-fifty-seven-

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„Ich bringe dich noch zur Tür", biete ich an und er legt seine Hand wieder an meine Schulter. Auf seinen Lippen bildet sich ein dankendes Lächeln und zusammen laufen wir die Einfahrt zur Tür hoch. Mir tut es jetzt schon weh ihn gleich rein gehen zu lassen und ihn dann für eine ungewisse Zeit nicht mehr sehen zu können.

„Warte mal", mitten auf der leicht beleuchteten Einfahrt bleibt er stehen und sieht mich an. Mein Brustkorb hebt und senkt sich in unregelmäßigen Abständen und ich versuche seinen Blicken standhaft zu bleiben.

„Was ist los?", frage ichmit trockenem Mund und drohe durch meine wackligen Beine auf den Asphalt zufallen. Er sieht mich einfach nur an und so vergehen einige Momente. DieSpannung zwischen uns beiden wird immer heftiger und genau, als ich ihm sagenwill, dass er jetzt lieber rein gehen soll, zieht er mich an sich und legt seine Lippen auf meine.

In meinem Körper schießt eine Welle von Hitze und überrumpelt erwidere ich diesen Kuss. Seine Lippen füllen meinen Mund und die ganzen Schmetterlinge sammeln sich in meinem Bauch und lassen mich diesen Moment voll und ganz genießen. Seine Hand wandert meinen Rücken entlang und ich schließe meine Arme um seinen Hals. Ich habe keine Ahnung was wir hier machen und ich kann auch nicht darüber nachdenken, da ich den Geschmack seiner Lippen genieße.

Er übernimmt die Kontrolle des Kusses und legt irgendwann seine Hand an meine Wange. Mein ganzer Körper steht unter Strom und sehnt sich nach mehr Berührungen von ihm. Meine Lippen schmiegen sich sehnsüchtig an seine und als ich keine Luft mehr bekomme, löse ich mich von ihm. Auch er scheint ganz außer Atem und legt seine Stirn an meine.

„Du bist perfekt, Evelyn Parker", stößt er außer Atem hervor und mein Herz scheint beinahe aus meinem Körper zu springen. Ich kann nichts machen, nicht handeln und mich nicht bewegen. Wenn er mich nicht am Rücken festhalten würde, würde ich schon auf dem Boden zusammensacken. Komisch, vor einigen Minuten habe ich ihn noch gehalten und jetzt ist es anderes herum. Ich kann auf gar nichts reagieren, meine Lippen schmecken nach ihm und kribbeln. Liams Puls geht auch viel zu schnell und endlich kapiere ich, was hier eben geschehen ist. Es war falsch. Sehr falsch.

Augenblicklich gehe ich einen Schritt zurück und senke meinen Blick.

„Du solltest reingehen", flüstere ich.

Er sieht mich von der Entfernung aus an und macht einen Schritt auf mich zu. Ich hingegen mache wieder einen zurück und breite meine Arme nach vorne aus, damit er versteht, dass ich es nicht möchte.

„Gute Nacht, Evelyn." Er bleibt noch einige Sekunden stehen, bis er kehrt macht und schwankend auf die Haustür zugeht. Ich bleibe auf der Stelle stehen, bis er im inneren verschwindet. Zum Schluss wendet er sich noch kurz zu mir herum, bevor er die Tür mit einem lauten Klirren zuzieht.

Völlig benebelt stehe ich in seiner Einfahrt herum und rühre mich nicht vom Fleck. Ich kann einfach nicht glauben was so eben geschehen ist und eigentlich möchte ich das auch nicht. Denn es war perfekt.

In meinem Kopf schwirren so viele unterschiedliche Gedanken und ich wehre die Erkenntnis ab, dass ich vor einigen Minuten meinen ersten Kuss bekommen habe. Seine Lippen haben einen sauren Biergeschmack auf meinem Mund hinterlassen und ich führe mit meinem Zeigefinger darüber. Liam Adams hat mich geküsst. Er hat mich geküsst und mich als Perfekt bezeichnet. Wie konnte er das so einfach tun? Wie kann er das Tun und damit alles auf den Kopf stellen und einfach wieder verschwinden. Okay, ich habe ihn zurückgewiesen und gesagt, er solle reingehen, aber nur, weil ich genau weiß, dass es falsch war. Falsch ist.

Mein Magen dreht sichandauernd um, die Schmetterlinge haben sich in meiner Bauchgrube versteckt undwüten wie ein Tornado in meinem Körper herum. Immer wieder sehe ich zu seinerEingangstür hin, in der Hoffnung, dass er wieder rauskommt. Ich sehe mich jetztschon nach ihm, nach seinen Berührungen und seinen Küssen. Niemals hätte ich sowas kommen sehen. Heute wollte ich mich in meinem Zimmer einsperren, eine Serie schauen und Liam aus dem Kopf bekommen. Stattdessen tauchte er betrunken bei mir Zuhause auf, brachte zu dem Zeitpunkt schon meine Gefühle durcheinander und zu allem Überfluss küsste er mich leidenschaftlich in seiner Einfahrt. Ein lauter Donnerschlag lässt mich erschaudern und ich sehe in den dunklen Himmel hinauf.

Die ersten Regentropfen treffen auf meine Haut und ich setze mich endlich in Bewegung. Ich stand viel zu lange regungslos vor seinem Apartment herum und der Regen bringt mich endlich zurück in die Realität. Mit schnellen, wackligen Schritten begebe ich mich zu seinem Auto und steige ein. Mein Blick fällt auf sein Handy, das noch hier liegt und ich schalte es komplett aus. Nicht, dass ich noch auf den Gedanken komme mir seine Fotos anzusehen. Am Ende stoße ich noch auf ein Oberkörperfreies Bild und dann wird es um mich geschehen sein.

Die Regentropfen prasseln auf die Windschutzscheibe und ich starte umgehend den Motor. Den Weg zurück habe ich noch im Kopf und muss keine Navigation anmachen. Wegen dem Regen fahre ich noch langsamer als sowieso schon und von daher dauert die Fahrt zu mir nach Hause Doppel solange wie hin. Um mich von dem lauten Schlag meines Herzens beruhigen zu können, drehe ich die Musik laut und schalte damit meinen Verstand aus. Wie soll ich heute Nacht schlafen können? Oder die ganzen darauffolgenden Nächte? Ich konnte die letzten Tage schon nicht gut schlafen und jetzt kann ich das erst recht vergessen. Und wie soll ich das Mabel beichten? Sie wird genau so reagieren wie ich. Erst wird sie überrascht sein und dann wird sie mir an den Kopf werfen, dass es Falsch war. Er hat eine Freundin und befindet sich in einer Beziehung. Allerdings hat ihn das nicht abgeschreckt mich zu küssen.

Vermutlich hatte er einfach zu viel getrunken und hat sich deswegen gehen lassen. Für ihn hat es nichts Bedeutet, wobei es mir alles bedeutet hat. Ich werde es nicht so schnell vergessen können, vermutlich nie. Ich war noch nie in jemanden verknallt und ich hatte es nicht vor. Dennoch verspüre ich den Drang Liam immer nah zu sein und bin traurig, wenn ich ihn nicht sehe.

Ich habe Angst, dass ich mich womöglich schon verliebt habe.

Vor meinem Haus angekommen parke ich ziemlich schräg ein und schalte den Motor ab. Ich möchte mich nicht verlieben, ich will keine Gefühle für Liam entwickeln. Er ist vergeben und ich kann mich keiner Person auf diese Weise anvertrauen. Nicht nachdem das in London geschehen ist.

Wütend raufe ich mir die Haare und schlage dann auf dem Lenkrad herum um meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen.

-Weil ich es dir nicht sagen konnte-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt