Die Ruhe vor dem Sturm

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Wir probten für unser neues Programm, allerdings erstmal ohne die Band. Die Setlist stand schon im Groben fest, aber es würde sich im Laufe der Proben sicherlich noch einiges daran ändern. Ich merkte, wie Thomas' Blick von Zeit zu Zeit auf mir ruhte, doch als ich diesen Blick einmal fragend erwiderte, schüttelte er nur den Kopf und lächelte mich an. Mein eigener Blick blieb unterdessen sehr oft an Smudo hängen.

Dessen Schultern hingen genauso wie seine Mundwinkel schlaff nach unten, wenn er gerade nichts zu tun hatte. Er gab sich Mühe, aber es war nicht zu übersehen, dass er mit dem Kopf komplett woanders war. Er verrappte sich außerdem überdurchschnittlich oft.

Andy war es, der die Probe schließlich abbrach.
„Jungs, ihr seid alle nicht richtig bei der Sache. Das bringt heute nix mehr. Wir haben noch Zeit, wir sollten einfach Feierabend machen für heute", stellte er sachlich fest.
Erschöpft stimmten wir ihm der Reihe nach zu.

Ich war erleichtert, dass ich heute eher nach Hause kommen würde. Es lief für unsere Verhältnisse erstaunlich gut zwischen Uli und mir. Wir stritten uns zwar immer noch sehr oft, aber wir gaben uns auch beide Mühe miteinander. Doch heute morgen war sie beinahe schon abweisend zu mir gewesen und ich kam beim besten Willen nicht darauf, woran das liegen könnte.
Nachdem ich mich von den anderen verabschiedet hatte, fuhr ich zum nächsten Blumenladen, um einen kleinen Strauß Rosen zu kaufen. Ich hoffte, dass die Blumen Uli gefallen und ihre Laune heben würden.

Sie machte heute Homeoffice und kam zur Tür, nachdem sie mich wahrscheinlich hatte reinkommen hören.
„Hey Schatz, wir haben heute etwas eher Schluss gemacht", begrüßte ich sie und gab ihr einen Kuss.
„Das ist ja mal was ganz neues. Muss ich mir Sorgen... oh warum hast du Blumen mitgebracht?", fragte sie überrascht, als ich den Strauß klischeehaft hinter meinem Rücken hervorzog.
„Du warst heute früh so... anders. Wollte dir nur eine kleine Freude machen", meinte ich, legte den Strauß auf die Kommode und zog sie an ihrer Taille zu mir.
„Wow... ich... danke! Wie lieb von dir", sagte sie und legte automatisch ihre Hände an meinen Nacken.
Sie lächelte, also hatten sich die Blumen gelohnt. Unsere Lippen trafen sich kurz darauf zu einem liebevollen Kuss.
„Kein blöder Kommentar heute?", murmelte sie zwischendurch und ich spürte ihr Grinsen auf meinen Lippen.
„Ich brauch heute keine blöden Kommentare... Hatte heute schon genug Stress mit Smudo", murmelte ich zurück und zog in Gedanken an den Streit mit Smudo meine Augenbrauen zusammen.
„Erzähl ich dir gleich, lass mich erstmal einen Kaffee machen", beantwortete ich die unausgesprochene Frage, die ich in ihrem Gesicht ablesen konnte.
Außerdem sah ich da noch so etwas wie Panik in ihrem Blick, doch das ignorierte ich einfach. Wahrscheinlich hatte ich es mir eh nur eingebildet.

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