Kapitel 105

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Am Morgen fühle ich mich nicht unbedingt gut. Der starke Alkohol Konsum gestern hängt mir wirklich in den Knochen. Was habe ich mir bloß dabei gedacht?

Natürlich kann es so momentan nicht weiter gehen. Ich komme mit meinen Gedanken und Gefühlen nicht klar, aber deswegen muss ich doch nicht alles im Alkohol ertrinken. Was habe ich getan? Ich zerstöre nicht nur unsere Familie, sondern auch mich selbst.

Seufzend setze ich mich auf, fahre mir mit meiner Hand durch die Haare und schaue mich verschlafen um. Ich bin alleine in unserem Schlafzimmer, überraschen tut es mich nicht. Ich bin so eine furchtbare Person. Es war klar, dass ich mich niemals wirklich ändern werde.

Keiner tut das je. Nach außen hin schon, aber tief in seinem Inneren wird man auf ewig diese eine Person bleibe. Die Person, die man schon immer ist oder die jemand anderes aus einem gemacht hat.

Ich sitze ein paar Minuten auf dem Bett und starre vor mich hin. Aufzustehen ist eigentlich keine Option für mich, aber mir bleibt ja doch nichts anderes über. Ich schlüpfe in eine lockere Jogginghose und einen großen Pullover, darin fühle ich mich gerade am wohlsten.

Unsicher gehe ich nach unten. Leon steht an der Küchenzeile, Taro auf seinem Arm, und rührt in einem Kaffee vor sich herum.

"Morgen", murmel ich leise und streiche eine Strähne hinter mein Ohr. Mir ist die ganze Situation verdammt unangenehm. Ich kann Leon nicht einmal anschauen. Seine Worte von gestern hallen die gesamte Zeit in meinem Kopf wieder, der Alkohol konnte diesen Zeitraum leider nicht mehr ausradieren.

"Guten Morgen, Mads. Auf was hast du Hunger?", erkundigt sich Leon, hebt seinen Kopf und lächelt mich sanft an. Er lässt den Löffel in Ruhe und legt seine zweite Hand auf Taros Rücken. Bei dem Anblick muss ich schwer schlucken. Ich bin eine schlechte Mutter, Taro hat mich nicht verdient und ich werde ihn ab sofort vermutlich sehr viel weniger sehen.

"Ich habe keinen Hunger, danke", entgegne ich leise und nehme mir aus dem Schrank ein Glas. Ich fülle es unter dem Wasserhahn und nehme zaghaft einen Schluck. Mir ist das alles so unfassbar unangenehm.

"Mads", spricht Leon meinen Namen aus und ich spüre wie er näher kommt. Sofort verspannt sich mein Körper, auch wenn ich das gar nicht wirklich will "Lass uns ganz in Ruhe über alles reden. Das gestern ist eskaliert. Wir wissen beide, dass ich es nicht so gemeint habe"

Ich drehe mich zu ihm um und plötzlich steht Leon bloß wenige Zentimeter von mir entfernt. Ich schaue Taro an, seine Hand greift nach mir und sanft lächeln halte ich einen meiner Finger hin.

"Leon, wir waren schon einmal an diesem Punkt. Das mit uns....... es funktioniert einfach nicht. Wir halten es für eine gewisse Zeit miteinander aus und dann zerbricht doch alles wieder. Das erste Mal war es ja noch okay, da wurden nur wir beide verletzt. Aber jetzt gibt es Taro und er wird auch verletzt. Wir sollten es einfach beenden, so lange wir noch halbwegs normal miteinander reden können", hauche ich mit schwacher Stimme und während ich das ausspreche wird mir ziemlich schwindelig.

"Das kann unmöglich dein Ernst sein. Ich mache eine Therapie, das gestern war ein Ausrutscher. Es ist einfach alles übergekocht, aber ich meinte es doch nicht so. Maddie, ich liebe dich und du bist das Beste was mir je passiert ist. Lass uns zusammen eine Therapie machen, eine Paartherapie. Lass uns daran arbeiten und dann weiß ich, bekommen wir das hin", fleht Leon nach einem kurzen ruhigen Moment.

Ich höre, dass seine Stimme zittert und traue mich überhaupt nicht aufzuschauen. Mal ganz davon abgesehen, dass ich gerade genug damit beschäftigt bin nicht auf der Stelle umzukippen.

"In spätestens zwei Jahren fallen wir wieder zurück in diese Muster. Willst du das Taro wirklich zumuten? Dass er ständig miterleben muss wie wir streiten, uns halbwegs vertragen, eine Therapie machen und dann wieder von vorne anfangen? Wir werden seine Ansicht auf die Liebe zerstören", stelle ich fest und ziehe meinen Finger aus Taros Hand.

Roommates // Leon Goretzka FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt