-eighty-three-

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»Ich kann nicht mehr.« Er atmet laut aus und ich lege mich normal neben ihn hin. Sofort zieht er mich näher an sich heran, als hätte er bedenken, dass ich abhauen könnte.

»Ich auch nicht.« Ich schließe meine Augen und kuschle mich dicht an ihn. Seine Hand streichelt zart durch mein Haar und ich fühle mich so sicher und geborgen wie schon lange nicht mehr. Obwohl wir gerade in Taylors Zimmer sind, fühle ich mich, als sei ich Zuhause.

»Es war wunderschön«, flüstert er und gibt mir einen Kuss auf die Wange. Ich weiß ganz genau, dass er damit nicht nur das Rumgeknutsche von eben meint. Dann lässt er sich wieder zurück auf die Matratze sinken und ich grinse vor mich hin.

»Ja.«

»Gut, dass uns jemand unterbrochen hat.« Ruckartig drücke ich mich von ihm weg, öffne meine Augen und starre ihn an.

»Was?«

Er starrt mich erst verwirrt an und fängt dann laut an zu lachen und zieht mich wieder zu ihm zurück.

»Sonst wären wir eben sicherlich wieder weiter gegangen.« Oh man, wie peinlich. Ich muss echt aufhören immer vom schlimmsten auszugehen.

»Das kannst du wohl laut sagen.«

Er umgreift mein Gesicht mit seinen beiden Händen und sieht mir tief in die Augen, als könnte er direkt in meine Seele schauen. Mein Herz pocht unregelmäßig in meiner Brust und ich denke nicht, dass es am Alkohol liegt. Generell spüre ich nichts mehr von dem Bacardi, den ich vorhin vor Liams Augen geext habe.

»Ich lasse dich nicht mehrgehen«, haucht er und ich grinse ihn schief an. Das alles fühlt sich immer nochwie ein Traum an. Ich wollte mich nicht binden und hatte Angst vor einerBeziehung, wegen dem Vorfall in London. Liam hat mich vom Gegenteil überzeugt,ohne sich groß anstrengen zu müssen. Er hat mir gezeigt, dass ich vor der Zukunft und vor der Bindung zu einem Menschen keine Angst haben brauche und dass es immer einen Ausweg geben wird. Er zeigt mir wie es ist mit jemanden das Leben zu teilen und ich bin jetzt schon wunschlos glücklich, obwohl wir nicht einmal vierundzwanzig Stunden zusammen sind. Ich meine, sind wir jetzt offiziell zusammen? So richtig haben wir das nicht angesprochen, aber ich sehe keine Zweifel daran.

»Versprochen?«

»Versprochen.« Lächelnd beugen wir uns gleichzeitig vor und küssen uns ganz sanft und mit viel Gefühl. Es ist unglaublich wie viele Glücksgefühle durch meinen Körper sprühen, sobald seine Lippen auf meinen liegen.

»Sollen wir wieder runter gehen? Oder sollen wir uns weiter hier verstecken?« Er lacht und stimmt mir zu.

»Taylor ist bestimmt angepisst, wenn ich mich nicht blicken lasse.« Er steht mühsam vom Bett auf, streckt mir seine Hand entgegen und zieht mich auch auf die Beine.

»Vor allem wenn er mitbekommt, was auf seinem Bett passiert ist«, scherze ich und er greift lachend nach meiner Hand und bevor er die Tür aufziehen kann, halte ich ihn zurück.

»Willst du dir nicht vorher was anziehen?« Mein Blick wandert erneut seine nackte Brust entlang und ich beiße mir wieder auf die Unterlippe. Wenn ich es mir so recht überlege kann er auch ruhig so rumlaufen, aber die anderen Mädels gucken dann auch.

»Hätte ich fast vergessen.« Amüsiert bückt er sich nach unten, hebt sein Shirt auf und zieht es sich über den Kopf. Ich beobachte jede seiner Bewegungen und auch wenn ich wollen würde, könnte ich meine Augen nicht von ihm abnehmen. Es fasziniert mich zu sehr, wie mühelos er sich das Shirt überziehen kann und wie verliebt er mich daraufhin anschaut. Während ich mir meinen Rock und mein Top überziehe, starrt er mich an und greift dann überzeugend nach meiner Hand und zusammen machen wir uns auf den Weg nach unten. Ich bin sehr aufgeregt und meine Beine sind weich, denn gleich werden uns alle zusammen sehen und das zum ersten Mal. Wahrscheinlich interessieren sich die meisten gar nicht dafür, oder sind schon angetrunken. Jedenfalls hoffe ich es, denn ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt. Ich brauche diese Aufmerksamkeit von anderen Schulfreunden und Gleichaltrigen nicht, aber ich weiß, dass Liam viel Aufmerksamkeit auf sich zieht, da er bis vor kurzen noch mit einer anderen zusammen war und im Footballteam vom College mitspielt.

