James Potter x Sam Dawson Part 6

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"Es ist mein Vater

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"Es ist mein Vater.", wisperte der nun fünfzehnjährige Sam ohne dabei seinen Blick zu heben. Er sass auf der Treppe, welche den oberen mit dem unteren Stockwerk des Potter Anwesens verband, seine Beine nahe an seinen Körper gezogen und seine Stimme brüchig. Fast ein Jahr war vergangen, seit er James und die restlichen Rumtreiber im Hogwartsexpress getroffen hatte. Fast ein Jahr, in welchem er nichts von seinem Geheimnis erzählt hatte, obwohl ganz ähnliche Verletzungen nach den Weihnachtsferien auf seinem Körper aufgetaucht waren.
James hatte wie versprochen nicht nachgefragt, auch wenn er sie bemerkt hatte.

Sam wollte die Wahrheit nicht erzählen. Aber es war die letzte Sommerferienwoche und die Potters hatten ihn während dieser freundlicherweise zu sich nachhause eingeladen. Bereits in der ersten Nacht davon war Sam hektisch atmend und mit weit aufgerissenen Augen aus dem Schlaf geschreckt. James hatte zehn Minuten gebraucht, um ihn durch seine Panikattacke hindurchzuhelfen und weitere zwanzig, um ihn tatsächlich zu beruhigen.
Das ganze Haus hatte Sam damit geweckt. Der Grund, weswegen er nun glaubte, ihnen allen eine Erklärung schuldig zu sein. Wahrscheinlich wussten sie es sowieso bereits alle. Die Wahrheit war nicht schwer zu erahnen. Letztendlich trug er noch immer die frisch von seinem Vater zugefügten Verletzungen auf der Haut.
Euphemia Potter hätte fast einen Herzinfarkt gekriegt, als der Junge, den sie noch vor wenigen Wochen auf dem Bahnsteig kennengelernt hatte und zu Besuch erwartet hatte, mit einem blauen Auge vor ihrer Haustür aufgetaucht war.

"Er ähm... er vermisst meine Mutter, schätze ich." Noch immer konnte er sich nicht dazu überwinden aufzublicken. Würde er es tun, würde er James Potter am Ende der Treppe lehnen sehen. Und Fleamont, Euphemia und Sirius einige Meter hinter ihm. Würde er in ihre traurigen Gesichter blicken, würde er zu flennen beginnen, das wusste er. Er hätte es bereits beinahe getan, als Euphemia ihn an diesem Morgen voller Sorge in ihr Haus gezogen hatte, fragend, ob er auf dem Weg einen Unfall gehabt hatte. Sie hatte versucht, seine Wunden zu versorgen, aber Sam hatte es nicht zugelassen. Sich nicht mehr an mütterliche Berührungen und Worte gewöhnt, hätte es ihn sehr wahrscheinlich komplett überfordert. "Menschen sagen...", begann er, doch stockte für einen kurzen Moment. Tief einatmend versuchte er sich zusammenzureissen. "Sie sagen, ich sähe aus wie sie und... und er ist wütend, weil sie uns einfach so verlassen hat und... naja... er hat es zuerst nicht getan... Er hat nur eine ganze Menge getrunken. Aber dann ist mein Bruder nach Hogwarts gegangen und ich schätze, das Ganze hat in ihm irgendwelche Erinnerungen an die Tatsache hervorgerufen, dass sie gegangen ist und so wurde er... so drehte er durch und... und..." Sam wurde leise. Er konnte die Tränen in seinen Augen spüren und hasste sich dafür. Er strich sich mit dem Handrücken übers Gesicht. "Jedenfalls verstehe ich, wenn ich zurück gehen soll, ich hätte gar nicht erst kommen sollen, ich weiss doch, dass ich Schlafstörungen habe, ich weiss nicht, was ich mir dabei gedacht habe, ich..."

"Du warst neun.", unterbrach James ihn leise. Nicht wissend, was er damit meinte, hob Sam seinen Kopf. James blickte ihn mit so viel Mitgefühl an, dass Sam kaum atmen konnte. "Du warst erst neun, als Richard nach Hogwarts ging, Sammy. Das war vor über sechs Jahren."

"Es ist nicht immer so schlimm.", murmelte er, aus irgendeinem Grund glaubend, die Situation herunterspielen zu müssen. Er hasste es, bemitleidet zu werden. "Es ist in Ordnung. Ausserdem ist Ricky jetzt siebzehn, er darf zuhause zaubern, er darf mich heilen. Ich..." Die unterschiedlichen Gesichter vor sich musternd, schluckte er. Sie alle unterschieden sich voneinander, obwohl sie alle die selben Emotionen auf sich trugen. Abscheu, Schock und Trauer. Euphemia sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. Und alles in Sam schrie danach, die nette Frau vor sich zu beruhigen oder zu trösten. Aber er konnte es nicht, er konnte es ja noch nicht einmal bei sich selbst. Schuldgefühle krochen in ihm hoch und ihm wurde übel. Was tat er hier bloss? Er wollte nicht hier sein. Er hätte nicht hierher kommen sollen. Wieso war er nicht zuhause geblieben?
Sein Puls dröhnte lautstark in seinen Ohren, als er sich auf seine Füsse zwang.

"Ich... ich sollte gehen, es tut mir Leid, ich...", begann er zu stammeln, sich hektisch über seine nun schweissbenetzte Stirn streichend. James bekam ihn gerade noch zu Fassen, ehe er mitten in der Nacht aus der Tür stürzen konnte.

"Scheisse, Dawson, was wolltest du gerade eben tun, huh? Nachhause laufen?!", entkam es James laut. Etwas zu laut, denn dem Jüngeren entkam daraufhin ein leises Wimmern.
Sam wusste selbst nicht, was genau sein Plan war, er wusste bloss, dass er der Situation entkommen musste, dass er die Blicke auf sich nicht mehr länger aushielt.
Seine Augen schwirrten schnell von einem Gesicht zum nächsten, nicht fähig, eines davon länger als einige Sekunden auszuhalten.

James benötigte nicht lange, um seine Körpersprache zu verstehen.

"Komm schon, Sammy.", sprach er leise, dabei einen Arm um ihn werfend. "Wir gehen etwas Luft schnappen."

Ohne überhaupt erst eine Antwort von dem Jungen abzuwarten, führte er ihn durchs Wohnzimmer und schliesslich auf die Terrasse.

"Ich sollte nachhause gehen, James."

"Scheisse, Sammy, das ist der letzte Ort, an welchen du jemals gehen sollst."
Sie kamen bei den Liegestühlen zum Halt, James warf sich auf seinen, Sam setzte sich zögerlich auf derjenigen daneben. Die Unsicherheit in Sams gebückter Sitzhaltung erkennend, seufzte James auf.
"Ich meine, was ich sage, Sammy. Es ist der letzte Ort, an den du jemals gehen sollst. Dein Vater hat nicht davor gezögert, einen Neunjährigen zu verprügeln. Niemand sollte dazu gezwungen sein, seine Nähe zu ertragen."

Die Beiden schwiegen. Sam hatte sich langsam dazu gebracht, sich auf dem Stuhl zurück zu lehnen, sein Blick auf den klaren Sternenhimmel oberhalb von ihm gerichtet. Und sein Puls hatte sich wieder etwas beruhigt.

"Ich habe mir schon gedacht, es wäre dein Vater.", sprach James nach einer Weile leise in die Stille. "Es war dennoch nicht leicht, es tatsächlich von dir bestätigt zu bekommen."

"Ich hätte es dir nicht sagen sollen."

"Sag das nicht!", entfuhr es James abrupt, "Natürlich hättest du das! Ich bin verdammt froh, dass du es getan hast!"

Sam schüttelte seinen Kopf.

"Weisst du was, James?", begann er, "Wenn niemand es weiss oder niemand darauf reagiert, scheint es nicht mehr zu sein als ein Albtraum. Es scheint geradezu unwichtig zu sein."

"Aber das ist es nicht, es ist nicht unwichtig..."

"Es macht das Ertragen davon für mich so viel einfacher.", fuhr Sam fort, gar nicht erst auf James' Widerspruch eingehend, auch wenn er dessen Worte schätzte. Er schluckte. "Wenn Menschen es allerdings wissen und... und Mitleid verspüren oder schockiert sind, wird das Ganze real. Und man begreift, dass das Ganze falsch ist und... nicht normal. Man beginnt sich unweigerlich selbst zu bemitleiden. Man beginnt zu heulen und zu brechen, man wird wütend und traurig. Man wird paranoid und kann es nicht vergessen, weil man hinter jedem Blick Mitleid erkennt. Und das ist so... anstrengend. Manchmal glaube ich, ich würde das Ganze lieber für die Ewigkeit ertrage, als dass mein Vater hinter Gittern verschwindet und die ganze Welt etwas davon erfährt. So abgefuckt es auch klingen mag."

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