Happy Times

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Wir riefen noch am selben Tag bei dem Vermieter der Wohnung von vor drei Tagen mit dem großen Balkon an und erhielten sofort die telefonische Zusage, dass wir die Wohnung bekommen könnten. Den Mietvertrag und alles weitere würde er uns dann nach Weihnachten zuschicken. Leicht debil grinsend sahen wir uns an, als ich das Telefonat beendete.
„Jetzt wird's also ernst, was?", meinte Smudo.
„Aber sowas von. Man, weißt du, wie ich mich freue?"
„Ich glaube schon."
Vor lauter Euphorie wusste ich gar nicht richtig wohin mit meinen Gefühlen und zog deshalb Smudo eng an mich. Meine Lippen fanden seine und ich verlor mich bei unserem Kuss irgendwo zwischen den Gedanken an unsere gemeinsame Zukunft und der Tatsache, dass ich selten so glücklich gewesen war wie in diesem Moment.

Wir verbrachten Weihnachten zu zweit, ganz ruhig. Smudos Wohnung hatten wir ganz kurzfristig am 23. noch geschmückt und am 24. früh den Baum aufgestellt. Durch unseren spontanen Urlaub und die Umzugspläne war das alles ein bisschen untergegangen. Eigentlich schade, denn ich mochte die Weihnachtszeit. Alles verlief gemächlicher und bedächtiger, die Menschen waren herzlicher – oder gestresster, aber diesen Menschen versuchte ich, aus dem Weg zu gehen – und Familie sowie Zusammenhalt spielten eine größere Rolle als im Rest des Jahres. Nun war Smudo gewissermaßen zu meiner Familie geworden. Es war das erste Weihnachten seit etlichen Jahren, dass ich nicht in Stuttgart und ohne Uli verbrachte, aber mir gefiel es ausgesprochen gut, das Fest der Liebe mit der Liebe meines Lebens zu verbringen und zu feiern. Wir hatten am Vortag des Heiligen Abends essenstechnisch alles so vorbereitet, dass wir in den kommenden Tagen nur noch wenig mit der Zubereitung zu tun hatten sondern vielmehr essen konnten. Der Lieferdienst tat sein Übriges dazu.
Wir ließen jazzige und modernere Interpretationen von Weihnachtsliedern durch Smudos Wohnung klingen; auf die klassischen Versionen hatten weder er noch ich wirklich Lust. Außerdem schauten wir Filme und machten wir den ein oder anderen Spaziergang im Schnee. In der Nähe von uns befand sich ein Park, der allerdings vollkommen überfüllt von Familien mit lärmenden Kindern war, weshalb dieser als Ziel schon mal ausfiel. Aber auch sonst war es in einigen Nebenstraßen ganz angenehm und relativ ruhig, sodass wir ohne Ziel die frische, aber knackig kalte Luft genießen konnten.

Die zwei Weihnachtsfeiertage nutzten wir wirklich mal dazu, nichts von alledem zu tun, was im entferntesten mit der Arbeit zu tun hatte. Und auch alles, was noch durch den Umzug an Stress auf uns zukommen würde, ließen wir vollkommen außer Acht. Es war wie ein zweiter Urlaub, nur wesentlich kürzer und mit deutlich niedrigeren Außentemperaturen. Ich hatte keine Ahnung mehr, wie oft wir uns in den letzten Tagen gesagt hatten, dass wir uns liebten. Aber nicht nur diese Worte machten, dass ich eine tiefe Verbundenheit und Zuneigung für Smudo empfand. Wir zeigten es uns mindestens genauso oft. Es waren auch die kleinen Gesten, die kurzen Blicke und Berührungen, die mir und hoffentlich andersherum auch ihm zeigten, dass die Liebe zwischen uns echt wahr, dass wir beide das fühlten, was der andere auch fühlte.
Kurz gesagt: ich war ungefähr genauso voll mit Essen wie mit Liebe und fand das beides richtig gut so.

Nachdem die Feiertage vorbei waren, ging es langsam aber sicher ums Thema Umzug. Mein Hotelzimmer hatte ich schon längst nicht mehr – ich wohnte also für ein paar Wochen doch bei Smudo – aber Smudos Wohnung musste gekündigt werden, Formulare für die neue Wohnung wurden ausgefüllt und nebenbei planten wir, wie wir unsere Wohnung einrichten würden. Wir waren gut beschäftigt mit aussortieren, dabei in gemeinsamen Erinnerungen schwelgen, zwischendurch übereinander herfallen, in Möbelhäuser fahren, Kisten zu packen und abends im Bett weiter über das zu reden, was alles schönes auf uns zukam. Es machte mich glücklich, mit Smudo gemeinsam Zukunftspläne zu schmieden und dabei immer wieder aufs Neue zu spüren, wie gut wir uns eigentlich kannten, uns vertrauten und uns fallen lassen konnten. Was ich auch mitbekam, war, dass wir kleine Auseinandersetzungen nicht vermeiden konnten, aber wieso sollte sich das auch plötzlich ändern, wenn es 30 Jahre so gewesen war? Das wichtige war doch, dass wir danach wieder auf einen gemeinsamen Nenner kamen. Ich genoss es, wenn Smudo in meinen Armen einschlief und ich dann in seinen aufwachte. Dass das ab jetzt nahezu jeden Tag so sein konnte, war etwas, worauf ich mich wirklich freute.

Das Leben - Angenehm und irre kompliziertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt