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Schniefend lege ich meine zitternde Hand auf die kalte Hand meines Vaters und blicke auf sein erschöpftes Gesicht

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Schniefend lege ich meine zitternde Hand auf die kalte Hand meines Vaters und blicke auf sein erschöpftes Gesicht. Seine Augen sind seit gestern geschlossen und er hat sie bis jetzt kein einziges Mal geöffnet.

Denn gestern, als meine Mutter mir die Wahrheit über meinen Vater erzählt hat, ist er zu Hause umgekippt und wir haben einen panischen Anruf von meiner Schwester erhalten.

Wir sind direkt ins Krankenhaus gefahren und seit gestern kann ich keine Sekunde aus seiner Seite weichen und bin sogar über Nacht hier geblieben.

Meine Mutter hat mich gezwungen mit nach Hause zu fahren, damit ich mich auch etwas ausruhen kann, aber ich wollte nicht. Zu sehr hatte ich Angst ihn zu verlieren, bevor ich noch mit ihm reden konnte.

Aber noch immer ist er nicht bei Bewusstsein und das macht mir so unfassbare Angst. Was ist, wenn er einfach so von uns geht? Ich muss ihm doch noch sagen, dass ich ihm verziehen habe, dass ich nicht mehr sauer auf ihn bin.

Auch wenn ich seine feige Entscheidung von damals nicht nachvollziehen kann, ist es mir sowas von egal. Ich habe keine Zeit mehr sauer auf ihn zu sein, denn uns bleibt nur noch wenig gemeinsame Zeit und die will ich anders mit ihm ausnutzen.

»Bitte öffne endlich deine Augen, Baba

Es ist so komisch dieses Wort nach so vielen Jahren wieder auszusprechen. Baba. All die Jahre war dieses Wort so bedeutungslos für mich. Ich wollte und konnte nie etwas schönes damit verbinden.

Aber jetzt merke ich, wie sehr ich es eigentlich vermisst habe nach meinem Vater zu rufen. Zwölf Jahre war ich ohne diesen Mann, der mein erster Held war und konnte nur Hass gegenüber ihm empfinden.

Es war ziemlich feige von ihm einfach abzuhauen, nur weil er nicht wollte, dass wir unter seiner Krankheit leiden. Dabei weiß er nicht Mal wie schmerzvoll und unerträglich diese zwölf Jahre ohne ihn waren.

Es war grauenvoll.

Und ich verstehe einfach nicht wieso er gegangen ist? Dafür ist doch eine Familie da. Nicht nur an seinen guten, sondern auch an seinen schlechten Zeiten wollten wir an seinem Leben teilhaben.

Wer weiß, wie schrecklich es für ihn sein musste, ganz alleine gegen seine Krankheit anzukämpfen. Wir hätten für ihn da sein sollen. Wir hätten gemeinsam gegen den Tumor ankämpfen sollen.

Und ich bin so unfassbar sauer auf meine Familie väterlicherseits. Wie konnten sie einfach dieses blöde Spiel von meinem Vater mitspielen? Wieso haben sie auf ihn gehört und uns nichts gesagt? Wieso haben sie so getan, als wäre mein Vater wirklich zu einer anderen Frau abgehauen und haben uns völlig ignoriert?

Wieso?

Ich hätte so gerne die ganzen Antworten auf meine Fragen, aber eins weiß ich und zwar, dass ich meinen Vater damit nicht konfrontieren sollte. Ich will nicht, dass er sich selber für seine dumme, feige Entscheidung hasst. Ich will nicht, dass er neben diesen schrecklich Schmerzen noch mehr leiden muss.

Only a fool - IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt