Marlene hatte zugesehen, wie ihre Eltern ermordet wurden. Schnell und mit einem einzigen Zauberspruch und das aus dem einfachen Grund, dass sie dem Orden des Phönixes treu gewesen waren. Und sie wusste, als sie vor den beiden Leichen ihrer Eltern stand, vor ihr Vier Todesser, darunter Bellatrix Lestrange, Rodolphus Lestrange und sein Bruder Rabastan, dass sie die Nächste sein würde. Nichts konnte sie noch retten. Ihre Zeit würde noch heute Abend ablaufen.
Sie wünschte sich nicht, dass es anderes wäre, in diesem Moment wünschte sie sich bloss, dass sie ihre Ehre bis zum Ende behalten würde. Letztendlich war sie eine Gryffindor. Eine mutige, stolze Gryffindor bis zum Ende.
"Tut es besser schnell, der Orden ist bereits auf dem Weg!", zischte sie und biss sich dabei auf die Innenseite ihrer Wange, um die Tränen über den Tod ihrer Eltern zurückzuhalten. "Worauf wartet ihr noch? Die Zeit rennt euch davon und ich tue es nicht, wieso bringt ihr es also nicht hinter euch?"
Die Wahrheit war, dass Marlene nicht wusste, ob der Orden bereits auf dem Weg war, doch sie hoffte auf einen schnellen Tod wie ihre Eltern. Der Tod hatte ihr noch nie Angst bereitet, jetzt, da ihre Eltern tot vor ihr lagen schon gar nicht, doch Folter tat es. Sie hatte davon gehört, wie Bellatrix Lestrange bevorzugte zu töten, qualvoll und langsam. Und alles, was Sirius über seine gestörte Cousine über die Jahre hinweg erzählt hatte, bestätigte bloss die grausamen, ungeheuerlichen Geschichten, die über sie im Umlauf waren. Die beiden Lestrange Brüder würden es Bellatrix wahrscheinlich gleichtun.
"Marlene McKinnon...", gackerte Bellatrix und umrundete das blonde Mädchen, wie es bloss ein Raubtier bei seiner Beute tat. Marlene blieb stehen. Sie war nicht eingeschüchtert, nicht mehr. Die wenigen letzten Jahre hatten sie abgehärtet, sie hatte sich, seit sie die Sicherheit von Hogwarts verlassen hatte, damit abgefunden, dass sie nicht alt werden würde. Zumindest hatte sie Recht behalten. "... Sieh dir das an, sie scheint den Tod kaum abwarten zu können.", spottete Bellatrix höhnisch mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht, bevor sie einen Schritt näher an Marlene herantrat und ihr durch die blonden Locken fuhr, "Nur Geduld, Vögelchen, wir warten noch auf jemanden." Und als Marlene nichts darauf erwiederte, sprach Bellatrix weiter. "Er ist ein alter Freund von dir."
Fast augenblicklich riss Marlene ihre Augen auf. Sie wusste, was das bedeutete, sie verstand. James. Es konnte bloss James sein. Er war also noch immer am Leben... für ganze vier Wochen war James Potter wie vom Erdboden verschluckt gewesen, er und Peter waren während eines Auftrags verschwunden und während viele des Ordens geglaubt hatten, sie wären bereits tot, hatte Raine, so herzgebrochen sie auch war, gewusst, dass er noch lebte. Sie würde es spüren, hatte sie gesagt. Sein Überleben hatte allerdings nicht die gewünschte, beruhigende Wirkung auf den Orden erzielt, ganz im Gegenteil. Zu jeder Sekunde fragten sie sich, was James in diesem Moment wohl gerade durchleben musste. Wurde er gefoltert? War er noch bei Verstand? War er verletzt? Am schlimmsten hatte James Verschwinden Sirius und Raine getroffen. Sie waren nicht mehr die selben, sie verbrachten die meiste Zeit im Zimmer eingeschlossen und darüber Pläne schmiedend, wie sie James befreien konnten. In jeder Nacht hörte man Raine in ihrem Zimmer weinen und zu jeder Tagesstunde war sie abwesend und nur für wenige Auserwählte ansprechbar. Sie hatte zu diesen Auserwählten.
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One-Shots
FanfictionOne-Shots zu absolut allem, was mir oder euch gefällt, hautpsächlich zu James Potter.