James Potter x Sam Dawson Part 8

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"Du musst nicht gehen

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"Du musst nicht gehen. Ich hoffe, dass du das weisst."

Sam nickte. Sein Blick auf dem braunen Parkettboden, seine Hände in seinen Hosentaschen. Er nickte, obwohl er anderer Meinung war. Er musste gehen. Oder besser gesagt: Er konnte nicht bleiben.
James umarmte ihn nicht. Nicht so, wie Fleamont und Sirius es vor ihm getan hatten. Ein knappes Lächeln war, womit der Gryffindor sich von ihm verabschiedete. Knapp. Alles zwischen ihnen war in den letzten Tagen unglaublich knapp gewesen. Die Blicke, die Unterhaltungen. Sam war sich sicher, dass keiner der bisherigen Schläge seines Vaters ihn auch nur annähernd so stark verletzt hatte wie James' Verhalten der letzten Tage. Die gebrochenen Rippen waren nichts dagegen gewesen. Sie hatten ihm vielleicht genauso sehr die Luft zum Atmen genommen, aber damals war er zumindest nicht alleine gewesen. Sein Bruder war bei ihm gewesen. Und James, Sirius, Peter und Remus. Sie alle waren bei ihm gewesen. In diesem Augenblick fühlte Sam sich so alleine, dass er sich manchmal sicher war, dass es sich dabei um einen Albtraum handeln musste. Aber wie könnte es ein Albtraum sein? In den letzten Tagen hatte er keine Sekunde Schlaf abbekommen. Zu sehr von seinen Gedanken geplagt hatte er noch nicht einmal seine Augen schliessen können. Wie hätte er da erst träumen können?
Er fragte sich, ob sich der Dunkelhaarige das bewusst war. Wahrscheinlich nicht. James hatte ihn noch nie willentlich verletzt. Im Gegenteil, er hatte ihn immer vor allem und jedem beschützen wollen.
Andererseits... andererseits hatte sich einiges in den letzten Tagen verändert. Vielleicht war das etwas davon.

"Du wirst uns schreiben, nicht wahr, mein Junge?", entkam es Euphemia leise. Die ältere Frau legte verzweifelt eine Hand an seine Wange, als sie sich vor ihn stellte. Sam, noch immer auf den Boden blickend, zuckte zusammen. Die Berührung war schlichtweg etwas zu liebevoll und mütterlich. Er hatte sich nie wirklich daran gewöhnen können, obwohl Euphemia ihn des öfteren nach seinen Albträumen getröstet und beruhigt hatte. "Und du wirst... nicht vergessen, dass du hier ein Zuhause hast, wenn du eines brauchst, nicht wahr?"

"'türlich nicht...", wisperte er knapp. Seine Stimme zitterte. So, wie sein ganzer Körper es tat, aber glücklicherweise nicht stark genug, dass es anderen auffallen würde. Da war ein dünner Tränenschleier über seinen Augen und sein Herz schlug so dumpf und laut in seiner Brust, dass er Mühe hatte, irgendetwas anderes zu hören.
Es störte ihn nicht, dass er ging. Im Gegenteil, er vermisste seine Heimat. Er vermisste seine alten Freunde. Und die Gegend. Ausserdem benötigte er den Abstand. Er hielt es keine Sekunde länger in diesem Haus aus. Nicht, wenn es so klar und deutlich war, dass James ihn nicht darin haben wollte.
Aber er hasste, dass er dadurch Euphemia und wohl auch Fleamont und Sirius so viele Sorgen bereitete. Und er hasste die Ungewissheit. Die Ungewissheit darüber, was danach sein würde.
Was, wenn es nie wieder normal sein würde? Was, wenn James ihn auch in Hogwarts meiden würde? Und das nur aufgrund eines dummes Geständnisses.
Der alleinige Gedanke daran hatte ihn mehrere Male bereits fast dazu gebracht in Tränen auszubrechen. Fast. Tatsächlich geweint hatte er nie. Auf dem Sofa liegend, in die Dunkelheit starrend, hatte er sich selbst eingeredet, dass er vor einigen Jahren weder James noch seine restlichen Freunde oder die Potters in seinem Leben gehabt hatte und er auch ohne sie klargekommen war. Das würde er wieder tun, sollte es denn nötig sein. So sehr die Einsamkeit in diesem Moment auch schmerzte, er würde sie überleben.

"Das hier ist dein Zuhause, mein Junge. Du bist Teil unserer Familie..." Die Stimme der älteren Frau war so zittrig  und traurig, dass in Sam das Bedürfnis aufkam, sich bei ihr zu entschuldigen. Oder sie in die Arme zu schliessen. "Lass nicht zu, dass er dich verletzt."

"Werde ich nicht..."

Er log. Das wusste sie, das wusste er. Bisher hatte er es schliesslich immer zugelassen, bisher hatte er sich nie gewehrt. Ihn mit ihrer Berührung dazu zwingend, vom Boden aufzublicken, sprach sie weiter auf ihn ein.

"Wenn du es schon nicht für dich selbst tust, dann wenigstens für mich. Lass nicht zu, dass er meinem Sohn noch mehr antut. Er musste bereits viel zu viel durchmachen."

Sam verstand nicht. Für einen kurzen Moment flackerte sein Blick verwirrt auf James, sich fragend, was genau dieser denn durchlebt hatte, ehe ihn die Erkenntnis traf. Sie sprach über ihn. Nicht über James. Über ihn.
Er spürte, wie seine Lippen zu zittern begannen und er wusste, dass er kurz davor stand in Tränen auszubrechen. Etwas unwohl begann er sein Gewicht von einem Fuss auf den anderen zu verfrachten.

"Scheisse, Mum, lass den Jungen los.", erklang James' Stimme und Sekunden später verschwand Euphemias Hand tatsächlich von seiner Wange.

"In Ordnung.", presste Sam hervor, nach seinem Gepäck greifend. Die Tränen hatte er bereits wieder aus seinen Augen geblinzelt, als er sich von der Gruppe abdrehte. Vorsichtig stieg er in den Kamin hinein und entnahm der Vase, welche Fleamont ihm zögerlich entgegenstrecke, eine Handvoll Flohpulver. "Wir sehen uns auf dem Bahnsteig." Sein Gesicht etwas verunsichert verzogen, richtete er für einen kurzen Augenblick seine Augen auf James. Als würde er fragen. Als würde er fürchten, James würde ihn nicht mehr sehen wollen. Er brach James das Herz. Dieser ängstliche, sorgenerfüllte Blick. Und sein Anblick.
Der dunkelblonde Junge sah so verloren aus. Seine Augen vermochten es mit glitzernden Tränen gefüllt zu sein und trotz allem matt und leblos zu wirken. Sein Gesicht war geprägt durch dunkle Augenringe, einer schweissbenetzten Haut und leicht geöffneten, zitternden Lippen. Es schmerzte James, seinen besten Freund so zu sehen, aber seinen Blick abwenden konnte er dennoch nicht.

"Sam!", entkam es ihm laut, als er einen Schritt nach vorne trat. James' Mund war wie ausgetrocknet. Er konnte sich nicht daran erinnern, sich jemals elender gefühlt zu haben. Sam würde gehen wegen ihm. Und in ein paar Wochen würde er grün und blau geprügelt auf dem Bahnsteig auftauchen wegen ihm. James schluckte. "Vergiss nicht, du bist siebzehn... du darfst, wenn nötig, ausserhalb der Schule zaubern."

Ein weiteres Mal an diesem Tag nickte der dunkelblonde Junge kurz und knapp.
Panik breitete sich in James aus, als dieser bereits wieder seinen Blick von ihm nahm. Er wollte ihn aufhalten. Er wollte, dass Sam blieb. Er konnte nicht zulassen, dass er ging. Ganz gleich, was dieser ihm auch gestanden hatte, er konnte ihn doch deswegen nicht gehen lassen. Aber er sagte und tat nichts. Wieso wusste er nicht. Wie versteinert stand er einige Meter von ihm entfernt und sah zu. Und als er es schliesslich doch schaffte, sich aus seiner Starre zu lösen, hatte Sam das Flohpulver bereits losgelassen.

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