Erstmal ein Schnaps

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Ein Blick zu Smudo genügte, um zu wissen, dass es das einzig richtige war, was ich nun sagen würde. Ich räusperte mich.
„Bär, das ist kein Schwachsinn. Ich bin gerade bei Smudo. Er hört auch mit. Deine Mailbox hat dir schon das richtige gesagt. Wir sind ein Paar."
Smudo schaute mich dankbar an, Bär hingegen lachte.
„Ja klar... Und seit wann bitte?"
„Seit... gestern. Thomas und Andy wissen schon Bescheid."
Es war kurz still in der Leitung.
„Das ist ein Scherz", sagte Bär skeptisch.
„Nein", entgegnete ich.
„Michi, ich glaub' das nicht!"
„Mein Gott, willst du ein Kussfoto als Beweis oder was soll das?", rief Smudo neben mir mit einem Mal sehr aufgebracht in den Hörer.
Überrascht sah ich ihn an und bedeutete ihm mit den Händen, ruhig zu bleiben. Er schüttelte entschuldigend den Kopf.
„Ihr... ihr meint das ernst?", stotterte Bär nun. „Ihr beide? Zusammen? Ein Paar?", rief er ungläubig in den Hörer.
„Ja", sagten wir wie aus einem Munde.
Es rumpelte im Hintergrund von Bär.
„Gabi? Haben wir irgendwo noch Schnaps? Ich bräuchte jetzt einen", hörten wir ihn zu seiner Frau sagen.
Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Smudo hatte seine Hand an meinen Hinterkopf gelegt und kraulte mich sanft. Lächelnd ließ ich meinen Kopf leicht nach hinten sinken und Smudo beugte sich etwas zu mir, um mich kurz zu küssen. Ich liebte das Gefühl seiner Lippen auf meinen und wie sein Bart dabei leicht meine Haut kitzelte.
„Boar, Männer... Wenn ich einen Herzinfarkt bekomme, seid ihr schuld... Danke, Gabi."
Wir hörten, wie ein gläserner Gegenstand auf Holz knallte. Bär musste ein Schnapsglas geleert haben.
„Und wie habt ihr euch das jetzt vorgestellt?"
Smudo übernahm das Reden und ich beherrschte mich, ihn nicht zu unterbrechen:
„Wir halten es erstmal geheim. Bis jetzt wissen es nur du, Thomas, Andy und Uli. Von denen erfährt keiner was. Wir kommen natürlich morgen zu der Pressekonferenz und stellen das klar, dass ich mich von Miriam und Michi sich von Uli getrennt hat."
Bär stimmt ihm zu.
„Alles, was Miriam weiß, ist, dass Michi früh bei mir war und dass er Klamotten von mir anhatte. Und das ist jetzt eigentlich nichts weltbewegendes, was weiß ich, wie oft das schon vorgekommen ist. Wir sagen, dass wir den Abend zusammen verbracht haben, weil wir nun beide frisch getrennt waren und mal auf andere Gedanken kommen wollten. Dann hat Michi bei mir auf der Couch gepennt, weil es spät geworden ist und du kennst ja unsere Mode-Diva – die Sachen vom Vortag kann er ja nicht mehr anziehen. Deshalb habe ich ihm frische Klamotten gegeben."
So, wie es Smudo erzählte, hätte es tatsächlich stattgefunden haben können. Ich schaltete mich nun doch ein:
„Genau. Und dann geht's weiter, dass ich früh wach geworden bin, weil Miriam Smudo eine Szene gemacht hat. Ich wollte, dass sie sich wieder verzieht und habe ihr meine Meinung gesagt. Sie hat einfach nur komische Schlüsse gezogen wegen der Schlagzeilen, die schonmal in der Zeitung standen."

Die waren ja tatsächlich wahr... Wer hätte das gedacht? Vielleicht hat Uli ein sehr schlaues Unterbewusstsein.

„Genau und ich habe ihr sogar noch gesagt, dass wir nur beste Freunde sind und garantiert... nicht schwul. Sie will doch nur Aufmerksamkeit, das ist alles. Sie kommt nicht damit klar, dass ich sie verlassen habe. Und das kriegen wir schon hin, dass die Presse uns das glaubt", meinte Smudo mit neuer Selbstsicherheit in der Stimme.
Bär seufzte in den Hörer.
„Okay, das klingt gut. Bekommt ihr das hin, so zu tun, als wäre nichts zwischen euch?", hakte er nach.
„Wir sind Profis, Bär", meinte ich nur und Smudo nickte mir zu.
„Gut. Ich verlasse mich auf euch... Euch ist schon klar, dass ihr ab sofort unter erhöhter Beobachtung steht, was die Presse angeht, ja? Also kein Anschmachten, kein... Händchen halten und erst recht kein Kuss in der Öffentlichkeit", mahnte Bär.
„Das wissen wir", sagte ich ruhig und lächelte, als Smudo mir in diesem Moment einen Kuss auf die Schläfe gab.
„Puh... Dann bis morgen. Ich schicke euch noch 'ne Mail, wann ihr wo sein müsst."
„Alles klar. Bis morgen."
„Ach... Michi, Smudo? Alles Gute euch beiden. Ich bin... überrascht, aber ich stehe hinter euch, wie immer."
„Danke", sagten wir unisono, dann legte Bär auf.

„Bist du gerade auch so fertig?", fragte ich Smudo.
Ich fühlte mich wie erschlagen. Das Gespräch mit Bär war anstrengend für meinen Kopf gewesen. Aber wir hatten es hinter uns gebracht und das wiederum fühlte sich gut an.
„Ziemlich. Ich mach' die Konsole wieder aus, ja?"
„Ja."
Es war mittlerweile sogar schon relativ spät geworden. Der Mail von Bär, die in diesem Moment ankam, entnahm ich, dass wir morgen um 10 Uhr da sein sollten, um 11 würde dann die eigentliche Pressekonferenz beginnen, aber er wollte gern vorher noch in Ruhe mit uns sprechen. Ich teilte Smudo diese Informationen mit und er stellte fest, dass das ziemlich zeitig war.
Die unausgesprochene Frage stand im Raum, ob ich mich jetzt wieder auf den Weg ins Hotel machen würde oder die Nacht mit Smudo verbringen würde.

Das Leben - Angenehm und irre kompliziertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt