Kapitel 77

1.1K 42 4
                                    

Als ich am nächsten Morgen aufwache liege ich alleine im Bett. Ich setze mich auf, fahre mir durch die Haare und schaue mich im Zimmer um. Aber Leon ist nirgendwo zu sehen. Ich weiß nicht ob es an dem Urlaub liegt, an der Schwangerschaft oder irgendetwas anderem aber ich werde sehr unruhig wenn Leon nicht da ist.

"Goretzka?", rufe ich und schlage die Bettdecke zur Seite, bereit aufzustehen. Doch der Lockenkopf kommt genau in dem Moment in den Raum. Er sieht selbst noch etwas verschlafen aus aber auf seinen Lippen liegt ein Lächeln und in seinen Armen hält er ein Tablet.

"Guten Morgen", strahlt er mich an, stellt das Tablett mit unserem Frühstück auf dem Bett ab und setzt sich zu mir. Er beugt sich kurz vor um mir einen Kuss zu geben und fährt dann sanft mit seinen Fingern über meine Wange "Wie geht es dir?"

"Ganz gut, danke", versichere ich ihm. Seit ein paar Tagen hatte ich keine Morgenübelkeit mehr und es ist um ehrlich zu sein wirklich erleichternd. Leon reicht mir ein Glas mit Saft und dankend nehme ich es ihm ab. Wir setzen uns etwas bequemer hin und beginnen in Ruhe zu frühstücken.

Danach machen wir uns im Badezimmer fertig und gehen noch etwas am Strand entlang bevor wir uns auf den Weg zum Schnorcheln machen. Es ist etwas entfernt, aber da die Insel ja generell eher klein ist dauert es nicht lange. Wir bekommen eine kurze Einführung von den Leuten, die das Equipment vermieten und werden dann ausgestattet. Tauchschuhe, Brille, Schnorchel. Dann kann es los gehen.

Mit einem Boot werden wir ein kleines Stück raus gefahren und als es hält nimmt Leon kurz meine Hand, küsst sie und steigt dann hinein in das blaue Wasser. Bereits von hier oben kann man ein paar Fische sehen und ich setze mir die Brille auf, bevor ich mich ebenfalls in das Wasser gleiten lasse. Leon lächelt mir zu, nimmt den Schnorchel in den Mund und hält mir seine Hand entgegen.

Ich tue es ihm gleich und gemeinsam beginnen wir mit unserem Kopf unter Wasser durch die Gegend zu schwimmen. Es ist unglaublich, als wären wir in einer anderen Welt. Noch nie zuvor habe ich so viele verschiedene Fischarten gesehen, nicht einmal in irgendwelchen Aquarien. Und die ganzen bunten Korallen sind wirklich atemberaubend.

Wir schwimmen eine gefühlte Ewigkeit und irgendwann gibt mir Leon ein Zeichen kurz nach oben zu kommen. Wir tauchen beide mit unseren Köpfen auf und nehmen den Schnorchel aus dem Mund.

"Alles gut bei dir? Reicht dir das Atmen durch den Schnorchel noch aus?", erkundigt er sich besorgt und hält meine Hand fest in seiner.

"Hör auf dir so viele Sorgen zu machen. Ich bekomme genug Luft, ansonsten würde ich hier schon leblos rumtreiben", lache ich leicht und schenke ihm ein Lächeln. Es ist süß, dass er sich Sorgen macht aber die sind einfach völlig unbegründet.

"Ich mache mir doch bloß Sorgen um dich und unser Kind, falls du es schon vergessen haben solltest", schmollt er leicht und zieht mich etwas näher an dich heran.

"Ich weiß und das ist auch wirklich süß", lächel ich ihn an und gebe Leon einen sanften Kuss bevor ich wieder den Schnorchel in den Mund nehme.

Wir schnorcheln noch eine ganze Zeit bevor wir wieder zurück zum Boot schwimmen. Unter uns befindet sich ein Korallenriff und ich weiß nicht ob hier der beste Platz ist wieder ins Boot zu gehen. Die Korallen sind vergleichsweise nah an der Oberfläche aber ich denke mal die Leute hier kennen sich aus.

Leon lässt mir den Vortritt. Ich spüre wie ich eine der Korallen streife und fühle mich deswegen etwas schlecht, Korallen sind sowieso so gefährdet. Als ich meine Hände an die Stangen lege um mich etwas hochzuziehen berührt mein Fuß erneut eine Koralle, aber nur Millisekunden später zieht ein wahnsinniger Schmerz durch meinen Fuß.

Ich kann nicht anders als aufzuschreien und meine Arme werden etwas schwach, sodass ich zurück ins Wasser falle. Leon fängt mich auf.

"Mads, was ist los?", fragt er besorgt und leicht panisch. Ich beiße mir mächtig auf die Unterlippe, habe meine Augen zusammen gekniffen und würde am liebsten alles zusammen schreien. Furchtbare Schmerzen durchziehen meinen Fuß und strömen in meinen gesamten Körper aus. Gefühlt wird es von Sekunde zu Sekunde noch schlimmer.

"Sieht nach einem Steinfisch aus. Schnell, kommen sie aufs Boot", meint der Mann im Boot und streckt seine Hand aus. Leon hebt mich hoch und sorgt dafür, dass ich an Bord gehe. Tränen rennen über meine Wangen und ich habe das Gefühl meinen Verstand zu verlieren. Es sind schlimmere Schmerzen als ich jemals zuvor aushalten musste. Die Schmerzen sind überall.

Ich spüre Leon neben mir. Er versucht mir irgendwie zu helfen, aber er kann offenbar nichts tun. Als wir anlegen kommt eine weitere Person aufs Boot, mit einem Eimer. Mein Fuß wird hinein gehalten und nach einiger Zeit geht der Schmerz ein bisschen zurück. Das Wasser ist zwar verdammt heiß und tut weh, aber ist kein Vergleich zu den bisherigen Schmerzen.

"Mads, alles okay? Wie fühlst du dich?", fragt Leon besorgt und ich nehme ihn endlich wieder richtig war.

"Es tut weh Leon", schniefe ich und lasse mich gegen seine Brust sinken.

"Wir bringen sie ins Krankenhaus", meint einer der Angestellten ernst und der Mann nickt Leon kurz zu. Beide ziehen mich hoch und helfen mir von dem Boot zu gehen. Der Rest zieht irgendwie ein bisschen an mir vorbei. Wir sitzen irgendwann in einem Hubschrauber, da ich dort meinen Fuß nicht mehr belasten muss wird der Schmerz wieder etwas erträglicher.

Leon sitzt neben mir und hält ganz fest meine Hand. Sanft setzt er einen Kuss auf meine Schläfe und fährt mit seiner freien Hand über mein Haar.

"Es wird alles gut", murmelt er mir zu. Aber er schaut selbst so besorgt und ängstlich, dass ich ihm diese Worte nicht wirklich abnehmen kann.

Wir fliegen mit dem Hubschrauber auf die größte Insel der Gruppe, dort ist ein kleines Krankenhaus und scheinbar werden wir bereits erwartet. Ich bekomme etwas gegen die Schmerzen, sie untersuchen meinen Fuß und bringen mich in einem Zimmer unter.

"Wie lange muss ich hier bleiben?", frage ich die Ärztin und bete innerlich, dass es nicht lange dauern wird.

"Wir werden sie über Nacht hier behalten. Ein Steinfisch hat sie in den Fuß gestochen. Die Stacheln dieses Tieres enthalten ein hoch giftiges Toxin. Das heiße Wasser hat die Schmerzen bereits etwas lindern können und zusätzlich das Gift ausgebrannt. Es ist zwar ein sehr starkes Gift aber nicht hitzeresistent. Die Schwellung sollte in den nächsten Tagen zurück gehen. Sie werden sich vollkommen erholen", erklärt die Ärztin und lächelt mich aufmunternd an.

"Meine Freundin ist schwanger. Hat das Gift irgendwelche Auswirkungen darauf?", fragt Leon besorgt. Er sitzt auf dem Stuhl neben meinem Bett und hält meine Hand fest umklammert. Er hat mich nicht eine Sekunde lang alleine gelassen und ich bin ihm sehr dankbar dafür. Irgendwie war es doch sehr beängstigend.

"Machen Sie sich keine Sorgen. Der Stich wurde schnell genug behandelt. Es sollte keine Auswirkungen auf das Kind haben. Ruhen Sie sich jetzt etwas aus, Miss Götze", lächelt die Ärztin noch und verlässt dann den Raum.

Leon lässt einen Seufzer frei und legt seine Stirn auf das Bett. Sanft fahre ich mit meiner Hand durch sein Haar.

"Mach dir keine Sorgen. Sie hat doch gesagt, dass dem Kind nichts passieren wird", meine ich ruhig und langsam hebt er wieder seinen Kopf.

"Ich hatte so Angst um dich. Der Mann auf dem Boot meinte bloß die ganze Zeit es wäre ein Steinfisch aber woher soll ich bitte wissen was das ist? Du lagst am Boden, man hat gesehen, dass du unfassbar starke Schmerzen hattest. Du warst überhaupt nicht ansprechbar. Ich habe mich so nutzlos gefühlt", murmelt Leon und schaut mich mit traurigen Augen an.

"Jetzt ist es doch vorbei. Mach dir keine Sorgen", lächel ich sanft und fahre mit meinen Fingern über seine Wange. Ich bin zwar ziemlich auf Schmerzmittel und spüre sowieso nichts, aber trotzdem muss Leon etwas ruhiger werden.

"Soll ich jemanden anrufen? Schonmal einen früheren Flug buchen?", erkundigt er sich und verwirrt ziehe ich meine Augenbrauen zusammen.

"Weshalb einen früheren Flug? Heute Nacht bleibe ich hier und morgen setzen wir unseren Urlaub fort. Wir werden sicherlich nicht abbrechen. Informieren musst du auch niemanden. Ich werde schließlich nicht sterben", lächel ich sanft und hebe leicht abwartend eine Augenbraue. Seufzend nickt er und schließt für einen Moment seine Augen.

"Uns wird auch nichts gegönnt. Sogar im Urlaub passieren irgendwelche unschönen Sachen", stellt er fest und schaut mich wieder an. Ich kann nicht anders als ihn leicht anzuschmunzeln. Er hat Recht. Uns bleibt wirklich nichts erspart aber manchmal habe ich das Gefühl, dass uns gerade das noch mehr zusammen schweißt.

Ich habe keine Erfahrungen mit Steinfischen, darüber bin ich auch froh, aber denkt dran haha :)

Lasst gerne Feedback da <3

Roommates // Leon Goretzka FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt