112.Kapitel

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Melanie:

Die Fahrt im Krankentransport lief laut Andreas für Chris relativ ruhig. Im Krankenwagen war nicht genug Platz für uns alle, also blieb mir nur die einzigste Möglichkeit in Abstand hinterher zu fahren. Mir gingen die letzten Wochen während der Fahrt durch den Kopf. Die einseitigen, aber doch tiefgreifenden und oft emotionalen Gespräche mit Chris. Ich verstehe ihn neben seinem Bruder inzwischen mit am besten. Ich habe durch die für ihn oft schmerzhaften Behandlungen zu seinem Herzen und seiner Seele gefunden. Er ist privat ganz anders wie auf der Bühne. Er hat Herz und strahlt sehr viel Liebe und Herzlichkeit aus. Er ist aber auch tief und schwer getroffen was den Tod betrifft. Erst sein Vater und dann auch noch seine Frau durch den Unfall. Es soll nicht grausam erklingen, aber anderenfalls hätten wir uns garniert nicht aufeinander einlassen können, denn ich glaube nicht das er seine Frau für mich verlassen hätte, so wie er ihr immer noch hinterher trauert. Immerhin hat er mit ihr zwei Kinder.

Das könnte später vielleicht noch zu einem Problem werden. Louisa ist noch sehr klein, die wächst mit in die Beziehung zwischen Chris und mir, aber Fabienne hängt noch immer sehr an ihrer Mutter und wird mich nicht so leicht als neue Partnerin an Chris seiner Seite akzeptieren, aber kommt Zeit kommt Rat, da bin ich mir sicher.

Das war aber nicht das einzigste was mir im Kopf rumspukte. Andreas hatte Andeutungen gemacht die mich weiter nachdenken ließen und Erinnerungen wieder wach gerüttelt haben. Ich muss mich bald entscheiden was ich tue. Mein Geheimnis wäre bei Andreas erst mal sicher, bis ich es Chris irgendwann mal anvertrauen kann und er so weit sein wird. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre es zu viel für ihn, wenn er wüsste was mich schon so lange Jahre quält. Ich sollte es ihm sicher irgendwann auch sagen, denn es gibt nichts was er mehr hasst als Geheimnisse und Unehrlichkeit in der Beziehung. Für mich ist Christian der Mensch hinter der Maske und nicht der Kasper auf der Bühne, den er da vor seinen Fans gerne mal spielt. Ich bin froh das Andreas mir inzwischen bedingungslos vertraut, auch wenn ich nicht weiß was in ihn gefahren ist, das er plötzlich seine Meinung geändert hat. Er war wie verändert. Er beschützt Chris auf seine eigene Art, väterlich und liebevoll und irgendwie ist er mit ihm verbunden. Sie sind alle besondere Menschen, wie ich in letzter Zeit fest gestellt hatte.

Andreas ahnt etwas und ich weiß nicht wie lange ich es noch vor ihm verbergen kann. Ich möchte Chris nicht verlieren und wenn ich ihn noch halten möchte, werde ich wohl mit offenen Karten spielen müssen. Die Frage ist nur wann er mich danach fragen wird. Andreas ist wie ein Dedektiv. Wenn er ein Geheimnis wittert, ist er wie ein Bluthund, der Fährte aufgenommen hat und bleibt dran bis er weiß was er wissen möchte, um seine Familie zu beschützen. Er hat uns oft beobachtet und meine Gefühle gedeutet und das mehr wie ein mal, genauso wie bei Chris. Oft hat er es auch gar nicht mitbekommen das ich in mich still hinein leide, so wie Chris auch, nur das er mit anderen Problemen kämpft als ich es tue. Auf eine Art sind auch Chris und ich miteinander verbunden und teilen Gedanken und Gefühle und das ohne Worte. Seine Augen sagen so viel ohne es aussprechen zu müssen. Seine emphatische Ader ist enorm stark ausgeprägt und das ist anscheinend auch so bei mir. Wahrscheinlich passen wir genau deswegen so gut zusammen, egal ob ich ein Fan bin oder nicht.

Aber zurück zu meinem Schatz.

Das Chris für den Transport schlafend gelegt wurde wusste ich ja, aber es war trotzdem ein komischer Anblick als er rein gebracht wurde. Marlene wartete schon vollkommen aufgeregt auf uns, während sich Andreas erst mal um die sich inzwischen vor dem Tor angesammelten Fans kümmerte.

Ablenkung ist eben alles und das nicht nur in der Magie der beiden. Marlene hatte alles schon hergerichtet, so das er sich gleich wie zu Hause fühlen kann. Ich würde mich auch sofort wohl fühlen, denn ihre Herzlichkeit erfüllt jeden Raum hier. Es wird aber noch etwas dauern bis Chris wach werden wird. Man hatte ganz bewusst auf ein Gegenmittel zum aufwachen bei ihm verzichtet, damit er genug Ruhe bekommen kann, wenn er wach wird und er sich auf die Situation zu Hause einstellen kann. Es wird viel auf ihn zukommen die nächsten Tage worauf er sich vorbereiten muss. Heute wird man ihn noch in Ruhe lassen, aber schon morgen wird der neue Alltag auf ihn zukommen, denn ein zurück wird es für ihn nicht mehr geben. Eher beißt er sich auf die Zähne, als unfreiwillig wieder in die Klinik zurück zu müssen. Wir hoffen alle das unser Plan aufgeht und es ihm bald besser gehen wird.

Es sah aus wie ein mobiles Krankenzimmer, nur bei Andreas zu Hause. Er hat gerne alles unter Kontrolle und beschützt Chris seit dem Tod seines Vaters. Chris zeigt es zwar nicht, aber er ist sehr dankbar dafür nicht alleine sein zu müssen. Andreas hat mehr von seinem Vater als er glaubt und Chris weiß das ganz genau. Vielleicht öffnet er sich hier zu Hause eher.

Ich war in Gedanken als Chris vorsichtig meine Hand drückte. Er war langsam am wach werden, als er merkte das ich bei ihm war und er wahr nahm was um ihn rum schon so allerhand geschah. Toni kümmerte sich um seine Medikamente, Marlene brachte ihm was zu trinken und ich blieb bei ihm sitzen, damit er sich nicht aufregte, weil er etwas mit allem überfordert war. Morgen wird sein Arzt ihn das erste mal besuchen kommen, um zu schauen ob alles gut geklappt hat. Ich werde morgen auch mit seinen Übungen weiter machen, damit er nicht wieder steif wird und er weiter im Behandlungsplan bleibt. Außerdem verfällt er dann nicht wieder ins grübeln und denkt ans aufgeben. Ich würde ihm zu gerne mal näher kommen können, aber das wird noch lange dauern, bis er mobiler wird und er hoffentlich wieder laufen können wird. Die Chance ist nach der letzten OP zumindest gegeben, aber er muss dafür kämpfen und sich anstrengen.

Ein paar Stunden später kam Leben in das Haus. Die Kinder von Andreas kamen mit Ariane zurück und bemerkten sofort das hier heute etwas anders war als sonst. Aber nicht nur Andreas Kinder kamen nach Hause, sondern auch Fabienne und Louisa. Chris war plötzlich wie verändert. Während Ariane mit Louisa beschäftigt war sie umzuziehen und frisch zu wickeln bemerkte Fabienne sofort das ihr Papa da ist. Sie war kaum noch zu halten und rannte sofort auf sein Bett zu. Ihr war es egal ob sie noch Schuhe und Jacke an hatte und ob sie darin schwitzte. Sie kletterte wie ein kleines Äffchen auf das Bett und legte sich vorsichtig zu ihm in seine Arme. Mich rührte es zu Tränen wie sie sich an ihn schmiegte und sie sich freute das ihr Papa zu Hause ist. Auch Chris trieb es Freudentränen in die Augen, weil er seine Tochter vermisst hat. Für Louisa hatte er jedoch deutlich weniger Blicke übrig wie für Fabienne, denn seine Bindung zu Fabienne ist eine ganz andere wie die zu Louisa.

Wie ich noch mit meinen Gefühlen zu tun hatte, legte er mit langsamen Bewegungen und mit Mühe seinen Arm um sie und genoss diesen für ihn so sehr seltenen Moment. Inzwischen war auch Ariane in diese gefühlvolle Situation gestolpert und beobachtete das wortlos im Türrahmen mit der der kleinen auf dem Arm. Auch bei ihr schlichen sich ein paar Tränen davon. Ariane ließ das alles auf sich wirken und überlegte ob sie ihm Louisa dazu legen wollte.

Sie war sich nicht sicher ob sie es tun sollte oder nicht und sah uns allen in in der Runde in die Gesichter. Vor allem ganz besonders das Gesicht von Fabienne schreckte sie grade in diesem Moment ab als sie los laufen wollte. So etwas kannte sie bisher noch nicht von ihr. Also entschloss sie sich stehen zu bleiben und sich zu überlegen was diese abwertenden Blicke mir gegenüber zu bedeuten haben könnten. Immerhin ist sie ein Kind und noch dazu eins was ihre Mutter verloren hat und das nun die Angst hat, das man ihr auch noch den Vater wegnehmen könnte.

Ich bemerkte ihre Blicke nicht direkt, aber Arianes Gesichtszüge verrieten es mir was sie mir an negativer Energie entgegensetzte. Ich hatte sofort das Gefühl das es um mich herum kälter wurde im Raum, Chris und Fabienne jedoch eine enorme Wärme von sich abgaben, obwohl es eigentlich nicht zu warm hier drinnen war. Hier waren wieder andere Mächte am Werk, die man zwar nicht sah, aber deutlich spürte. Es fühlte sich an, als ob die Zeit grade stehen blieb und man eigentlich nur wollte das dieser Augenblick wieder vergehen würde.

Doch leider wird diese jetzige Situation nicht die einzige bleiben und darüber entscheiden ob Chris und ich unsere Liebe leben dürfen oder nicht und es wird sich zeigen, ob Chris Sandra frei gibt oder nicht und das ist der entscheidende Punkt ob er unserer Liebe eine Chance geben wird.

First LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt