77.Kapitel

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Sandra:

Es tat schon weh so ausgeschlossen zu werden und nicht in den letzten Stunden bei ihm sein zu können. Innerlich brach es mir das Herz, aber ich scheine es ja nicht anders verdient zu haben. Andreas ließ es mich deutlich spüren das er mich nicht zu ihn lassen wollte. Jetzt war mir durch die Schalousie auch noch der Blick auf ihn versperrt worden. Das war ein echter Schlag in die Magengrube, gemischt mit Traurigkeit und Entsetzen darüber. Für Andreas waren die Familienbande mit der heutigen Scheidung getrennt worden, aber ob es Chris so empfand wusste auch er nicht. Seine bereits bestehende Trauer blockierte ihn für die Gefühle die von jedem hier im Raum waren. Ich hatte mich ja nun schon damit abgefunden ihm nicht die Hand halten zu können, denn das Recht hatte jetzt seine Mutter und daran konnte ich nichts ändern. Ich konnte nur Schatten von draußen sehen, die sich nicht wirklich im Zimmer bewegten. Seine Schwester saß an einer Seite des Bettes und seine Mutter kauerte auf einem Stuhl an der anderen Seite, mit Andreas der hinter ihr stand und seine Hände auf ihren Schultern ruhen ließ um ihr Halt zu geben. Ihre Haltung war schon recht eingefallen und sie schien zu weinen. Ich vermute das Andreas auch mittlerweile ungesehen Tränen hinter seiner Mutter vergoss, der die Abs Haltung der Apparate würde in nur wenigen Stunden endgültig sein.

Dann gibt es für Chris nur zwei Möglichkeiten.

Entweder er rappelt sich auf und beginnt von selbst zu atmen, was eine deutliche Verbesserung seines Zustandes wäre, was ich aber nicht glaube.
Oder er hört komplett auf zu atmen was mit einem folgenden Herzstillstand dann das endgültige Ende wäre und Chris für Tod erklärt werden wird.

Mein Gefühl sagte mir das er zu sich kommen wird, auch wenn es im Moment für alle unrealistisch wirkt.
Ich habe aber Hoffnung, denn sonst hätte Chris Andreas wegen mir keine Warnung geschickt damit es mir möglichst schnell besser gehen sollte.

Ich ging auch unbeobachtet von Chris seiner Familie in mich und schloss meine Augen um ein letztes Stoßgebet zum Himmel zu schicken. Ich hatte genau jetzt ein warmes Gefühl ums Herz ,als ob mich seine eigene Angst vor dem Tod gedanklich erreichte. So wie Chris mit Andreas als Bruder verbunden ist, so bin ich auch trotz Scheidung noch mit Chris verbunden.

Selbst die kleine war heute extrem unruhig, weil sie auch die Unruhe in meiner Umgebung und meine eigene Unruhe spürte. Sie merkte das sich etwas verändern wird, nur wusste sie nicht was und das wird hoffentlich etwas positives sein. Jedenfalls glaubte ich noch ganz fest daran.

Doch schon bald sollte sich das Blatt wenden.

16.00 Uhr

Dr. Fuchs stand plötzlich neben mir als ich hörte das er die Türklinke zu seinem Zimmer nach unten drückte. Ich konnte einen kleinen Blick ins Zimmer erhaschen und war nicht darüber verwundert wie gedrückt die Stimmung dort drin war. Sie übertrug sie wie eine Welle auf mich und änderte meine Gedanken. Ich hatte plötzlich auch das Gefühl das Chris heute den Kampf zurück ins Leben verlieren wird und das Louisa ohne ihren Papa aufwachsen muss. Ich ließ das erst mal sacken und ging ein paar Schritte den Flur auf und ab, obwohl ich viel Bewegung vermeiden sollte. Ich konnte nicht anders, meine Gefühle überrannten mich grade ganz extrem und ich musste das verarbeiten.

Der Countdown läuft bereits und das musste ich mir jetzt auch eingestehen das es kein zurück mehr geben wird. Ich bin von Chris geschieden und sein Leben liegt nicht in meiner Hand. Ich hatte das vertrauen von Chris Familie verspielt und musste nun mit den Konsequenzen leben. Er hatte sich dafür entschieden wenn er mal so einen schweren Unfall haben würde das er nicht selber entscheiden könnte was er will das nicht ewig mitmachen zu wollen und das konnte ich auch nachvollziehen. Chris war schon immer sehr vorausschauend, nicht nur wegen seines Berufes. Und das wird ihm heute das Leben kosten. Die Entscheidung hatte er damals schon ohne mich ganz für sich alleine getroffenen und nun greifen die Konsequenzen und Chris stirbt nach einen Unfall an dem ich Schuld war.

17:00 Uhr

Ich schaute auf die Uhr und stellte fest das ich jetzt nervös würde. Es war wie eine Art Panik die plötzlich meinen Körper durchfuhr und ich mich fragte ob es nicht doch ein Fehler war die Scheidung bis zum bitteren Ende durchzuziehen. Aber jetzt konnte ich es nicht mehr ändern. Es war zu spät. Dr.Fuchs kam ein weiteres Mal zu Chris und stand wieder neben mir. Ich schaute ihn fragend an und bat ihn drinnen nachzufragen ob man mich wenigstens jetzt zum Schluss mit zu ihm lassen könnte. Doch als er mir sagte das ich Besuchsverbot habe und er mich nicht rein lassen darf verschlug es mir endgültig die Sprache. Ich habe zumindest gedacht das ich mich von ihm verabschieden kann, doch jetzt verwährte er mir auch das noch. Aber von wem ging dieses Verbot aus? Von seiner Mutter oder sogar von Andreas?. Ich weiß das beide geladen waren wegen meiner Wahl getrennte Wege gehen zu wollen. Ich konnte es nur akzeptieren, denn ich würde bei Andreas und genauso bei seiner Mutter auf Granit beißen, deswegen brauchte ich gar nicht erst versuchen einen der beiden umzustimmen,weil Andreas genauso stur sein kann wie Chris und ich weiß von wem die beiden das haben.

Die Zeit verging bis Dr. Fuchs wieder nach draußen kam. Er sah das ich in Gedanken war als er an mir vorbei lief.

17:30 Uhr

Ich blieb trotzdem dort stehen und hoffte immer noch mitzubekommen was in Chris Zimmer passierte. Da wusste ich aber noch nicht das ich das gleich schneller erfahren werde als mir lieb ist. Ich sah wie sich etwas tat und jemand ans Fenster kam. Es war   Andreas der die Schalousie hoch zog und zu mir meinte, ich sollte wenigstens dabei zusehen dürfen wenn bei Chris gleich alles abgestellt werden wird. Er weiß ganz genau das es mir gleich das Herz zerreißen wird, wenn ich Chris beim sterben zusehen muss und nicht zu ihm kann. Er hatte es grade in der Hand und strafte mich mit Verachtung und es tat wirklich weh. Mir liefen bereits die Tränen, denn die Vorstellung Chris gleich sterben sehen zu müssen ließ mir das Herz bluten. Ich hatte das Gefühl das Andreas genau das erreichen wollte.

17:50 Uhr

Doch Dr. Fuchs stand jetzt ein letztes Mal vor Chris seiner Tür. Er hatte Papiere in der Hand die er mit rein nahm und Marlene übergab. Sie musste es bestätigen das die Verfügung von Chris eingehalten wird und ausgeführt werden muss und das  dies nach Chris seinem eigenen Wunsch geschehen wird. Ich sah wie sie die Papiere mit Tränen in den Augen so gut es ging las und mit extrem zitternden Händen unterschrieb. Andreas stützte sie von hinten und ließ seine starken Hände auf ihren Schultern ruhen, während Antonia seine Hand hielt und nicht los ließ. Marlene konnte kaum noch den Stift halten den sie auch direkt nach der Unterschrift fallen ließ. Sie stand auf und lehnte sich weinend in Andreas Arme. Er musste sie richtig fest halten, denn sie war jetzt schon fix und fertig und dabei stand ihnen das schlimmste erst noch bevor. Andreas sah unbemerkt von seiner Mutter immer wieder auf Chris seine Werte, die sehr schwankten, was ihn sehr wunderte. Immer wieder schaute er im Wechsel zu den Monitoren und zum Himmel hinauf und bat um ein Wunder.

Aber ob wir ein Wunder erwarten können, werden wir alle in wenigen Minuten wissen wenn alle zusätzlichen Apparate die ihn am Leben halten abgestellt werden, wenn die Beatmungsschläuche gezogen werden und lebenserhaltene Medikamente abgesetzt werden.

Entweder er schafft es jetzt aus eigener Kraft oder er macht gleich seine letzten Atemzüge und das Herz bleibt stehen.

18:00 Uhr....

First LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt