Nach einer Weile des Hin und Hers, nach einer Weile der Diskussion, bei welcher letztendlich Sams Argument, dass er schlichtweg nicht wollte, dass James ihn so sah, gewann, verfielen die Beiden in ihre altbekannte Ratlosigkeit und Überforderung.
"Scheisse, Potter...", seufzte Sam schliesslich auf, emotional erschöpft durch die letzten Monate. Seine Gefühlswelt war in letzter Zeit eine Achterbahn gewesen. All das Auf und Ab und Links und Rechts hatte ihn ausgelaugt.
"Weshalb stellen wir uns eigentlich so kompliziert an? Solche Probleme hatten wir noch nie. Weshalb sprechen wir nicht miteinander? Wie normale Menschen? Wie wir vorher immer getan haben?"James entwich ein kurzes Lachen. Auch er war es leid.
"Du hast Recht, Sammy."
Noch immer müde lächelnd strich James sich seine Haare aus dem Gesicht und liess sich stöhnend zurück auf seinen Rücken fallen. "Scheisse, niemand hat mich davor gewarnt, dass ich durch romantische Gefühle meinen Verstand verlieren werde."Auch Sam liess sich neben ihn zurück fallen.
"Ich habe gedacht, das hier würde so gut passen, weil wir uns verstehen.", wisperte er, "Niemand hat mich davor gewarnt, dass wir das aufgrund romantischer Gefühle verlernen."
James nickte. Er konnte sich noch immer nicht erklären, weshalb er Sam so falsch eingeschätzt hatte, wie sein verliebter Verstand tatsächlich geglaubt hätte, Sam würde mit ihm ein Spiel spielen.
Wie hatte er sich nur so irren können?"Also gut." James fuhr auf. "Wir sprechen jetzt. Über alles. Nacht der nackten Wahrheit."
"Nacht der nackten Wahrheit? Klingt wie einer dieser Schinken, die deine Mutter liest. Oder der Name eines billigproduzierten Pornos."
James verdrehte seine Augen.
Mithilfe einer schnellen Bewegung lehnte er sich über Sams Körper.
Scheisse, sie könnten auch etwas vollkommen anderes anstellen, so realisierte James.
Was würde Sam wohl tun, würde er etwas starten.
Beinahe automatisch streckte er seine Hand nach ihm aus und legte sich Sekunden später an dessen Wange.
Überrascht breitete sich in Sams Gesicht aus. James konnte sehen, wie er in die Richtung seiner Hand schielte. Seine Lippen öffneten sich, perfekt, um darauf einen Kuss zu platzieren, doch James hielt sich zurück."Wir besprechen alles, was uns auf dem Herzen liegt.", raunte er, "Jede Frage ist erlaubt und muss ehrlich beantwortet werden."
"Und was kommt nach "Wahrheit oder Tat"?", spöttelte Sam. "Fuck, Marry, Kill? Karaoke? Eine Kissenschlacht?"
Kopfschüttelnd blickte James auf den Jüngeren herunter.
"Ich werde nicht so tun, als würde mir dein Humor nicht gefallen. Aber weisst du was, Sammy?" Sein Daumen fuhr zu dessen Lippen. Und raubte Sam damit den Atem. "Ich weiss auch, dass Humor ein Selbstschutz ist. Dein bevorzuger Selbstschutz. Also nein, ich lasse mich durch deine Neckereien nicht von dieser Idee abbringen. Also? Bist du dabei?"
Und obwohl ein Teil von Sam sich vor den möglichen Fragen fürchtete, erklärte er sich damit einverstanden.
Zufrieden begann James zu grinsen und legte sich zurück neben ihn.*
"Also gut. Ich beginne."
"Lass dich nicht aufhalten, Sammy."
"Vor zwei Jahren. Im Express.", flüsterte er, an die Decke starrend, "Ich habe mich immer gefragt, weshalb du dich dazu entschieden hast, dich mit mir anzufreunden."
"Einfache Frage.", wisperte James. "Du warst damals so nett."
"Nett?"
"Ich meine.., ich mochte dich von Anfang an. Du warst freundlich, obwohl dein Bruder es nicht war. Und dann sah ich deine Verletzungen und... Sammy, ich hab so etwas noch nie gesehen. Du warst so nett, während du nicht atmen konntest. Ich habe mir gedacht, du musst der stärkste Mensch sein, den ich jemals kennengelernt habe."
James ignorierte, wie Sam bei seinen Worten sein Gesicht verzog. Er wusste ganz genau, dass er anders von sich dachte. Aber irgendwann würde er seine Stärke auch selbst erkennen. James würde persönlich dafür sorgen.
"Nun bist du an der Reihe.", murmelte James, "Weshalb hast du mich nicht einfach zum Teufel gejagt?"
Sam lächelte warm. Seine blauen Augen legten sich auf James'.
"Du warst verdammt hartnäckig, Potter. Das wäre unmöglich gewesen... Aber hauptsächlich liegt es wohl daran, dass du damals im Zug meine Hand gehalten hast. Ich hab es gespürt und... das hat bisher noch nie jemand getan."
"Ich wusste nicht, was ich sonst tun soll."
"Du hast versucht mir beizustehen. Ohne mich überhaupt wirklich zu kennen."
James griff nach Sams Hand.
Und damit war das Eis gebrochen. Sam entspannte sich.
Fragen über Fragen wurden gestellt, einfache Fragen, wie nach James' liebster Kindheitserinnerungen, schwere Fragen, wie nach Sams schmerzhaftester Erfahrung, bei welchem er hatte zugeben müssen, dass es sich dabei um die Zeit nach seinem Geständnis handelte. Als er geglaubt hatte, seine und James' Freundschaft war für immer vorbei.Sie erfuhren von ihren jeweiligen Kindheitsfreunden, ihren ersten Erfahrungen, ihren Wünschen, Ängsten, Fantasien. Und mit jeder beantworteten Fragen kamen sie sich näher und näher.
Zur Zeit, als James Sam die letzte Frage stellte, waren sie sich bereits so nah, dass sie einander atmen spürten. Sams Gesicht lag in James' Nacken. James' Hände in dessen dunkelblondem Haarschopf. Und am Saum von Sams Shirt."Wann und wie hast du herausgefunden, dass du mehr für mich empfinden könntest als nur Freundschaft?", raunte James.
Zu seiner eigenen Überrasschung hörte er ein leises Lachen in seinem Ohr.
"Weisst du was, Potter? Das ist womöglich eine Erinnerung, welche ich dir tatsächlich zeigen sollte."
Zu James' Missfallen drückte Sam sich von ihm weg und setzte sich auf. Er griff nach James' Zauberstab.
"Wieso?", entkam es James. Er war sich selbst nicht sicher, ob er dabei über Sams Vorhaben sprach oder dessen körperliche Entfernung. In beidem schien er keinen Sinn zu sehen.
"Weil du darin bist. Und ich glaube, dass du dich nicht mehr daran erinnerst.", schmunzelte Sam. Zumindest gesellte er sich Sekunden später wieder zu James. Er zog ihn hoch. und drückzte ihm den Zauberstab in die Hände. "Glaub mir, diese Erinnerung willst du sehen."
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One-Shots
FanficOne-Shots zu absolut allem, was mir oder euch gefällt, hautpsächlich zu James Potter.