Männergespräche

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„Du... kann ich dich mal was fragen?"
Wir saßen beide mit Boxershorts, Shirt und Controller auf der Couch und spielten das Jump'n'run Game, das wir gestern installiert hatten. Zwei leere Pizzakartons und zwei Weingläser standen vor uns auf dem Couchtisch, die Flasche war bereits leer und nur in den Gläsern befand sich noch etwas Wein. Das Spiel machte sogar mir Spaß und ich war sonst eigentlich nicht fürs Zocken zu begeistern. Vielleicht lag es aber auch einfach mit daran, dass ich gerade auf Wolke 7 schwebte.
„Klar", antwortete ich und Smudo pausierte das Spiel.
Smudo stützte den Kopf auf den Arm und lehnte sich so seitlich an die Rücklehne der Couch.
„Eigentlich ist es gar keine Frage... Nur so ein... Ach man, als hätte ich mit dir noch nie übers Ficken geredet. Nur, dass es da immer um Frauen ging und die haben bekanntlich einen Eingang mehr..."
„Ja. Können wir uns da vielleicht noch ein bisschen..."
„Zeit lassen?", beendete Smudo meinen Satz.
Ich nickte und schaute zu ihm. Er sah erleichtert aus.
„Deine Hand und dein Mund reichen mir erstmal vollkommen aus. Und deine Zunge... Mhh", sagte ich und schloss kurz die Augen.
„Finde ich auch...", erwiderte Smudo mit einem schiefen Lächeln im Gesicht, als ich die Augen wieder öffnete. „Sag mal, checkst du, was die Weiber gegen's Blasen haben? Und Schlucken?", fragte er dann und da konnte ich mir das Grinsen nicht verkneifen. Ich war mir ziemlich sicher, dass wir dieses Thema bereits vor mehreren Jahrzehnten besprochen hatten.

Wer hätte gedacht, dass wir uns mal gegenseitig einen blasen... gleichzeitig... Das war... mmmh, jedenfalls nicht das letzte Mal, dass wir das gemacht haben, wenn's nach mir geht.

„Nö", antwortete ich.
Smudo musste ebenfalls grinsen, doch dann wurde er wieder ernst:
„Aber mal ernsthaft jetzt. Wir müssen das nicht überstürzen, ja?"
„Smu", sagte ich und griff nach seiner Hand, „wir lassen uns Zeit, ist doch okay. Ich hab auch irgendwie Schiss davor, kann mir aber auch vorstellen, dass das sehr schön sein kann."
„Nicht, dass du denkst, ich will dich nicht..."
„Oar. Smudo. Als hättest du mir irgendeinen Grund gegeben, dass ich das denken könnte", entgegnete ich leicht genervt. „Jetzt mach dir mal nicht so einen Kopf deswegen. Wenn wir das beide wollen, cool. Wenn nicht, auch cool. Easy, Smu."
Ich wuschelte ihm durch die Haare und drückte ihm dann einen Kuss auf die Wange.
„Bereit für das nächste Level?", fragte ich und schmunzelte, weil ich Smudo ansah, dass er mit den Gedanken noch ganz woanders war.
„Hm? Oh... Klar", sagte er, aber der Wahrheit entsprach das offensichtlich nicht.
„Hey...", sagte ich, legte den Controller aus der Hand und drehte mich zu Smudo, „wir machen unser eigenes Tempo. Für mich ist das doch auch alles ziemlich neu mit 'nem Mann, aber ich... weiß' nicht, das ist doch auch irgendwie das Gute, oder? Dass es für uns beide neu ist und wir beide einfach das alles gemeinsam... ausprobieren können. Wir haben bestimmt genau die gleichen Gedanken und Fragen und Hemmungen und alles."
Smudo lehnte sich an mich und grummelte etwas unverständliches.
„Was hast du gesagt?", fragte ich, während ich ihn in meine Arme schloss.
„Ich hasse Miriam", wiederholte er seine Worte nun etwas deutlicher. „Tut mir leid, dass ich so... negativ denke."
„Ach Smu... Mach dir keinen Kopf deswegen. Ich will dich so, wie du bist. Mit allem drum und dran, voll und ganz. Nur dich."
„Mmmmh mach weiter, das ist schön", brummte er, als ich seinen Hinterkopf kraulte.
Er schloss die Augen und ein genießerischer Ausdruck legte sich auf sein Gesicht.
„Du bist süß, weißt du das?", flüsterte ich und kraulte ihn weiter.

Ich hoffe, ich kann ihm das irgendwie zeigen, dass ich nicht wie Miriam bin und es nie sein werde. Dass er irgendwann tief im Inneren weiß, dass er mir blind vertrauen kann – egal, worum es geht. Ich würde alles für ihn tun.

Smudo rutschte mit der Zeit immer weiter nach unten, bis sein Kopf schließlich auf meinem Schoß lag. Meine Streicheleinheit hatte ich in sein Gesicht verlagert und mein Herz klopfte heftig, als er so grundzufrieden und entspannt da lag. Trotz dem, dass wir uns schon so lange kannten, war es immer noch aufregend, neben ihm zu stehen, mit ihm in einem Raum zu sein und erst recht, zu merken, dass er wegen mir glücklich war.
„Wir haben morgen Bandprobe", nuschelte Smudo plötzlich. „Müssen wir da auch getrennt hin?"
„Wahrscheinlich wäre es besser, ja", überlegte ich.
Er zog die Augenbrauen zusammen.
„Sei nicht so, es ist nur für den Weg dorthin. Thomas und Andy wissen doch Bescheid, da passt das doch", redete ich ihm gut zu.
„Ja, schon... Du weißt schon, dass wir irgendwann im Sommer wieder Konzerte geben, oder? Gott, das wird der absolute Horror!"
Er hielt sich die Hände vors Gesicht und schüttelte den Kopf.
„Was haben wir nur angerichtet, Michi?"
Mir reichte es langsam mit der Schwarzmalerei. Es würde bestimmt nicht einfach werden, aber was zählte, war doch, dass wir einander hatten. Wir würden das alles schon irgendwie hinbekommen.
„Ich hab' mich nur in dich verliebt, mehr habe ich nicht angerichtet", antwortete ich schnippiger, als ich eigentlich wollte.
„Das meinte ich doch gar nicht", meinte Smudo.
„Ja warum sagst du es dann? Weißt du, wie lange das noch hin ist bis zum Sommer? Über ein halbes Jahr. Wer weiß, was da alles noch passiert, wir kriegen das schon hin!"
„Ist ja gut, jetzt komm' mal wieder runter, Michi..."
Auf seiner Stirn hatte sich Falten gebildet und ich realisierte, dass er es doch gar nicht böse gemeint hatte, was er gesagt hatte.
„Tut mir leid", sagte ich leise und strich vorsichtig die Zornesfalten auf seiner Stirn wieder glatt. „Ich will das im Moment einfach genießen mit dir... Und nicht immer daran denken, was schlecht ist und was uns Probleme macht", versuchte ich mich zu erklären.
„Ich weiß...", murmelte Smudo und streckte seinen Arm aus, um über meine Wange zu streichen. „Du bist so weit weg, komm mal mit runter zu mir", sagte er.
Ich sah ein Lächeln auf seinen Lippen und der ganze Stunk war mit einem Mal verpufft. Ich liebte dieses Lächeln. Smudos Augen funkelten dabei und es machte ihn wahnsinnig attraktiv. Smudo hob seinen Kopf an, sodass ich mich neben ihn legen konnte.
„Ich will dir das so gern glauben, dass wir das alles schaffen", murmelte er, als ich einen Arm um ihn legte und mich freute, dass er sich an mich kuschelte.
„Klaro."
Ich hauchte Smudo einen Kuss auf die Schläfe. Er tastete nach der Fernbedienung auf dem Couchtisch vor uns.
„Was machst du?", fragte ich.
„Von Konsole auf Fernseher wechseln. Irgendwas im Hintergrund laufen lassen. Greif mal nach oben, da liegt noch 'ne Decke", sagte er.
Tatsächlich fand ich am Kopfende eine Decke, die ich über uns ausbreitete, während Smudo irgendeinen Sender einschaltete. Dann kuschelte er sich an mich heran. Ich mochte es, dass er sich anscheinend bei mir und in meinen Armen wohl fühlte. Das war eins der größten Komplimente, die man jemand anderem machen konnte, wie ich fand – ihm zu zeigen, dass man sich bei ihm wohl fühlte.
„Smu?", fragte ich nach einer Weile.

Das Leben - Angenehm und irre kompliziertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt