37.Kapitel

126 8 1
                                    

Chris:

Das war für mich der ergreifenste und glücklichste Moment als Sandra Fabienne zur Welt gebracht hat und ich als Vater dabei sein durfte. Unsere Tarnung als Paar war Gott sei Dank nicht bemerkt worden, so das wir diesen privaten und sehr intimen Moment genießen konnten. Das ich selber die Nabelschnur durchschneiden durfte war so aufregend das alles an mir zitterte und sich mein Kreislauf so langsam am verabschieden war weil ich eigentlich kein Blut sehen kann. Doch für meinen Schatz ging ich das Risiko gleich aus den Latschen zu kippen ein.

Es kam wie es kommen musste und ich fand mich einige Minuten später auf einer Liege wieder. Meine Lichter waren ausgegangen und ich kam so langsam wieder zu mir. Eine Schwester stand neben mir und drückte mir mit Kraft einen Tupfer in meine angewinkelte Armbeuge. Anscheinend hatte ich etwas gespritzt bekommen als ich weg war.

Ich sah mich um und bemerkte das Sandra fehlte aber die Hebamme Fabienne noch am baden und anziehen war. Die Schwester half mir hoch und setzte mich dabei mit gekonnten Griffen mit auf. Ich hatte meine Beine wieder fest auf der Erde und beobachtete das Geschehen um mich rum. Ich wurde aufgeklärt das ich was für den Kreislauf bekommen hatte und das mit meiner Tochter alles in Ordnung war. Nur bei mir drehte sich noch alles, so das ich noch sitzen bleiben musste bis der Tropf durch gelaufen war, den ich an der anderen Hand dran hatte. Mir war immer noch schwindelig und ich musste grade erst mal selber wieder zu Kräften kommen und abwarten bis ich nichts mehr verschwommen sehe und sich meine Beine wie Wackelpudding anfühlen. Ich war auch noch ungünstig zu Boden gegangen und musste feststellen das ich mir ziemlich den Kopf gestoßen hatte und ich nun an der Stirn eine Platzwunde hatte die mit Klebestrips versorgt worden war. So ein Missgeschick passiert aber auch nur mir. Hoffentlich hat Sandra davon nichts mitgekriegt. Verbergen kann ich es ihr nicht. Meine Wunde ist selbst unter meinem Pony noch deutlich zu sehen. Ist mir das peinlich.

Das Sandras fehlen hier im Kreißsaal aber andere Gründe hatte sollte ich gleich von der Hebamme erfahren. Sie war inzwischen fertig und brachte mir meine Tochter auf den Arm. Ich sah aus als ob mich jemand verprügelt hätte, aber jetzt wo ich meine kleine Dame bei mir hatte war grade alles nebensächlich, bis auf dass, Sandra nicht hier war.

Die Hebamme erklärte mir das sich die Nachgeburt nicht von selbst gelöst hatte und dass das nun operativ entfernt werden musste. Das Sandra im OP daran aber fast verblutet wäre sollte ich erst später erfahren, wenn ich sie besuchen gehen wollte. Die kleine wird sie für die nächsten drei Tage nicht so zu Gesicht kriegen, denn so lange wird man sie auf der Intensivstation überwachen um weitere ungeplante Blutungen zu verhindern. Ich hatte das Bild von Fabienne vom Kreißsaal bekommen. Das hatte ich ihr mitgebracht, denn darüber freute sie sich riesig. Sie ist so niedlich und zierlich und auch ein kleines Fliegengewicht. Ganz die Mama. Mein Sturz musste ich ihr dann auch noch erklären, was ihr zumindest ein Lächeln und ein schmunzeln abringen konnte. Ich konnte ihr ansehen das sie von der OP noch Schmerzen hatte und ihr eigentlich nicht nach Lachen zu Mute war. Aber meine Tollpatischkeit wird ihr noch so manches mal einen Schrecken versetzen, denn das wird sicher nicht die einzigste Verletzung bleiben.

Ich fuhr später zu Andreas und zu meinen Eltern, um auch meiner Familie die frohe Botschaft zu verkünden. Auch mein Bruder war leider nicht blind und konnte sich einen schmunzeln nicht verkneifen. Mir kam nur ein ,,Spars Dir bitte" über die Lippen als er mir kurzerhand das Pony zur Seite schob und die Klebestrips sah. Mir war sofort klar was er dachte, denn man konnte seine Gedanken wie ein Wölkchen über seinem Kopf schweben sehen, was meine Mutter dann aussprach.

Marlene:
Na hat dich das Wunder der Geburt aus den Socken gehauen, mein Kind?
Chris:
Hm, Etwas schon. Ist aber halb so wild. Ist geklebt worden. Das gibt sicher ein ordentliches Veilchen. Wie soll ich das denn den Fans erklären? Die haben mich wegen meinem Kreislauf gleich an den Tropf gehängt und nach 4 Stunden Ruhe endlich zu Sandra gelassen.
Andreas:
Ganz einfach. Hast dich beim Proben verletzt. Was ist denn mit Sandra?
Warum haben die dich erst so spät zu ihr gelassen.?
Chris:
Sie ist nachdem die kleine da war operiert worden. Die Nachgeburt kam nicht von alleine, deswegen liegt sie jetzt zur Überwachung drei Tage auf intensiv, weil es bei der OP Komplikationen gegeben hatte und sie sehr viel Blut verloren hat. Es war wohl knapp, wie der Arzt gesagt hatte. Die kleine ist so zuckersüß.
Andreas:
Hast Du schon Fotos? Zeig mal her.
Chris:
Ich kramte mein Handy aus der Tasche und zeigte ihm die Blider die ich gemacht hatte und schickte sie meinem Bruder mit den Worten ,,Dein künftiges Patenkind Fabienne Reinelt "
Andreas:
Ist die süß und so zierlich. Kommt ganz nach deiner Sandra und ich darf Pate werden? Ist das Dein Ernst?
Chris:
Ja natürlich ist das mein Ernst. Unsere Kinder bleiben in der Familie, wenn uns mal was passieren sollte, was wir natürlich nicht hoffen. Das siehst Du doch sicher genauso? Oder?
Marlene:
Gut das ihr so zusammen haltet. Das macht uns stolz, das ihr so vernünftig seit. Sandra geht's sicher bald wieder besser. Da vertrau ich ganz fest drauf.

Ich sah meiner Mutter ins Gesicht und merkte das sich bei ihr Tränen nach draußen kämpften. Es waren aber keine Tränen der Freude. Es waren Tränen die mit Traurigkeit gefüllt waren und Andreas und mich aufhorchen ließen.

,,Mama was ist los?" Wollte ich im Beisein von Andreas von ihr wissen. Doch sie schwieg und wartete nun ab was von uns kommen würde. Sie sah an uns beiden vorbei und sah wie jemand den Raum fast fluchtartig verließ. Ich dachte an Papa und Mamas nicken bestätigte mir das es mein Vater war, der wohl bis zu dem Zeitpunkt unbemerkt hier war und uns zuhörte. Nachdem er gehört hatte das es uns beiden gut gehen würde ging er zum Zimmer raus, denn das Gespräch wollte er meiner Mutter überlassen.

Es musste sich etwas verändert haben, dass unsere Mutter so den Tränen nah war. Andreas bohrte jetzt etwas mehr nach, nachdem er sie in den Armen hielt und sie nun noch stärker weinte. Er fragte ganz sanft bei ihr nach und strich ihr zärtlich und behutsam über den Rücken, woraufhin sie aufhörte zu weinen. Das waren seltene Momente zwischen meinem Bruder und mir, wo wir uns mal nicht streiten und er mir mal nicht irgendwelche Gemeinheiten an den Kopf warf. Was die Familie betrifft sind wir immer eins. Wir fühlen und leiden gemeinsam. Scheinbar verbindet uns nicht nur die Magie, sondern auch unser Herz und das spürte grade das etwas schwerwiegendes in der Luft lag. Wir spürten beide das wir jetzt für die Familie stark sein müssen und Mama die Hilfe geben müssen, die sie braucht und unsere Streitereien bei Seite legen müssen. Es tat mir weh Mama so zu sehen und auch Andreas schnürte es so wie mir das Herz zu. Wir ahnten beide was Mama uns wahrscheinlich sagen wollte, ohne das Papa dabei war. Ihm fiel es genauso schwer das zu hören und ertragen zu müssen, wenn der Tod als Thema im Raum steht. Eigentlich wollte keiner von uns drüber reden, aber wir wissen alle das der Zeitpunkt näher rückt, an dem uns unser Vater verlassen wird und der war scheinbar nun doch näher als wir bisher dachten.

Marlene:
Papas Ergebnisse sind deutlich schlechter geworden und reduzieren so auch die Zeit die ihm mit dem Krebs noch bleibt. Er hat Euch eben zugehört wie glücklich ihr mit euren Frauen seit und das war ihm sehr wichtig. Sie können nicht mehr viel für ihn tun, weil der Krebs inzwischen weit vorangeschritten ist. Er soll die restliche Zeit die ihm noch bleibt genießen bis er den Kampf gegen den Krebs verlieren wird. Papa hat Euch ja schon lange darauf vorbereitet das der Punkt kommen wird an dem ihr ihn los lassen müsst. Er hat euch die Weichen gelegt. Gehen müsst ihr den Weg jetzt selber. Ihr seit jung und stark genug dafür. Das wissen wir beide. Ich werde euch auch nicht im Stich lassen. Ich werde den Weg dann mit euch gehen und euch unterstützen wo es nur geht.
Andreas:
Mir liefen die Tränen jetzt genauso wie Chris, denn wir wussten was diese Worte zu bedeuten hatten und mussten erst mal schlucken.
Mama wie lange hat Papa noch? Presste ich mit brüchiger Stimme raus.
Marlene:
Wenn die neuem Medikamente gut anschlagen vielleicht ein Jahr, andert halb?
Chris:
Weiß Papa das schon?
Marlene:
Ja er weiß es, deswegen hatte ich es euch sagen sollen. Er redet da nicht gerne drüber.
Andreas:
Was sollen wir jetzt nach der Nachricht machen?
Werner:
Alles so wie sonst auch. Noch bin ich nicht tot. Ihr plant eure Tour und eure Auftritte, alles andere geht seinen normalen Weg. Lasst den Kopf jetzt nicht hängen. Vor allem Du nicht Christian mit deinem Veilchen da oben. Das gibt Kopfschmerzen.

Mein Vater zog mich in eine Umarmung. Ich brauchte das grade und das merkte mein Vater. Andreas bekam nur einen herzlichen Klapps auf dem Rücken, denn er wusste das ich bei so etwas viel sensibler bin als Andreas.

Nicht desto trotz hatte mich das schon sehr getroffen, auch wenn ich es nicht so sagen konnte. Ich holte mir dann doch eine Schmerztablette und legte mich etwas hin, denn auch an mir war dieser Tag nicht ohne Spuren vorbei gegangen und hatte mir gezeigt wie nah Leben und Tod doch beieinander liegen können.

Und auch seine Worte ,,Für jedes Leben was geboren wird, muss ein anderes dafür Platz machen" werden mir noch das eine oder andere mal wieder in den Sinn kommen und daran denken lassen wie schön es doch war als die ganze Familie noch zusammen war.

First LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt