Termine

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Ich wand mich vorsichtig aus Smudos Armen, als ich schon seit mehreren Stunden wach lag, er sich aber immer noch im Tiefschlaf befand. Ich fand es schon ziemlich süß, dass er mich im Schlaf festhielt und sich an mich kuschelte. Sowieso zeigte er mir, so oft es nur möglich war, dass ich ihm wichtig war. Das Gefühl, von Smudo geliebt zu werden, war ohne Frage das schönste, was ich je erlebt hatte.

Mein Magen knurrte, es war bereits um 11 und das Popcorn gestern Abend war nicht gerade nahrhaft gewesen. So entschied ich mich dazu, Smudos Küche nach etwas essbarem abzusuchen. Reis und Gemüse fielen mir ins Auge.
„Na dann... Gemüsepfanne mit Reis", sagte ich zu mir selbst, während ich möglichst leise nach einem Topf für den Reis und einer Pfanne für das Gemüse suchte.
Von vor ein paar Monaten wusste ich noch, wo sich scharfe Messer, ein Schneidebrett und Gewürze befanden. Smudo hatte ein Faible für gute Gewürze, vor allem für seine neuseeländischen Meersalzflocken. Fast schon ehrfürchtig würzte ich damit das geschnittene Gemüse, als es in der Pfanne vor sich her dünstete. Etwas Tomatenmark konnte ich auch noch auftreiben und so bekam das ganze auch etwas Soße. Es war nichts besonderes, was ich kochte, aber es sollte ja auch irgendwie schmecken und nicht zu trocken sein. Ab und zu bewegte ich das Gemüse mit dem Pfannenwender hin und her, dann gab ich den fertig gekochten Reis dazu und würzte noch einmal nach. Dabei pfiff ich fröhlich vor mich hin und trommelte mit den Fingern einen ausgedachten Beat auf die Arbeitsplatte.
„Mmmh, hier riecht es ja gut", hörte ich Smudo mit noch arg verschlafener und deshalb kratziger Stimme sagen.
Kurz darauf schlossen sich von hinten zwei Arme um meinen Bauch und ich spürte Smudos warmen Körper an meinem Rücken. Er legte sein Kinn auf meiner Schulter ab.
„Guten Morgen, Schlafmütze", sagte ich leise und drehte meinen Kopf so, dass ich ihm einen Kuss auf die Lippen drücken konnte.
„Ich könnte mich so daran gewöhnen, dass du mit hier bist", nuschelte Smudo und verteilte Küsse auf meinem Nacken.
Ich drehte mich zu ihm, schaute direkt in seine wunderschönen Augen und zog ihn an seiner Taille an mich.
„Ich mich auch", flüsterte ich.
Unsere Lippen trafen sich und ich vergaß die Welt um mich herum – bis das Zischen aus der Pfanne immer lauter wurde und ich sie hektisch von der Herdplatte nahm.
„Du bringst mich völlig aus dem Konzept", meinte ich zu Smudo und musste lachen.
Ich nahm zwei Teller aus dem Schrank neben mir und beförderte den zum Glück nur leicht angeschmorten Inhalt der Pfanne darauf. Smudo stellte währenddessen die Kaffeemaschine an und außerdem zwei Wassergläser auf den Tisch.
„Weißt du", sagte er dabei, „ich fühle mich, als wären wir wieder... 18 oder wie alt wir damals waren. Als hätten wir uns gerade erst kennengelernt. Nur, dass du kein Rotzarsch mehr bist und wir nicht mehr 18 sondern... 51 sind. Das ist doch verrückt, oder? Da bin ich mein ganzes Leben auf der Suche nach meiner Traumfrau, dabei war mein Traummann die ganze Seite an meiner Seite."
„Smu...", sagte ich, gerührt von seinen Worten.
„Na... ist doch so", meinte er nur mit einem schiefen Lächeln im Gesicht.
„Das ist wirklich verrückt."

Meine Gemüsepfanne war genießbar und ich freute mich, dass es Smudo schmeckte.
„Ich muss heute Nachmittag noch mal los, hab' einen Termin mit Alex", teilte mir Smudo beim Essen mit. „Der Blonde mit dem langen Bart, den hast du auch schon mal gesehen", fügte er hinzu, nachdem mein Gesichtsausdruck verraten haben musste, dass ich keine Ahnung hatte, wer Alex war.
„Ach der. Ja, ich weiß, wen du meinst."
Wir hatten mit ihm mit den Fantas letztes Jahr schon zusammengearbeitet, aber ich hatte persönlich nie wirklich viel mit ihm zu tun gehabt.
„Ich bin morgen den ganzen Tag unterwegs, Nash hat irgendwas organisiert und ich habe schon wieder vergessen, worum es geht", fiel mir dann ein. „Ich glaube, ich muss nach Erfurt oder so..."
Nach und nach stellten wir fest, dass die Woche bis zu unserem Urlaub für uns beide von vorn bis hinten durchgetaktet war. Bürokram wollte erledigt werden und einige Termine hatten sich dazugesellt.
„Puh... Sehen wir uns da gar nicht?", fragte Smudo niedergeschlagen.
„Wird eng. Also... nachts dann höchstens."
„Wenn du mich dann so lange wach hältst wie heute Nacht, wird das eine harte Woche", sagte Smudo und grinste mich dreckig an.
„Als hättest du das nicht gewollt", entgegnete ich und erwiderte sein Grinsen.
„Das hab' ich nicht gesagt..."

Tatsächlich hatten wir in dieser Woche wenig Zeit für uns. Ich klebte jeden Tag Post-its an den Kühlschrank, auf denen stand, wie viele Tage es noch bis zu unserem Urlaub waren und freute mich über Smudos Lächeln, wenn er die Zettel las. Jeden Tag checkte ich mein Handy, ob es doch neue Schlagzeilen über uns gab, ob uns jemand auf die Schliche gekommen war, weil wir nicht vorsichtig genug waren. Doch zum Glück fand ich nichts.
Eine Nacht verbrachten wir in meinem Hotelzimmer, da es für uns beide besser in der Stadt gelegen war. Das gute war außerdem, dass wir uns dort nicht selbst darum kümmern mussten, die Laken zu wechseln.
Smudo flog an einem Tag nach Stuttgart und ich lieh mir sein Auto. Mein eigener Wagen stand bei Uli, mit der ich an einem anderen Tag kurz telefonieren musste. Ich bedankte mich nochmal bei ihr, dass sie hinter mir stand. Das war wirklich alles andere als selbstverständlich. Der eigentliche Grund für meinen Anruf war allerdings, dass ich mit ihr etwas klären musste, was unser gemeinsames Konto anging. Damit wir regeln konnten, wie wir damit verfahren wollten, war eine Unterschrift von Uli nötig. Nach kurzem Hin und Her beschlossen wir, dass ich einfach kurz zu ihr in unsere Wohnung fahren würde, um mir die Unterschrift abzuholen.

Das Leben - Angenehm und irre kompliziertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt