Kapitel 80

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„Wir hatten alle eine Menge Spaß heute, begonnen mit dem Geweih im Schlafsaal bis hin zum Stuhl-Kleber in Slughorns Klassenraum, doch nun ist mit diesen kindischen, heimlichen Streichen unter uns vier Schluss.", begann James mit großen Gesten und wallender Stimme. „Ich habe nichts gema-", begann Remus, wurde jedoch von James unterbrochen. „Damit ist nun Schluss, denn wir tragen diese kindischen Streiche nicht mehr heimlich aus! Ab jetzt werden wir eine Woche lang einen Streich-Krieg unter uns austragen, alles ist erlaubt – wir werden unsere Nächte zur Hölle machen und die Tage noch schlimmer. Wer am Ende die besten und meisten Streiche ausgetragen hat, gewinnt! Vier gegen vier – alle gegen alle.", verkündete er nun und setzte sich endlich zu den anderen an den Tisch. „Also ich bin dabei!", grinste Sirius und nickte aufgeregt. „Und ich erst!", rief Peter und rieb sich die Hände. „Ihr habt keine Chance.", winkte Remus die anderen ab und sofort stürzten sie sich in ihre Pläne.

Während Sirius nach dem Mittagessen zum Schlosshof ging, um sich mit Lydia zu treffen, verzogen sich die restlichen Rumtreiber in je eine Ecke des Gemeinschaftsraums, wo sie damit begannen, ihre Streiche zu planen. James schrieb alles, was ihm einfiel auf ein großes Blatt Pergament, seine Gedanken überschlugen sich mit genialen Einfällen. Mit jeder Idee, die ihn überkam wurde er aufgeregter und zappeliger.

Unterdessen zitterten Sirius Hände wie selten zuvor. Er sah Lydia bereits draußen stehen, sie trug etwas anderes als am Morgen, ob sie sich umgezogen hatte?
„Lydia!", sagte Sirius und winkte ihr zu. Sie schien noch immer so nervös wie am Morgen. Sie versuchte sich durch tiefe Atemzüge zu beruhigen, ging auf ihn zu und umarmte ihn unbeholfen. „Deine Haare sehen wirklich gut aus so!", lächelte sie. Er griff sich grinsend ins Haar und dachte augenblicklich an Remus, der dasselbe gesagt hatte. „Danke, ich hatte überlegt sie zu schneiden, aber – naja.", sagte er schnell. „Ich mag dein Kleid!", sagte er und bemerkte ihr nervöses Kichern. „Wollen wir nicht reingehen? Es ist ziemlich kalt hier draußen.", schlug Sirius vor und gemeinsam gingen sie zurück ins Schloss.

Sie setzten sich in die große Halle vor ein Schachbrett und begannen eine Partie. „Du bist wirklich gut!", gab er nach ein paar Zügen zu. „Danke. Meine Mutter hat mir das beigebracht.", antwortete sie konzentriert. Sirius nickte interessiert und schnell wurde das Schachspiel zur Nebensache. „Damals ist meine Mutter jeden Winter mit uns zum höchsten Berg unserer Nachbarschaft gefahren und mit uns gerodelt.", erzählte Lydia. „Jetzt nicht mehr?", fragte Sirius. „Ich bin die Jüngste unter meinen Geschwistern. So schön es auch war, meine Schwestern haben leider keine Lust mehr zu rodeln.", antwortete sie. Mit einem Zug beendete sie das Schachspiel und stand auf. „Ich fand es wirklich schön, aber wir haben beide noch Hausaufgaben auf.", sagte sie. Er nickte wieder und ging mit ihr aus der großen Halle.
An der Treppe trennten sich ihre Wege. „Vielleicht können wir uns wieder einmal treffen!", schlug sie vor und hielt die Luft an. „Sicher, gerne!", versprach er und bevor er sich versah, spürte er ihre Lippen auf seinen. Völlig überfordert legte er seine Hand auf ihren Rücken und schloss die Augen.

Ohne noch ein Wort zu sagen, drehte sie sich weg und verschwand Richtung Hufflepuff-Gemeinschaftsraum. Sirius blieb verwirrt zurück. Langsam machte er sich auf den Weg zu seinen Freunden.

Im Gemeinschaftsraum wurde er mit einem Streich begrüßt: Sobald er den Raum betrat, verschwand seine Stimme, er brachte kein Wort über seine Lippen. Wild gestikulierend ordnete er seinen Freunden an, den Zauber zu heben, doch diese waren zu beschäftigt damit, ihn auszulachen. James hielt sich den Bauch, als Sirius vor Anstrengung rot im Gesicht wurde. Er versuchte zu schreien, doch nichts schien seine Stimme zurückzubringen. „Der geht offiziell auf Remus Konto.", johlte Peter, der sich noch immer nicht einkriegte. Remus lachte am lautesten über den stummen Sirius, der noch immer wild mit den Armen fuchtelte und ein immer röteres Gesicht bekam.

Endlich hob Remus den Zauber und Sirius, der dies nicht so plötzlich erwartet hatte, schrie laut: „Sie hat mich geküsst!" durch den ganzen Gemeinschaftsraum. Mit einem Mal schauten alle Anwesenden zu ihm. „Bei Merlin -", stieß Peter aus. Sie gingen in eine Ecke, um genaueres in Erfahrung zu bringen. „Was genau ist passiert?", fragte James schockiert und Sirius begann, sein Treffen mit Lydia in jeder Einzelheit zu erzählen. Als er fertig war, schaute er in drei ungläubige Gesichter. „Sie hat dich einfach so...", begann James.
„...Geküsst?", beendete Peter den Satz. Sirius nickte knapp und atmete tief durch. Er konnte es selbst nicht glauben: Einfach so jemanden zu küssen? Das war nicht gerade etwas, das man nach Einem – zugegeben einem langen – Gespräch erwarten würde, dachte Sirius.

Endlich stand James auf und ging schweigend zum Schlafsaal. „Vielleicht solltest du mit ihr darüber reden. Fandest du es denn unangenehm?", fragte Remus ruhig. „Ich – ich weiß nicht. Vielleicht nicht gerade angenehm.", antwortete Sirius und lehnte seinen Kopf an Remus Schulter. Nach kurzer Zeit kam James die Treppen herunter und warf Sirius seine Quidditch-Uniform an den Kopf. „Verrückter Tag, wohl wahr. Das ändert aber nichts daran, dass wir Training haben, verstanden?", verkündete James und sah zu Lily und Alice hinüber, die bereits aus dem Gemeinschaftsraum gingen. „Nächste Woche ist das Spiel gegen die Slytherins, da wollen wir in top Form sein!", befahl er und zog Sirius hinter sich aus dem Gemeinschaftsraum.

Charlotte schien strenger als sonst zu sein, obwohl sie sich sehr darüber freute, ihr Team – und besonders James und Sirius – wieder so vereint zu sehen. „Genau diesen Einsatz will ich nächste Woche sehen, verstanden? Keine Streiche, die euch Nachsitzen einfangen und kein Hausaufgaben-vergessen bis dahin. Ich brauche euch, genauso, wie ihr jetzt seid!", erklärte Charlotte, als sie das Training beendete. Die Spieler und Spielerinnen nickten zustimmend und machten sich auf den Weg zu den Umkleiden. „Endlich wieder ein Spiel! Das brauche ich jetzt!", verkündete Sirius laut, als er seine Quidditch-Uniform ablegte. „Und ich erst!", strahlte James. „Wir müssen uns, trotz unseres Streich-Kriegs, an das halten, was Charlotte gesagt hat.", gab James zu bedenken.

Sirius Gedanken an Lydia schienen wie weggeblasen, erst als er sie nach dem Training im Korridor antraf, schoss ihm der Kuss wieder in den Kopf. Seine Hände waren kalt und zitterten etwas, daher zupfte er schnell an seinem Hosenbein. „Hey, Sirius!", sagte sie und kam schnell auf ihn zu. „Lydia!", lächelte er freundlich. „Ich habe einen Teil vom Training gesehen, du warst wirklich gut!", erzählte sie beiläufig. Er zögerte. Sollte er sie auf den Kuss ansprechen? Wenn er es täte und herauskäme, dass sie nicht auf einer Wellenlänge sind, was hieße das dann? „Ich muss dich etwas fragen.", sagte er langsam und sanft. „Was hat dir der Kuss vorhin bedeutet?" Sein Hals wurde trocken und ihm blieb die Luft weg.

„Ich weiß nicht – vielleicht willst du mit mir gehen?", fragte sie unbeholfen. „Ich habe mich gerade erst von Malia getrennt und selbst wenn – wir kennen uns doch kaum!", überlegte er und schaute in ihre traurigen Augen. Er bemerkte, wie Tränen sich ihren Weg in ihre wässrigen, großen Augen bahnten. „Hey – hey, nicht weinen!", sagte er und nahm Lydia in den Arm. „Ich fühle mich nur so unheimlich dämlich! Ich habe keine Ahnung, wie Beziehungen funktionieren! Es ist nur so – alle in unserem Jahrgang mögen dich! Ich wollte ihnen nur beweisen, dass ich auch so etwas kann.", schluchzte sie und obwohl Sirius nur die Hälfte von dem verstand, was sie sagte, gab er sein Bestes, sie zu beruhigen. „Du wirst sicher jemanden finden, Lydia!", sagte er immer wieder. Nachdem sie sich beruhigt hatte, konnte er endlich in den Gemeinschaftsraum gehen.

„Sirius Black!", rief Marlene empört, als er den großen Raum betrat. „Was muss ich da hören? Kaum bist du von Malia getrennt schon küsst du jedes X-Beliebige Mädchen im Schloss?", fuhr sie fort. „So war es nicht!", verteidigte er sich. „Und woher weißt du davon?", fügte er skeptisch hinzu. „Wer weiß bitteschön nicht davon? Das ist ein kleines Schloss, Sirius, ein kleines Schloss.", sagte sie und drehte sich weg. „Diesmal waren wir es wirklich nicht!", sagte Peter sofort und hob die Hände. Sirius seufzte. „Kann man nicht eine Woche Ruhe haben?", fragte er mehr sich selbst, als eine andere Person, bevor er sich in den Sessel fallen ließ. James tätschelte ihm aufmunternd die Schulter.

Innerhalb eines halben Tages hatte sich bereits herumgesprochen, dass Sirius ein Mädchen geküsst hatte, obwohl er sich erst vor kurzem von Malia getrennt hatte – wo sollte das nur hinführen?

Die Rumtreiber - die ganze GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt