176.Kapitel

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Chris:

Epilog:

Wie lässt man etwas revue passieren wenn einem das Herz daran hindert sich erinnern zu müssen. Was ist wenn man keine Antworten auf Fragen bekommt, wo man die Antworten eigentlich doch schon weiß und was ist wenn man einen großen Traum aufgeben muss, weil einem der Körper streikt. Ich weiß was es heißt zu kämpfen und immer wieder von Null neu zu starten. Es ist grausam wenn eine Katastrophe die nächste jagt und man kein Licht am Ende des Tunnels sieht, weil man die Hoffnung verliert das es jemals besser werden könnte.

Ich habe gelernt ganz kleine Schritte zu machen um überhaupt vorwärts zu kommen und mein Leben neu gestalten zu müssen, weil man nicht mehr mit seinen eigenen Füßen auf dem Boden stehen kann. Da weiß man erst wie wichtig Familie ist, die einen hält und nach Rückschlägen immer wieder auffängt, und ich hatte viele Rückschläge. Immer wieder schlechte Nachrichten, schlechte Presse und immer wieder die Ernüchterung das man nicht so kann wie man es doch eigentlich möchte.

Ich hab nicht nur einmal daran gedacht wie es wäre, wenn alles schnell vorbei gewesen wäre und wie es gewesen wäre, wenn man um mich hätte trauern müssen, weil ich den Unfall nicht überlebt hätte. Andreas macht sich auch heute noch Vorwürfe das er den Unfall nicht hatte verhindern können, weil er mich vor Showbeginn nicht zu Sandra gelassen hatte. Ich habe ihm das alles verziehen, denn ich lebe noch und er konnte nichts daran ändern. Er war meine größte Stütze und mein Spiegel. Ich hätte nichts ändern können. Sandra hatte ihre Meinung und hat nicht an mich und meine Treue geglaubt, da wäre es denke ich egal gewesen. Sie hätte sich nicht umstimmen lassen. Die Frage hatten sich alle gestellt, aber es sollte alles so sein, denn sonst wäre ich Melanie nie begegnet und ich hätte vielleicht alles anders durchlebt.

Ich hatte so oft Zweifel, ob ich je wieder aus dem Rollstuhl raus kann und ich hatte es schwer es zu akzeptieren das es so ist. Ich bin ein sehr selbstständiger Mensch der normal nicht unbedingt bei etwas Hilfe brauch, aber das fiel mir im Rolli besonders schwer Hilfe einzufordern, denn diese anhaltende Hilfebedürftigkeit machte mich am Anfang doch ziemlich fertig. Ich hab das wichtigste vor mir nicht gesehen. Andreas hat genauso mitgelitten und das tat mir immer so weh, das mit ansehen zu müssen, weil wir so eng verbunden sind. Das ist denke ich auch das Geheimnis unseres Erfolges. 

Es kann alles so schnell und unvorbereitet vorbei sein, und nur Gott selber weiß was er noch alles für mich geplant hat. Mein Vater ist immer in meinem Herzen. Das war er zu Lebzeiten und das ist er auch nach seinem Tod. Er hatte uns das Leben was wir heute führen dürfen überhaupt erst ermöglicht und das möchten wir nicht mehr missen, auch wenn es so manche Kehrseiten des Erfolges gibt. Ich hätte schwer behindert oder dauerhaft ein Pflegefall sein können, und auch dafür danke ich meinen vielen Schutzengeln von oben, das es nicht so ist. Ich hoffe sie machen nie Urlaub und beschützen Andreas genauso wie mich. 

Bisher hatten wir nie wirklich Angst, aber wenn man so etwas wie ich erlebt hat, sieht man das Leben schon als das höchste Gut überhaupt an, und durchdenkt vieles anders. Man sieht mehr Gefahren, mehr Risiken und plant dementsprechend vorsichtiger. Manchmal möchte ich die Zeit zurückdrehen um einiges anders zu machen, aber mein Vater hat mir gezeigt das ich auch dann nichts ändern kann, weil vergangenes vergangen ist und ich nur in der Zukunft etwas ändern kann. Das man sich nicht von der Zeit hetzen lässt und das man sich um seine Partnerschaft und seine Familie kümmern sollte, damit die Kinder ihren Vater auch mal zu Gesicht kriegen können. 

Das ist das Los von uns Künstlern und entweder der Partner steht dahinter und trägt das mit oder man wird ewig ein Einzelgänger sein. Aber niemand kann und möchte allein bleiben, denn jeder braucht einen Menschen, auf den man sich freuen kann wenn man nach einer Tour nach Hause zurück kommt. Jemanden der einen mit all seinen Macken liebt. Freud und Leid liegen oft beieinander und es liegt an jedem selbst was man daraus macht. Ich weiß nicht ob ich was anders gemacht hätte, wenn ich es gekonnt hätte, aber ich bin glücklich so wie es jetzt ist. 

Ich hab mein Einzelgängerimage ablegen können und darf die Fans wieder verzaubern, denn dafür lebe ich und mein Bruder auch. Der Unfall hat uns nur noch mehr zusammen geschweißt und wir passen jetzt gegenseitig noch mehr aufeinander auf, damit so etwas nicht noch mal passieren kann. Wir genießen jede Zeit die wir zusammen haben und helfen uns gegenseitig und unsere Kinder geben uns Recht das wir vieles richtig machen. Ich kann sie dank der vielen Ärzte die mit Erfolg um mein Leben gekämpft haben aufwachsen sehen. Ich war ihnen als Mensch wichtig und nicht als der Künstler. 

Ich fühle mich zwar manchmal wie ein Werkzeugkoffer wenn das Wetter umschlägt, aber ich kann da inzwischen gut mit umgehen und dem entsprechend reagieren. Mein Leben hat sich verändert und das werde ich mit meiner Familie auch genießen. Ich bin so froh meinen Traum weiter leben zu dürfen, auch wenn ich das Schicksal immer wieder heraus fordere. Wir haben beide so unsere Erfahrungen gemacht und werden immer wieder neu daraus lernen, das wir alle nicht unsterblich sind und unser Leben selber in der Hand haben. Aber auch Ärzte sind nicht unfehlbar und können alles reparieren. In meinem Fall hatte ich wirklich Glück auch denn es viel Zeit in Anspruch genommen hatte. Vieles konnte ich wieder hinbekommen, aber eben nicht alles. Wenn man sich in unserem Beruf von Angst leiten lässt, passieren Fehler und das hatte ich mehr wie deutlich zu spüren bekommen. Das war die Quittung für mich und eine Warnung für Andreas, der sein Leben auch mit umstellen musste, um mit mir weiter arbeiten zu können. Ich lasse ein unbeschwertes Leben hinter mir und starte ein neues mit Konsequenzen, aus dem Alten und alles andere lasse ich auf mich zukommen. Meine Kinder wachsen genauso wie ich da mit rein und unterstützen mich wo sie nur können. Mal sehen was noch alles auf mich zukommen wird.

Epilog Ende

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