Kapitel 127 - Heuchler

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Lily hüpfte die Wiese hinab zu Severus, der mit einigen seiner Slytherin-Freunde am See stand. „Sev!", rief sie und winkte ihm zu. Die Jungen begannen zu tuscheln. Sie blieb einen Moment lang stehen und ging dann mit fragendem Blick den Rest des Weges hinab. „Worum ging es?", fragte sie Severus, während die anderen zurück zum Schloss gingen. „Ist nicht wichtig.", winkte er sie ab. Lily blieb stehen und schaute ihn nun böse an. „Ich will wissen, worum es ging.", beharrte sie und Severus trippelte nervös von einem Fuß auf den anderen. „Mulciber hat nur einen wirklich schlechten Witz gemacht.", brachte er schüchtern hervor und warf sich das lange Haar aus dem Gesicht.

Lily seufzte. Sie wusste, dass Severus nicht mehr derselbe war, wie noch vor wenigen Jahren. Sie hatten sich beide sehr verändert. Lily verbrachte immer mehr Zeit mit Remus, während Severus sich an Mulciber zu hängen schien. „Ich dachte, du magst diesen fiesen Kerl nicht einmal.", überlegte sie und kratzte sich am Hals. Severus wusste nicht, was er sagen sollte.

Sie hatte schon recht, noch am Anfang des Schuljahres hatte er sich heftig über Mulciber beschwert und all die Aussagen, die er über Muggelgeborene traf. Mittlerweile hatte Severus sich allerdings an seine Art gewöhnt, er hatte sich ihm sogar angepasst. „Und ich dachte, du magst Potter nicht.", schmunzelte er, um die Stimmung ein wenig aufzulockern, doch Lilys Miene verhärtete sich bloß. „Das ist nicht dasselbe. Potter ist ein Idiot und Tyrann, aber Mulciber? Du hast mir erzählt, was er von Zauberern und Hexen wie mir hält.", sagte sie bestimmt. „Ich will nur nicht, dass sie dich irgendwie verändern.", sagte sie und machte einige Schritte auf Severus zu. „Was denkst du eigentlich, wie leicht ich zu beeinflussen bin? Mulciber hat auch seine guten und witzigen Seiten. Ich habe dir nur nicht erzählt, dass wir uns verstehen, weil ich wusste, wie du reagieren würdest!", sagte er. „Welche guten Seiten sind denn an Mulciber? Sein Hass auf Muggelgeborene? Er will Hexen wie mich aus der Zaubererwelt verbannen!", sagte sie mit Nachdruck. Sein Gesicht verkrampfte sich. Wortlos ging er davon und ließ sie allein am See zurück. Sie trat einen Stein ins Wasser. Natürlich ging es nicht spurlos an ihr vorbei, dass Severus sich so an diese Kerle hängte.

Etwa eine Stunde später kam Severus ihr im Korridor entgegen. „Was ist passiert?", fragte sie besorgt, als sie den Gestank wahrnahm, der ihm folgte. „Frag doch deinen neuen besten Freund, Black! Ich dachte die Stinkbomben hätten wir in der dritten Klasse zurückgelassen.", keifte er und lief an ihr vorbei. Lily kochte vor Wut. Sie rannte los und fing Sirius auf seinem Weg zur Eulerei ab.
„Black!", schrie sie. Sirius schreckte bei der schrillen Stimme auf. Lily stampfte auf ihn zu, Tränen bahnten sich ihren Weg über ihre Wangen. „Hast du eine Stinkbombe auf Severus geworfen?", fragte sie scharf. Sirius Grinsen sagte alles. Lily seufzte enttäuscht. Sie dachte, er wäre reifer geworden. „Warum kümmert es dich?" „Er ist mein Freund!" „Ist er das?" Die Viertklässlerin schaffte es nicht, zu antworten.

„Sieh es ein, Evans.", sagte Sirius sanft und kam auf sie zu. „Er verbringt seine Zeit mit schlimmen Menschen. Mit wirklich schlimmen Menschen. Mulciber, Avery, Macnair..." „Ich weiß.", flüsterte Lily. „Aber ... er ist immer noch mein Freund."

„Lily.", sagte Sirius nun deutlicher. „Wir stehen vor einem Krieg und Severus wird sicher nicht die richtige Seite wählen!" Sie zuckte zusammen. „Das kannst du nicht wissen!", sagte sie und schluckte schwer. Sie fühlte sich wie gelähmt. „Er – er ist nur -", begann sie, schaffte es jedoch nicht, den Satz zu vollenden. „Nur was? Was ist diesmal deine Entschuldigung für ihn?" In seiner Stimme lag Vorwurf und Enttäuschung. „Du kannst nicht anders, als ihn zu schützen.", fuhr er fort. „Du kannst nicht anders." Er drehte sich um und wollte gehen. Er blieb stehen, als er erneut ihre Stimme hörte.

„Du bist ein Heuchler!" Er wirbelte herum, seine Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Was ist mit Regulus?" Ihre Worte schnitten durch die Luft wie ein Messer. Sirius starrte sie einen Moment lang an. Sein Gesicht versteinert. Schließlich knurrte er: „Was ist mit Regulus?"

„Ich hätte gedacht, dass du von allen Leuten verstehen würdest, wie schwer das für mich ist.", sagte sie leise. „Dabei zuzusehen, wie jemand, der dir so viel bedeutet, den falschen Weg wählt." Nun war es Sirius Stimme die zitterte. Tränen rollten seine Wangen hinab. „Das ist nicht so einfach." „Genau."

Sirius kniff die Augen zusammen. „Du weißt genau, wie falsch es ist, was er tut. Und du wünscht, er würde es lassen, weil es gegen absolut alles geht, an du glaubst. Und du willst ihn loslassen, wirklich. Und jeder sagt, dass du es solltest ... aber du kannst es nicht. Weil du dich trotz allem um ihn sorgst.", sagte sie.

Lily warf Sirius einen verständnisvollen Blick zu. Er starrte sie an, der Wind strich sanft durch sein Haar. Dann lachte er trocken und sagte: „Ich denke wir sind beide Heuchler, nicht wahr?" Sie gab ihm ein schiefes Grinsen und sagte: „Ich denke das sind wir."

Die Rumtreiber - die ganze GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt