Klartext

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Ich wählte Smudos Nummer, bevor ich losfuhr.
„Schatz, hast du Appetit auf Chili con carne heute Abend? Ich könnte noch fix beim Supermarkt vorbeifahren und..."
Smudo unterbrach mich und fragte neugierig nach der Wohnung.
„...Ja, war ich. Du, können wir da vielleicht bei dir drüber reden? Halbe Stunde, dann bin ich da... Ja, bringe ich mit... Mach' ich... Ich freu' mich auch schon... Ja. Smu? Ich muss jetzt los. Bis gleich."
Ich wusste ja, dass Smudo immer noch eifersüchtig auf Uli war, auch wenn es dafür keinen Grund gab. Verstehen tat ich ihn schon in gewisser Weise, aber ich wusste selbst ganz genau, dass ich Uli nie im Leben zurückhaben wollte – vor allem nicht, weil ich Smudo liebte und mit niemand anderem auf der Welt zusammen sein wollte.

„Ich freue mich jedes Mal, wenn du nach Hause kommst", nuschelte Smudo in den Begrüßungskuss hinein.
Seine Hände legten sich an meine Taille und ich ließ mir von seinen Lippen ein Kribbeln in den Bauch zaubern. Brummend stimmte ich ihm zu, bevor ich meine Lippen leicht öffnete und mit meiner Zunge nach seiner tastete. Beinahe hätte ich den Beutel mit den Einkäufen fallen gelassen, weil mich Smudo immer noch so von den Socken haute. Er knetete nun meinen Po und schien ebenfalls geistig abwesend zu sein. Jedenfalls drückte er mich plötzlich mit seinem Körper gegen die Wand und begann, an meinem Hals zu saugen.
„Smu...", stöhnte ich.
Er brachte es wirklich fertig, mich innerhalb weniger Sekunden auf Hochtouren zu bringen. Eigentlich wollte ich mit ihm erst über die Wohnung reden, aber da wir jetzt schon mal dabei waren, verschob ich das in meinem Kopf auf später. Stattdessen widmete ich mich den schönen Dingen des Lebens und ließ mich dazu von Smudo in sein Schlafzimmer steuern, ohne dabei meine Lippen von seinen zu lösen.

„Ich werd' nie genug von dir kriegen, Smu", säuselte ich, nachdem wir uns erschöpft, aber glücklich in seine Bettwäsche sinken ließen.
Sex mit Smudo war der Hammer, unabhängig davon, ob wir es oral oder anal miteinander trieben und ob er oder ich den aktiven Part übernahm. Ich hatte gar keine Worte dafür, wie ich mich dabei fühlte, denn „wahnsinnig gut" war eigentlich eine Untertreibung. Mir wurde heiß, wenn ich mir die Bilder in den Kopf rief, wie Smudos Augenlider flatterten, wenn er auf dem Rücken lag und ich wie noch vor wenigen Minuten in ihn stieß. Und auch Smudos Stimme dabei war der pure Sex und trug definitiv mit dazu bei, dass ich ihm nie widerstehen konnte.
„Das hoffe ich ganz stark", sagte Smudo leise und lächelte.
Zärtlich küssten wir uns, um runterzukommen.
„Erzähl mir von der Wohnung", bat Smudo mich dann.
Er hatte sich auf die Seite gedreht, den Kopf auf seinen angewinkelten Arm gestützt und fuhr mit seinen Fingerspitzen federleicht über meine Brust. Eigentlich fühlte ich mich so pudelwohl, aber der Satz, den Smudo gesagt hatte, vernichtete dieses Gefühl. Stattdessen kroch ein mulmiges Gefühl in mir hoch, so wie immer, wenn es etwas zu erzählen gab, bei dem man nicht wusste, wie der andere es aufnehmen würde. Ich hätte Smudo auch anlügen und einfach sagen können, dass mir die Wohnung nicht gefallen hatte, aber ich wollte ehrlich zu ihm sein und deshalb war das keine Option.
„Sie war toll. Schön hell, hohe Decken, große Küche, Bad mit Fenster, großer Balkon...", begann ich.
„Okay, das klingt doch echt gut", meinte Smudo. „Aber wieso sagst du das so zögerlich?"
Ich seufzte.
„Wir können sie nicht nehmen."
„Was? Wieso nicht?"
„Weil... weil...", ich atmete tief ein, „Uli war auch da. Sie sucht ja auch gerade eine Wohnung."
Smudos Hand verschwand von meiner Brust. Er schaute mich mit gerunzelter Stirn an. Erst nach einer kurzen Pause fragte er:
„Und wieso können wir da die Wohnung nicht nehmen?"
Seine Stimme klang hart. Ich hoffte, dass er mich verstehen würde.
„Sie fand die Wohnung genauso traumhaft wie ich. Wir haben darüber geredet, wie man sie einrichten könnte, jeder mit seinen eigenen Vorstellungen. Ich habe einfach beide Wohnungen vor mir gesehen: unsere und Ulis. Ich... ich will nicht mit dir in eine Wohnung einziehen, in der ich dann jedes Mal daran denke, wie Uli sie eingerichtet hätte. Ich will nicht an Uli denken in unserem Zuhause. Und...", Ich schwenkte meinen Blick kurz durch das Zimmer und dann wieder zurück zu Smudo, „ich will keinen Rosenkrieg mit ihr. Wir lassen uns scheiden und das möglichst ohne viel Trara. Ohne ‚Du hast aber das, da will ich jetzt das behalten', weißt du? Und sie sieht das anscheinend genauso. Wir wollten beide die Wohnung und die einzig logische Konsequenz war, dass sie keiner von uns beiden nimmt."

Für mich war damit alles gesagt und ich war irgendwie froh, dass ich Smudo davon erzählt hatte. Egal, wie er über meine Entscheidung urteilen würde, ich hatte ihm die Wahrheit gesagt und brauchte mir diesbezüglich keine Vorwürfe machen.
„Wie meinst du anscheinend? Hast du mit ihr mal darüber geredet?"
Smudos Stimme klang vorwurfsvoll.
„...ehrlich gesagt nicht, nein. Aber" – ich ignoriert das Schnauben und Kopfschütteln von Smudo – „sonst hätte sie das doch nicht gemacht. Sonst hätte sie doch gesagt, dass sie die Wohnung haben möchte. Sie sah auch ganz überrascht aus, dass ich die Wohnung nicht will."
„Ja, weil sie sich vielleicht geärgert hat, dass sie nein gesagt hat. Weißt du denn, ob sie jetzt nicht nochmal bei dem Vermieter anruft und ihm sagt, dass sie ihre Meinung doch geändert hat? Weißt..."
„Smudo!", unterbrach ich ihn aufgebracht, „Was unterstellst du ihr denn da gerade? Uli würde mir nicht ins Gesicht lügen! Ich kenne diese Frau seit über 20 Jahren und weiß verdammt nochmal, ob ich ihr vertrauen kann oder nicht!" Jetzt war ich wirklich sauer. „Und wenn ich mich am Ende doch in ihr getäuscht haben sollte, na dann ist das eben so. Es geht hier doch aber gar nicht um Uli, es geht um unsere zukünftige gemeinsame Wohnung. Ich werde mit dir nicht in diese Wohnung ziehen! Vor allem nicht, wenn wir uns jetzt schon deshalb streiten!"
Mürrisch schaute ich zu meinem Freund und versuchte, mich zu beruhigen, aber es klappte nicht. Ich hatte mich aufgerichtet und saß nun mit der Bettdecke über meinen Beinen da. Es arbeitete in Smudos Gehirn. Er dachte nach, das sah ich ihm an. Trotzdem wendete ich den Blick wieder von ihm ab und starrte angespannt vor mich hin.

Das Leben - Angenehm und irre kompliziertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt