Vorsichtig schlage ich seine Tür zu und renne beinahe auf die andere Seite. Verdammt, ich hasse Auto fahren und jetzt muss ich mich auch noch mit einem fremden Auto herumschlagen. Als aller erstes schnalle ich mich an und wende mich Liam zu. Er versucht mühsam den Sicherheitsgurt anzulegen, schafft es allerdings nicht.
„Warte." Ich strecke meine Hand zu ihm heraus und greife nach dem Gurt. Als ich ihn zur Hand bekomme ziehe ich ihn raus und schnalle ihn an. Dabei berühre ich kurz seine Brust und ich schnappe unwillkürlich nach mehr Luft, bekomme allerdings keine. Wenn der Motor läuft werde ich alle Fenster öffnen, sonst werde ich noch Hyperventilieren.
„Wenn du kotzen musst sagst du mir Bescheid, ja?"
Er nickt nur und legt seinen Kopf in den Nacken, schließt seine Augen und versucht sich zu beruhigen. Aufgeregt atme ich ein und aus, stecke den Schlüssel ins Zündschloss und starte den Motor. Wenigstens ist es mitten in der Nacht und somit herrscht auf den Straßen wenig Verkehr. Wenn ich sein Auto schrott fahre, wird er mir das nie verzeihen und ich würde nie genug Geld aufbringen können, um den Schaden zu bezahlen.
Endlich schaffe ich es das Auto auf die Straße zu fahren und ich atme erleichtert aus. Während ich die Straßen behutsam und sehr langsam entlang fahre, fällt mir ein, dass ich gar nicht weiß, wo Liam wohnt.
„Liam?" Ich nehme den Blick keine Sekunde von der Straße und bekomme von ihm keine Antwort. Ist er wirklich in dieser kurzen Zeit eingeschlafen? Irgendwie süß. Hat er so viel Vertrauen zu mir, dass er mich ganz allein fahren lässt?
An einer geeigneten Stellehalte ich rechts an und stelle den Motor ab. Ich schaue mich im Auto herum underblicke sein Handy in der Mittelkonsole liegen. Zögernd nehme ich es zur Hand und zu meinem Glück hat er kein Passwort darin. Sofort gehe ich in seine Kontaktliste und wähle die Nummer von Taylor. Mir fällt keine andere Idee ein, wie ich sonst an seine Adresse kommen könnte.
„Liam? Wo steckst du, alter? Ich habe so oft angerufen!", erklingt Taylors Stimme am anderen Ende der Leitung. Im Hintergrund nehme ich laute Musik wahr, also sind sie noch am Feiern. Mabel ist bestimmt auch bei ihm.
„Nein, hier ist Evelyn. Er war bei mir und ich fahre ihn nach Hause. Liam ist eingeschlafen und ich habe keine Ahnung, wo er wohnt." Ich versuche so leise wie möglich zu reden, um ihn nicht zu wecken. Hoffentlich versteht Taylor mich bei dem Lärm um ihn herum.
„Evelyn? Ach so, hey! Ich kann dir die Adresse schicken, das Haus ist nicht schwer zu finden." Um ihn herum ist es leiser geworden, vermutlich ist er an einen ruhigen Ort gegangen.
„Danke."
„Geht es ihm gut? Er war einfach weg und hat sich nicht gemeldet."
„Er ist betrunken, sonst geht es ihm prima. Ich bringe ihn Heim und sehe zu, dass er schlafen geht." Er scheint sich wirkliche sorgen zu machen.
„Das ist ziemlich nett von dir. Dann sage ich Catrice Bescheid, sie nervt hier schon die ganze Zeit rum." Ich beiße mir fest auf die Lippen und überlege, was ich sagen kann.
„Währe es möglich, wenn du nicht erwähnst, dass er bei mir war? Sie kann mich doch so schon nicht leiden." Ich kann ihn auf der anderen Seite der Leitung Grinsen hören und verdrehe die Augen.
„Geht klar. Melde dich, wenn du Hilfe brauchst."
„Mache ich. Viel Spaß euch noch." Und mit diesen Worten lege ich auf. Nur wenige Sekunden später bekommt Liam eine Nachricht von Taylor, in der seine Adresse steht. Eilig starte ich die Navigation und lege das Handy auf meinen Schoss, damit ich so den Weg ablesen kann.
Jede weitere Minute die vergeht, wird mein Herzklopfen immer weniger, bis ich mich ganz beruhigt habe. Im kompletten Auto riecht es nach Liam und ich genieße jeden Atemzug.
Nach weiteren zehn Minuten kommen wir laut Navi an seinem Haus an und ich staune nicht schlecht. Irgendwie wundert es mich kaum, dass Liam in einer reicheren Gegend wohnt. Ich parke genau vor dem Hausschild und schalte den Motor aus. Sein Handy schalte ich genauso ab und lege es zurück in die Mittelkonsole.
Mit einem Schwung steige ich aus und sehe mir das Haus genauer an. Wir stehen am Straßenrand, die von mehreren Laternen beleuchtet wird. Die Einfahrt von dem Haus ist ziemlich lang und vermutlich steht sein Wagen sonst dort. Dann werfe ich einen Blick zurück auf das Haus, welches in Apartments aufgeteilt sein muss. Wenn nicht, haben die Adams wirklich eine große Wohnfläche.
Kommen wir zurück zum wichtigen! Ich habe genug geschwärmt und in der Dunkelheit sieht sowieso alles anders aus, als es wirklich ist. Eilig gehe ich um das Auto herum und ziehe vorsichtig seine Tür auf. Liam fängt an sich zu bewegen und schon sind seine Augen weit geöffnet und er dreht verwirrt mit dem Kopf hin und her.
„Wo sind wir?"
„In deiner Einfahrt. Kannst du dich abschnallen?" Er braucht einige Momente, bis es ihm gelingt. Ich denke es geht ihm deutlich besser als davor, obwohl er weiterhin verwirrt umherschaut. Liam erhebt sich langsam aus dem Wagen und stützt sich an der Tür ab.
„Wenn du drinnen bist gehst du am Besten direkt ins Bett und trinkst Wasser, okay?" Ich sehe ihn eindringlich an und als seine Augen auf meine treffen fängt das starke Herzklopfen erneut an, und zwar ohne erbarmen.
„Du kannst das Auto haben. Ich hole es morgen bei dir ab", spricht er langsam und etwas undeutlich. Ich nicke dankend und mache seinen Hausschlüssel vom Schlüsselbund ab. Erst gelingt es mir nicht, doch beim zweiten Versuch klappt es.
DU LIEST GERADE
-Weil ich es dir nicht sagen konnte-
RomanceDen Glauben an die Liebe verloren zieht Evelyn Parker zurück nach Portland um auf's College zu gehen. Sie möchte einfach ihre Vergangenheit vergessen und nach vorne blicken. Dabei kommt ihr allerdings jemand in den Weg und zerstört ihre Vorsätze. Li...