»Bist du bereit?« Er sieht zu mir runter und ich deute ihm mit einem nicken zu, dass ich es bin.

»Es wird wahrscheinlich eh keiner schauen«, sagt er noch und schon verschwinden wir händchenhaltend in der Menschenmenge. Das Wohnzimmer scheint noch voller zu sein, als vorhin und ich würde gerne wissen wie viel Uhr wir schon haben. Wir haben in Taylors Zimmer gefühlte Stunden verbracht.

»Sollen wir in der Küche nachschauen?« Ich versuche so laut zu schreien, wie ich es kann und zu meiner Überraschung hat er mich gehört und zieht mich zur Küche. Meine Blicke wandern manchmal nach oben zu den Leuten, an denen wir vorbei laufen und ich bin froh mit anzusehen, dass sich keiner für uns interessiert.

In der Küche sind nichtviele Leute und auf dem Boden befinden sich viele Plastikbecher, es sieht auswie ein Saustall. Meine Schuhe bleiben am Boden kleben und ich verziehe angewidert das Gesicht. »Die sind nicht hier.« Mabel und Taylor sind nicht im Wohnzimmer, nicht in der Küche und können nicht in seinem Zimmer sein, da wir bis vor kurzen noch dort waren.

»Da seid ihr ja wieder!« Wir drehen uns gleichzeitig um und erkennen James, der sich gegen die Tür gelehnt hat. Er hält einen roten Becher in der Hand, steht ziemlich lässig herum und sein Blick schweift langsam zu unseren verschränkten Händen.
»Was habe ich bitte verpasst?« Auf seinen Lippen bildet sich ein komisches Grinsen, ich kann nicht recht deuten, was er gerade denkt oder empfindet. Ich fühle mich schlecht, weil ich ihn vorhin ausnutzen wollte, um Liam eifersüchtig zu machen. Aber die Leute in unserem Alter machen sowas doch ständig und nur weil ich es einmal getan habe, heißt es nicht, dass ich es noch einmal machen würde. Trotzdem habe ich ein schlechtes Gewissen und ich blicke zu Boden.

»Seid ihr jetzt sowas wie ein Paar?«

Ich traue mich nicht zu antworten und ich drücke Liams Hand fester.

»Ja. Sorry, Mann. Ich weiß, du hast dir da was erhofft«, antwortet Liam beiläufig und ich glaube, er genießt diesen Moment ein bisschen. Dafür geht in meinem Bauch gerade alles drunter und drüber vor Aufregung.

»Scheiße. Und was ist mit Catrice? Habt ihr deswegen Schluss gemacht?« Aus dem Augenwinkel kann ich erkennen, wie James einen großen Schluck aus seinem Becher nimmt, bevor er ihn zu den anderen auf den Boden wirft. »Wir reden darüber, wenn du nüchtern bist. Hast du vielleicht Taylor und Mabel gesehen?« Endlich schaffe ich es meinen Kopf zu James zu heben und mein Herz bleibt einen Moment stehen. Er starrt mich an, seine Lippen sind zu einer schmalen Linie gezogen und in meinem Hals bildet sich ein riesen Kloß. Wieso sieht er mich so an, als würde er mich bis zum Tod hassen? Ich habe ihm nichts getan.

»Ich habe keinen Schimmer, wo die beiden sind.« Ohne den Blick von mir zu nehmen sagt er diesen Satz und ich fühle mich so klein und hilflos.

»Okay. Lass uns im Garten nachschauen, Evelyn.« Beim Vorbeigehen schaut Liam James grimmig an, als würde er damit stumm ausdrücken können, dass er die Finger von mir lassen soll. Ich hoffe James war gerade nur so unheimlich, weil er getrunken hat. Sonst war er immer recht nett und hilfsbereit und gerade nur noch komisch. 

-Weil ich es dir nicht sagen konnte-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt