Kapitel 122 - Das erste Date

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„Was muss ich da hören, Kumpel?", grinste James und schmiss sich zu Sirius auf das Sofa vorm Kamin. „Was genau meinst du?", fragte er verwirrt und legte die Zeitung beiseite. „McKinnon und du scheint euch auf der Party gut amüsiert zu haben!", säuselte er und sofort hörten Peter und Remus genauer hin. „Wovon redest du? Ich war doch kaum auf der Party!", verteidigte er sich. „Deswegen! Marlene ist auch so unfassbar früh gegangen und Babara hat erzählt, dass sie euch beide im Korridor gesehen hat!", erzählte James. „Wobei gesehen?!", fragte Sirius schockiert. „Wir haben nur geredet!", erklärte er. „Babara meinte, ihr wart euch sehr nah. Ich meine – wir haben es doch alle kommen sehen, oder?", fragte James und Peter nickte heftig. „Ich dachte schon in der ersten Klasse, dass ihr beide zusammenkommt!", schmunzelte er. „Gib's schon zu! Du bist in sie verliebt!" „Nein! Auf keinen Fall!", wehrte Sirius heftig ab und warf einen Blick auf Remus, der sich zurückzuhalten schien. Als sich ihre Blicke trafen lag so viel Schuld und Sorge zwischen ihnen.

Sirius spürte, dass sich irgendetwas zwischen ihnen verändert hatte. Es war nicht mehr leicht, locker und freundschaftlich. Irgendetwas lag in der Luft. Seine Gedanken kreisten ständig um Remus und wie es ihm wohl gehen würde. Er genoss die Momente mit Remus auf eine andere Art als mit dem Rest seiner Freunde. Als er müde in seinem Bett lag, seufzte er schwer.
James und Remus schlichen durch die Kerker wegen einer Wette, die die beiden abgeschlossen hatten und Peter schlief bereits tief und fest. Vielleicht sollte ich mich einfach von ihm fernhalten, dachte Sirius. Nur wie? Sie teilten einen Schlafsaal, im Unterricht saß er meistens neben Remus und schließlich war er einer seiner besten Freunde! Ich kann nicht zulassen, ihn auf diese Art und Weise zu mögen. Das wird nur unsere Freundschaft zerstören! Unruhig wälzte er sich im Bett hin und her. Ich bin nicht schwul. Ich bin nicht schwul. Er dachte an die Tanzstunden im letzten Jahr. Noch nie zuvor hatte er dieses Gefühl gehabt. Er dachte an das Wiedersehen nach den Winterferien. Was würden Mutter und Vater nur sagen? Er dachte an den Morgen im Krankenflügel nach dem letzten Vollmond. Was würden die anderen sagen? Er wäre das Gesprächsthema der Schule. Der Weihnachtsball schoss ihm in den Kopf. Das enge Tanzen mit Remus. Was würde James sagen? Würde er es verstehen? Sein Blick richtete sich auf die Pflanze neben seinem Bett, die er von Remus bekommen hatte. Ich bin Gryffindors Hure. Niemals würde er mit jemandem wie mir zusammen sein. Er griff sich in die Haare und zog fest an ihnen, als würde das seine Verwirrung irgendwie auflösen.

Sirius seufzte und wälzte sich in seinem Bett. Vielleicht ist es wirklich einfacher, wenn ich mit einem Mädchen zusammenkomme. Das wird die Leute genug verwirren. Ich. Bin. Nicht. Schwul.

Sirius reagierte nicht, als James und Remus in den Schlafsaal schlichen, obwohl er durchaus wach war. Er hätte sowieso nicht gewusst, was er sagen sollte. Es dauerte nicht lang, bis wieder Ruhe eingekehrt war, doch obwohl es so still war, lag einer der Jungen die halbe Nacht lang wach. Seine Gedanken kreisten unaufhaltsam.

Als James am nächsten Morgen in Professor McGonagalls Verwandlungsunterricht die Tintenfässchen seiner Mitschüler zum Explodieren brachte, um den Unterricht etwas aufzumischen, wurde die strenge Lehrerin noch strenger als sonst. „Potter!  Black! Nachsitzen!", rief sie wütend und starrte ihre Schüler wütend vom anderen Ende des Raumes an. „Diesmal habe ich aber wirklich nichts gemacht!", verteidigte Sirius sich unbeholfen und schaute sie beleidigt an. „Sie mussten mindestens drei Tage lang nicht Nachsitzen, das heißt, dass Sie etwas angestellt haben, ohne, dass ich es mitbekommen habe!", antwortete sie und einige Schülerinnen und Schüler kicherten. „Ergibt Sinn.", gab Sirius zu und akzeptierte sein Schicksal.

Als sie später zu zweit in Professor McGonagalls Büro saßen, suchte Sirius leise das Gespräch. „Denkst du wirklich, dass Marlene mich mag?", fragte er, ohne James anzusehen. „Ich wusste es! Du stehst auf sie! Natürlich mag sie dich, Kumpel. Jedes Mädchen im Schloss liegt dir zu Füßen!", grinste er und klopfte auf seinen Rücken. Sirius verkrampfte die Schultern. „Ich weiß nicht, ob ich sie mag. Vielleicht.", stammelte er und kratzte sich am Hals. „Natürlich magst du sie! Gib dir einen Ruck, ihr beide gehört zusammen!", lächelte James aufmunternd. Er wollte Sirius nur glücklich sehen und wie er es mitbekam, war Marlene sein Traummädchen.

Sirius nahm sich also fest vor, Marlene nach einem Date zu fragen und am nächsten Tag bot sich sogleich die Gelegenheit. Marlene saß mit Lily und Dorcas draußen auf einer Bank, die drei schienen die Sonne zu genießen, als Sirius auf sie zukam. „Hey, Marlene!", sagte Sirius und stellte sich vor sie. „Du stehst mir in der Sonne, Black.", lächelte Marlene frech und schaute zu Sirius. „Ich – können wir kurz reden?", fragte er und sie nickte verwirrt. Mit einem Achselzucken zu Dorcas und Lily folgte sie ihm ein paar Schritte weiter.

Sowohl Lily als auch Dorcas schienen wenig begeistert zu sein, dass die beiden gemeinsam verschwanden. Sie warfen skeptische Blicke zu ihnen hinüber und ließen sie nicht eine Sekunde lang aus den Augen.

„Was gibt es denn so Geheimnisvolles, was du nicht vor den anderen besprechen wolltest?", grinste Marlene und lehnte sich lässig gegen eine Wand. „Ich wollte dich nur fragen, ob du am Wochenende mit mir nach Hogsmeade gehen möchtest?", fragte er schüchtern und kratzte sich dabei den Hals. „Na klar, wir gehen doch immer alle zusammen nach Hogsmeade!", antwortete sie. „Nein – ich -", begann er und holte tief Luft. „Ich meinte wie bei einem ... Date.", sagte er und schluckte schwer. Es fühlte sich nicht richtig an, doch nun war es zu spät. Sie würde zustimmen und sie würden einen wunderbaren Tag in Hogsmeade verbringen, dachte er.

Doch nicht nur Sirius Gedanken und Gefühle schlugen Purzelbäume. Marlene stand mindestens genauso planlos vor ihm, wie er vor ihr. Natürlich hatte sie schon des Öfteren darüber nachgedacht, was zwischen Sirius und ihr sein könnte – schließlich waren sie seit der ersten Klasse befreundet und damals dachte sie für eine kurze Zeit, Gefühle für ihn zu haben. „Ich – ich -", stotterte sie. Sie konnte und wollte Sirius nicht so einfach in der Luft hängen lassen.

Niemals hätte sie sich träumen lassen, dass er sie nach einem Date fragt! Dafür war ihre Freundschaft zu tief, dachte sie. „Klar.", lächelte sie halbherzig und bereute es in derselben Sekunde. Auch sie fand zurzeit allerlei Neues über sich heraus, doch konnte sie ihre Gefühle ebenso wenig einordnen wie Sirius – in einer anderen Welt würden sie sich vielleicht guttun.

Die Rumtreiber - die ganze GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt