Kapitel 64

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"Gib mir dein Handy", fordere ich Leon etwas unfreundlich auf als er nach dem Training auf mich zukommt. Am liebsten hätte ich schon vor einer halben Stunde, als ich hier ankam, etwas gesagt. Aber ich konnte mich gerade noch davon abhalten auf das Feld zu laufen. Ich muss ja keine riesige Szene für alle hinlegen.

"Das ist in der Kabine", meint Leon verwirrt und zieht seine Augenbrauen zusammen. Sein Arm streckt sich nach mir aus doch ich hebe abwehrend meine Hand. Ich will jetzt keinen Kuss von ihm.

"Dann hol es", fahre ich ihn etwas unfreundlich an. Kurz schaut er mich verwundert an, joggt dann aber tatsächlich los und steht kurz darauf mit seinem Handy in der Hand vor mir. Es ist bereits entsperrt und ich öffne sofort WhatsApp. Hastig scrolle ich seine Kontakte durch und habe immer noch die Hoffnung, dass einfach alles eine Lüge ist.

Seit gestern konnte ich an nichts anderes mehr denken. Meine Gedanken drehen sich bloß noch um Leon, diese Frau und das mögliche Kind der beiden.

Zu meiner Enttäuschung finde ich jedoch einen Kontakt. Isabella, die Frau von gestern. Auf ihrem Profilbild strahlt sie mit ihren perfekten weißen Zähnen in die Kamera und das bringt mein Blut nur noch mehr zum kochen. Ich überfliege einige Nachrichten. Es sind die, die ich auch gestern bei ihr lesen konnte.

"Wer ist das Leon?", frage ich auffordernd und drehe das Handy in seine Richtung. Er kneift etwas die Augen zusammen, will danach greifen, doch ich ziehe es zurück "Wer ist es?"

"Ich sehe doch überhaupt nicht wen du da hast. Die Sonne blendet", entgegnet er leicht gereizt. Genervt reißt er mir sein Handy aus der Hand, hält seine Hand etwas über den Display und schaut darauf.

"Das ist Isabella. Wir haben uns vor knapp vier Jahren auf einer Veranstaltung kennengelernt. Sie war ganz nett aber naja. Wir haben schon ewig keinen Kontakt mehr. Wieso?", erklärt er und seine Erklärung hört sich ganz anders an als die gestrige von ihr.

"Lief etwas mit ihr?", frage ich herausfordernd und verschränke meine Arme vor der Brust.

"Maddie, was geht bei dir ab? Was ist dein Problem?", entgegnet er und ich merke, dass Leon ebenfalls etwas wütend wird. Er mag es nicht mit Sachen konfrontiert zu werden oder nicht genau zu wissen worum es geht. Sein Handy verschwindet in der Hosentasche seiner Trainingshose und er zieht seine Augenbrauen angestrengt zusammen.

"Was mein Problem ist? Ich habe diese tolle Isabella getroffen und sie hat mir offen gelegt, dass ihr ein Kind haben sollt? Ich hab den Kleinen gesehen, Christoph, wie rührend. Genau wie der angebliche Vater", fahre ich ihn an und Leon schließt kurz seine Augen. Ich sehe wie er sich sammelt, nach den richtigen Worten sucht und dann wieder in meine Augen schaut.

"Was redest du denn da? Wir haben kein Kind. Wir waren nie zusammen und ich habe nie mit ihr geschlafen", meint er verwirrt "Ist das irgend ein Scherz oder so? Wenn ja, dann ist es nicht lustig"

"Es ist kein Scherz Leon. Er hat deine Augen und trägt deinen zweiten Vornamen. Sie ist wunderschön, wie hättest du nicht mit ihr schlafen können? Sie hatte Bilder auf denen ihr sehr vertraut aussaht und der Chat spricht für sich. Also lüg mich nicht an", meine ich und spüre die Verzweiflung in mir aufsteigen.

Wenn er wirklich ein Kind hat dann ändert sich alles. Ich will nicht, dass Leon mit einer anderen ein Kind hat. Ich will die Mutter seiner Kinder sein, nur ich.

"Maddie, wir fahren jetzt zu mir. Komm etwas runter und krieg einen klaren Kopf", meint er ernst, greift meinen Arm und zieht mich hinter sich her.

"Ich habe einen sehr klaren Kopf, danke", knurre ich sarkastisch "Sag mir doch einfach was zwischen euch war. Sag mir wieso du mir nichts erzählt hast. Wieso hast du gesagt es hätte nie jemand anderen gegeben wenn es offensichtlich eine Lüge war?"

Am Ende klinge ich mehr als bloß verzweifelt und spüre wie heiße Tränen in meinen Augen brennen. Ich will nicht, dass er eine Familie hat. Und ich will, dass er endlich die Wahrheit sagt.

"Mads, hör mir mal zu", grummelt Leon mit tiefer Stimme, bleibt stehen und hält auch noch meinen zweiten Arm fest. Er schaut mir tief in die Augen "Wir waren ein paar Monate befreundet, wir waren nie zusammen und haben uns nicht einmal geküsst. Sie war völlig uninteressant für mich in dieser Hinsicht. Wir haben kein Kind zusammen, das musst du mir glauben"

Er schaut mich abwartend an, scheint darauf zu warten, dass ich in irgendeiner Art und Weise auf ihn reagiere. Doch das kann ich nicht. Er versichert es mir zwar und ich sollte ihm glauben. Aber ich habe das Kind gesehen. Es sind Leons Augen und zeitlich würde es vermutlich auch gut passen. Es spricht so viel dafür. Ich bin eben eine misstrauische Person und das kann ich nicht einfach so ablegen.

"Wir fahren jetzt und klären das auf", beschließt mein Freund und zieht mich wieder hinter sich her. Bis wir in seiner Wohnung sind sage ich nichts mehr. Stattdessen kaue ich angestrengt auf meinen Fingernägeln herum und versuche meine ganzen Gedanken irgendwie zu sortieren. Ich bin verunsichert, mehr als das. Leon würde mich niemals anlügen aber wieso sollte diese Isabella mir so eine dreiste Lüge auftischen? Ich weiß einfach nicht was ich momentan glauben soll.

In der Wohnung drückt mich Leon auf die Couch und zieht sein Handy hervor. Ich sehe wie er Isabella anruft und tatsächlich nimmt sie kurz darauf ab. Sie kommt nicht einmal dazu etwas zu sagen, da platzen die Worte bereits aus Leon heraus.

"Isabella weshalb hast du Maddie erzählt wir hätten ein Kind? Das ist eine Lüge und das weißt du genauso gut wie ich. Wir waren befreundet und da lief nichts", beginnt Leon ziemlich unfreundlich das Gespräch. Ich sitze einfach nur neben ihm, habe eher automatisch eine Hand vor meinen Mund gelegt und warte gespannt auf eine Antwort.

"Leon, ich verstehe, dass du Maddie und eure Beziehung schützen willst. Aber sie sollte die Wahrheit kennen. Es ist wirklich unfair von dir, dass du ihr nichts erzählt hast", entgegnet Isabella und hört sich so sehr überzeugt an, dass es mir beinahe das Herz aus der Brust reißt.

"Was für eine Wahrheit? Wir waren nur Freunde, du warst bloß wenige Monate Teil meines Lebens. Hör auf hier irgendeine verrückte Story zu erschaffen", fährt Leon sein Handy unfreundlich an und schnaubt genervt auf.

"Wir waren drei Mal zusammen im Bett und das kannst du nicht bestreiten. Es waren immer Party Abende aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich von dir schwanger war. Ich habe es dir gesagt und du hast dich dazu entschieden Maddie nichts zu erzählen. Aber das ist falsch und das konnte ich so nicht im Raum stehen lassen"; erklärt Isabella und hört sich relativ entspannt an.

Mein Herz dagegen pocht wie wild in meiner Brust, mein Kopf dreht sich furchtbar und ich spüre wie die ersten Tränen in meinen Augen brennen.

"Wir wissen beide, dass es nicht so war. Aber wenn du unbedingt dieses Spiel spielen willst. Ich will einen Vaterschaftstest machen lassen, auf der Stelle", meint Leon entschlossen und die Frau am Handy stimmt ihm zu.

Danach legt er einfach auf und sein Handy findet Platz auf dem Tisch vor uns, bevor er sich mir zuwendet.

"Mads, ich bin nicht der Vater und dieser Test wird es beweisen. Ich habe keine Ahnung was Isabella da erzählt und wieso sie es tut aber sie lügt. Du musst mir vertrauen, wieso hätte ich dir so etwas wichtiges verschweigen sollen?", redet er sanft auf mich ein und fährt sich mit seinen Fingern durch die Haare. Hilflos zucke ich mit meinen Schultern. Ich weiß einfach nicht was ich glauben soll.

Sanft schließt mich Leon in seine Arme und als ich meinen Kopf gegen seine warme Brust lege kann ich es nicht mehr verhindern zu weinen. Dicke Tränen kullern über meine Wangen und ich schluchze leise auf.

"Es tut mir so leid. Ich weiß einfach nicht was ich glauben soll. Es tut mir leid, dass ich dir nicht einfach vertrauen kann", schluchze ich und es ist mehr als die Wahrheit. Ich fühle mich so grauenvoll. Leon ist mein Freund und er versichert mir, dass dieses Kind nicht von ihm ist. Wieso kann ich ihm dann nicht einfach glauben? Das ist doch verrückt.

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Roommates // Leon Goretzka FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt