Kapitel 65

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"Der Brief ist da", murmel ich als ich die Post von Leon durchschaue. Wie passend. Ich bin das Wochenende über in München. Genau wie Isabella, sie ist bereits etwas länger hier, in einem Hotel. Der Test wurde gemacht und seit einigen Tagen warten wir alle auf das Ergebnis.

"Schau rein. Dann siehst du endlich, dass ich die Wahrheit sage und kein Kind habe", meint Leon, trocknet seine Hände nach dem Abwasch ab und wendet sich mir zu. Die Stimmung ist etwas gekippt die letzten Tage. Ich verstehe, dass Leon sauer ist weil ich ihm nicht einfach Glauben schenke. Aber ich kann mich gegen die Zweifel leider nicht wehren.

Ich öffne den Briefumschlag, ziehe das Papier heraus und überfliege den Text. Es dauert nicht lange bis die Informationen in meinem Gehirn ankommen. Ich lasse den Brief senken, schaue sauer zu Leon auf und donner das Schreiben auf die Kücheninsel.

"Du sagst also die Wahrheit, ja? Du bist zu 99,9 Prozent der Vater. Also hör auf mich anzulügen", fahre ich Leon an. Die letzte Zeit habe ich kaum ein Wort über das Thema verloren. Ich wollte Leon glauben, ich wollte es unbedingt. Er hat mir versichert, dass niemals etwas mit Isabella war und ich wollte ihm vertrauen. Aber offensichtlich hat er mich angelogen, so ein Test lügt nicht.

Leon fährt zusammen, scheint offensichtlich verwirrt und greift hastig nach dem Brief. Seine Augen fliegen darüber. Ich drehe mich einfach weg, gehe in den Flur und ziehe mir Schuhe an. Ich kann und will nicht bei ihm sein. Nicht jetzt. Es macht mich so wütend, dass er mir die ganze Zeit mitten ins Gesicht gelogen hat wenn es doch sein Kind ist. Er hat diese dreiste Lüge einfach durchgezogen.

"Mads, das kann nicht sein", meint Leon schockiert und taucht ebenfalls im Flur auf. Ich höre, dass er den Brief in den Händen hält "Wo willst du hin?"

"Ich fahre zu Lina", entgegne ich kühl, werfe mir eine Jacke über und greife nach allem was ich brauche. Als ich die Wohnungstür öffne greift Leon nach meiner Hand und hält mich zurück.

"Mads, bitte. Ich schwöre dir es ist nicht mein Kind. Ich weiß nicht wieso der Test etwas anderes sagt, vielleicht ist da ein Fehler unterlaufen", beharrt Leon und schaut mich flehend an. Wie kann er immer noch weiter lügen? Er soll einfach die Wahrheit sagen, dann wäre alles etwas leichter und einfacher. Aber er macht es bloß kompliziert.

"Diese Test sind zuverlässig, das weißt du genauso gut wie ich. Denk noch einmal in Ruhe darüber nach und entscheide dann ob du mich weiterhin anlügen willst oder endlich mit der Wahrheit rausrückst", meine ich ernst, ziehe mein Handgelenk zurück und verlasse seine Wohnung. Er soll aufhören mich anzulügen, das macht alles bloß noch schlimmer. Auf dem Weg in die Tiefgarage kämpfe ich mit aller Macht gegen die heißen Tränen an.

Auf der Fahrt zu Lina muss ich alles geben um möglichst konzentriert zu bleiben. Meine Gedanken schweifen immer wieder ab und das ist im Straßenverkehr alles andere als gut. Um ehrlich zu sein bin ich durch aus etwas erleichtert als ich auf den Hof von Familie Kimmich fahre. Hoffentlich ist Lina zuhause.

Ich steige aus, gehe zur Haustür herüber und klingel. Tatsächlich öffnet Lina kurz darauf die Tür und lächelt mich an.

"Zum Glück bist du da. Können wir reden?", bitte ich und schaue sie flehend an.

"Ja natürlich. Komm rein", meint sie ernst, scheint gesehen zu haben wie wichtig es ist und lässt mich eintreten. Kurz bedanke ich mich. Wir setzen uns in den Garten und ich beginne ihr alles zu erzählen. Ich schütte ihr regelrecht mein Herz aus. Vor ein paar Jahren wäre das völlig unvorstellbar gewesen aber jetzt gerade bin ich froh, dass Lina für mich da ist.

"Das hört sich wirklich heftig an. Aber ich meine wir alle kennen Leon. Er ist ein sehr aufrichtiger Mensch. Du hast ihm so sehr gefehlt nachdem du weg warst. Wieso sollte er das alles aufs Spiels setzen?", fragt Lina leicht verwirrt. Sie hat die ganze Zeit über sehr aufmerksam zugehört und mich nicht einmal unterbrochen.

"Ich weiß es nicht. Glaub mir, ich wünschte mir es wäre alles ein ganz großes Missverständnis aber der Test ist eindeutig positiv und wir beide wissen, dass die Ergebnisse wirklich zuverlässig sind", seufze ich. Auch Lina seufzt leise auf.

"Da hast du schon Recht. Ich habe, glaube ich, noch nie von einem Fall gehört wo das Ergebnis falsch war. Aber ich kann es mir bei Leon einfach nicht vorstellen", murmelt sie nachdenklich und zieht angestrengt ihre Augenbrauen zusammen.

"Ich mir doch auch nicht. Ich wollte ihm doch glauben, das wollte ich wirklich. Aber jetzt, wo das Testergebnis da ist, kann ich das nicht mehr. Das Kind hat seine Augen", meine ich bedrückt "Es war alles so schön. Dann verkrache ich mich mit Fabian und jetzt auch noch das"

Ich raufe mir die Haare und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen um etwas durchzuatmen und runter zu kommen. Diese ganzen Gedanken in meinem Kopf bringen mich noch um.

"Ich würde dir so gerne helfen Maddie. Wenn ich oder Jo irgendetwas für dich tun können, dann sag einfach Bescheid", bietet Lina an und ich spüre ihre Hand auf meinem Knie. Ich hebe wieder meinen Kopf, schaue sie an und werfe ihr ein dankendes Lächeln zu. Kurz nickt sie und zieht ihre Hand wieder zurück.

"Möchtest du heute hier übernachten? Unser Gästezimmer ist immer frei für dich", fragt sie und schaut mich abwartend an.

"Danke aber ich denke ich übernachte bei Leon. Morgen fahre ich sowieso zurück nach Hamburg und wer weiß wann wir uns das nächste Mal sehen werden. Außerdem müssen wir darüber reden, wie es jetzt weiter geht und alles", murmel ich und werfe ihr ein leicht gezwungenes Lächeln zu.

"Meinst du, du kommst damit zurecht?", fragt Lina und hebt die kleine Maddie auf ihren Schoß, die gerade angelaufen kommt. Ich werfe dem Mädchen ein Lächeln zu und wende mich wieder ihrer Mutter zu.

"Ich weiß nicht. Eigentlich wollte ich immer eine Familie mit Leon und plötzlich hat er schon eine. Der Gedanke, Stiefmutter zu sein ist irgendwie wahnsinnig fremd. Ich weiß nicht, ob mir das gefällt und ob ich dieses Kind jemals mögen kann", teile ich meine Gedanken mit meiner Freundin.

"Das wird schon. Ihr kriegt das hin, da bin ich mir sicher", versucht Lina mich aufzumuntern und gerade bin ich wirklich dankbar sie als meine Freundin zu haben.

Wenn ich in München war haben wir oft etwas mit Jo und Lina gemacht. Ich habe die beiden wirklich gerne und ihre Kinder sind auch wahnsinnig süß. Da kann man nichts anderes sagen. Es ist schön nicht nur in München wegen Leon zu sein. Und Freunde zu haben ist mal eine ganz nette Abwechslung.

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Hätte jemand Interesse an einer Lesenacht? Vielleicht dieses Wochenende?

Roommates // Leon Goretzka FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt