Ihm scheint es wirklich wichtig zu sein, mich heil nach Hause zu bringen und ich bezweifle, dass es wegen meines Dads ist. Er schläft schon tief und fest.
„Kommst du?" Ich erwache aus meinen Gedanken und bewege mich auf ihn zu. Immer wieder sehe ich auf den Boden um nicht in Scherben zu laufen. Wer weiß, vielleicht hat hier jemand aus Wut eine Bierflasche fallen lassen. „Sicher, du willst deine Schuhe nicht lieber anziehen?" Ich komme bei ihm an und blicke zu ihm hoch. „Ja. Also wenn du dich in diese Folterschuhe begeben möchtest halte ich dich nicht auf!"
Zum Spaß strecke ich ihm die Pumps ins Gesicht und er nimmt sie mir aus der Hand. „Nein, danke ich verzichte. Ich trage sie aber gerne dann kannst du dich besser auf den Weg konzentrieren." Seine Fürsorge bringt mich zum Grinsen und da wir nebeneinander laufen kann ich meine Mundwinkel in die Höhe heben und er merkt es nicht. „Wieso bist du dich noch einmal umziehen gegangen? Um Catrice zu provozieren?" Ich brauche eine Weile um eine brauchbare Antwort zu formulieren. Den wirklichen Grund kann und werde ich ihm nicht verraten. Niemals würde ich zugeben, dass ich mich seinetwegen so hübsch gemacht habe.
„Ich schätze schon", murmle ich unverständlich und betrachte den weiten Himmel über uns. Es sind nur wenige Sterne zu sehen und der Mond versteckt sich hinter dunklen Wolken. „Ehrlich gesagt weiß ich nicht genau, wieso ich es gemacht habe. Wir waren zuhause und ich hatte gar nicht mehr vor herzukommen. Doch dann brannten meine Sicherungen durch und schon hatte ich dieses übertriebene Kleid in den Händen." Ich bringe ein trockenes Lachen zustande und hoffe er wird es auch als Witz aufnehmen.
„Na ja, jetzt wirst du keine Probleme mehr haben auf dem College niemanden zu kennen. Jedenfalls werden sich sehr viele Jungs an dich erinnern." Er räuspert sich neben mir und hat die Worte emotionslos aus dem Mund genommen. Der Gedanke erfreut mich kein bisschen. Ich möchte nicht, dass ich auffalle wegen meines Aussehens auf einer Hausparty. Vor allem, da ich so ein Outfit vermutlich nie wieder tragen werde.
„Keine Sorge. Ich bin eines der Mädchen, die mit Jogginghose in die Schule geht. Meine Berühmtheit wird also nicht sehr lange andauern." Er schmunzelt neben mir und aus dem Augenwinkel erkenne ich, wie er sich durch die Haare fährt. „Das mit den Jogginghosen habe ich mir schon fast gedacht", gibt er zu und ich grinse stolz. Genau das mag ich an ihm, ihm ist es egal was ich trage und er behandelt mich nicht abwegig. Solche Menschen gibt es selten, zumindest kenne ich kaum welche.Die frische Luft und der kalte Boden beruhigen mich und somit bin ich nicht so nervös, dass ich gerade allein mit Liam durch die Straßen laufe.
„Du gehst also nicht gerne feiern?" Ich spüre seinen Blick auf mir, doch ich kann mich nicht dazu ringen zu ihm zuschauen, zu mal ich dauerhaft auf den Boden starre, wegen meinen nackten Füßen. „Nein, ich hasse es", gebe ich monoton zurück und schlucke endlich den Kloß, der sich schon lange in meinem Hals befindet nach unten.
„Keine guten Erfahrungen gemacht? Oder bist du einfach ein Stubenhocker?" Er lacht neben mir kurz auf und erwartet, dass ich miteinstimme, doch ich krampfe mich schmerzhaft zusammen. Es ist nicht seine schuld, er weiß nichts davon, sagt mir meine innere Stimme, aber ich kann nichts gegen meine negativen Gedanken tun. Die Erinnerungen drohen erneut auf mich einzubrechen, ich wende mich von ihm ab und beschleunige meinen Gang. Die Welt um mich herum scheint dünner zu werden, ich schnappe nach Luft doch bekomme keine. Heute ist ein Tag an dem ich andauernd an jenen Abend erinnert werde und wenn meine Gedanken weiter darum kreisen bekomme ich einen Kollaps und breche zusammen.
„Ist alles in Ordnung? Habe ich etwas Falsches gesagt?" Meine innere Stimme schreit Ja, aber es liegt nicht an ihm. Es ist allein meine Schuld, dass ich diesen Abend noch nicht bis zum Schluss verarbeitet habe. Ich hätte schon längst damit abschließen müssen und bis heute dachte ich, dass hätte ich bereits getan. Anscheinend nicht. „Nein", antworte ich knapp.
Plötzlich greift er nach meinem Handgelenk, dreht mich zu ihm rüber und bleibt stehen. Nun stehen wir ganz dicht voreinander und ich gebe es endlich auf nach Luft zu suchen. Denn jetzt bleibt sie mir erst recht weg.
„Es tut mir leid, wenn ich dich an etwas Erinnert habe. Es war nicht meine Absicht dich traurig zu machen." Ich wage es ihm in die Augen zu schauen. Mit einer besorgten Mimik sieht er zu mir runter undich bin mir sicher, dass er meinen Herzschlag ganz bestimmt laut klopfen hören muss. Es geht nicht anders, wenn ein Arzt jetzt meinen Puls abmessen müsste, würde er sagen, dass ich sterben werde.
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-Weil ich es dir nicht sagen konnte-
RomansaDen Glauben an die Liebe verloren zieht Evelyn Parker zurück nach Portland um auf's College zu gehen. Sie möchte einfach ihre Vergangenheit vergessen und nach vorne blicken. Dabei kommt ihr allerdings jemand in den Weg und zerstört ihre Vorsätze. Li...