber ich wusste auch, dass wir am Ende zum selben Ergebnis gekommen wären. Ich hoffte, dass Smudo das auch so sah wie ich.
„Ich vertraue dir, ja?"
„Kannst du."
„Gut. Dann... danke, dass du angerufen hast."
Ich spürte Smudos Blick, der auf mir ruhte, während sich Uli von mir verabschiedete.
„Dir auch. Mach's gut, Uli."

„Was?", fragte ich energisch, nachdem ich mein Handy weggelegt hatte.
Smudos Gesichtsausdruck war eindeutig.
„Ich sag' mal so... Als ich das gemacht habe, was du gerade gemacht hast, bist du total ausgeflippt und direkt abgehauen. Und ich verstehe jetzt auch, warum", sagte er mit einem scharfen Unterton.
„Smu, wir sind uns doch beide einig darüber oder?"
„Du willst das also einfach leugnen? Das alles?"
Er klang verletzt. Innerlich rollte ich mit den Augen, äußerlich riss ich mich zusammen.
„Willst du das wirklich direkt an die Presse geben? Wir wissen überhaupt nicht, was das hier mit uns beiden ist, Smudo! Und wo das noch hinführt."
„Wie kannst du da so rational denken?", fragte er und schaute mich entgeistert an.
„Ich bin Profi darin, mein Privatleben vor der Öffentlichkeit zu verbergen, Smudo! Das habe ich 30 Jahre lang wirklich gut gemacht. So gut, dass immer noch nicht bekannt ist, dass ich überhaupt von Uli getrennt bin!"

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(Ich muss euch kurz vorwarnen. Es kann sein, dass ich in nächster Zeit mal für ein paar Tage keine Kapitel hochlade. Die Prüfungszeit und ein Oneshot, der jetzt sogar mehrteilig geworden ist und trotzdem noch nicht „fertig" ist, haben mich vom Schreiben für diese Story abgehalten. Es kann auch sein, ich schaffe es ohne Pause, aber ich wollte einfach Bescheid geben, damit ihr dann nicht ganz so enttäuscht seid oder denkt, ich würde nicht weiterschreiben. Länger als eine Woche Pause wird es nicht geben, da bin ich mir ziemlich sicher. Sieben Kapitel habe ich im Moment noch auf Lager. Danke für euer Verständnis.)

Das Leben - Angenehm und irre kompliziertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt