Kapitel 50

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Wie jedes Jahr sang der sprechende Hut sein Lied, auf das er sich das ganze letzte Jahr vorbereitet hatte und ordnete dann die Schüler in ihre Häuser ein. Mit großer Vorsicht und Sorge traten die Schüler nach vorn und bekamen den Hut auf den Kopf gesetzt.

Als ein kleines Mädchen mit blonden Locken und großen Rehaugen nach vorne trat, wurden die Rumtreiber aufmerksam. „Hey, Remus! Fünf Sickel, dass sie eine Ravenclaw wird!", grinste Sirius. Remus schaute sich das Mädchen genau an und antwortete dann nur: „Da halte ich mit. Ich wette, dass sie eine Slytherin wird." Sirius und James schauten schockiert auf ihren Freund. „Dieses unschuldige, freundliche Mädchen? Niemals!", sagten sie wie aus einem Munde, woraufhin Remus nur mit den Schultern zuckte.

Der sprechende Hut brauchte lange für eine Entscheidung, doch endlich rief er „Slytherin!", in die große Halle. Remus grinste schelmisch und hielt die offene Hand zu Sirius, der ihm unmotiviert das Geld zuschob.

„Ich kann es nicht fassen. Remus gewinnt ständig!", zischte Peter nur und warf eine Galleone in die Mitte des Tisches. „Ich wette mit dir um zwei Galleonen, dass das nächste Kind nach Gryffindor kommt.", sagte er und sah seinem Freund herausfordernd in die Augen. „Bin dabei.", sagte Remus und schmiss seinerseits auch eine Galleone in die Mitte. „Der Gewinner bekommt alles!", grinste Peter und schaute gespannt nach vorn.

Als nächstes kam ein rothaariger Junge schüchtern nach vorn. Er setzte sich auf den hohen Hocker und bekam prompt den sprechenden Hut aufgesetzt. Während der Hut lange überlegte, blickten die Rumtreiber gespannt nach vorn. Endlich verkündete der Hut sein Ergebnis.

„Hufflepuff!", hallte es durch die Halle und Sirius, James und Peter begannen, den sprechenden Hut auszubuhen. Remus griff stolz nach den Galleonen und steckte sie in seine Tasche. Professor McGonagall warf den Rumtreibern einen verwirrten Blick zu und fuhr dann mit der Zeremonie fort. Die Kinder hüpften nervös zu ihren Haustischen und als endlich alle Kinder eingeteilt waren, kam endlich das riesige Buffet zum Vorschein.

Die Schüler griffen über die ganzen Tische, um alles einmal zu probieren. Gerade als ein Geist kam, um die neuen Schüler am Gryffindortisch zu begrüßen, drehte James sich zu ihm um. „Guten Tag, Sir Nicholas!", sagte er und winkte dem Hausgeist kurz zu. „Guten Abend auch Ihnen, Mister Potter!", erwiderte der fast kopflose Nick und wandte sich dann den Erstklässlern zu. „Ich liebe unsere Schulgeister!", grinste Sirius und biss herzhaft in eine Hähnchenkeule, als der fette Mönch, Hufflepuffs Hausgeist, über ihre Köpfe hinwegschwebte.

Die große Halle leerte sich, die meisten Schüler wollten entweder bereits schlafen gehen oder ihre Freunde, die sie teilweise die ganzen Ferien nicht gesehen hatten, begrüßen. Die Rumtreiber fanden sich mit Marlene, Lily, Dorcas, Alice und Mary an einem Fenster im Gryffindorturm wieder.

Sie erzählten sich von Urlauben, Strandpartys, Hochzeiten und Treffen, spielten Zauberschach und Zauberschnippschnapp oder genossen einfach die Vertrautheit. Sirius war glücklich, endlich war er wieder zuhause, zwar starrten alle ständig auf seine Sonnenbrille, doch konnte ihn in diesem Moment einfach nichts Traurig machen, denn endlich war er wieder zuhause.

Sie blieben alle lange wach, redeten bis tief in die Nacht und auch, als alle in ihren Betten lagen, herrschte noch keine Ruhe. Peter brauchte ewig, um seinen Pyjama zu finden, Remus brach immer wieder in Kichern aus, wenn Sirius heimlich Peter imitierte und James lag lächelnd in seinem Bett, bereit die Aufregungen des Tages hinter sich zu lassen.
Doch als endlich Ruhe in den Schlafsälen eingekehrt war und die Schüler in ihre Betten gekuschelt schliefen, ging bereits wieder die Sonne auf. „Guten Morgen, Schlafmützen!", strahlte James, den der Schlafmangel alles andere als hart getroffen hatte. Von der anderen Seite des Schlafsaals zischte Frank, dass James leise sein solle und Sirius schmiss ein Kissen auf seinen Freund. Die Normalität war endlich wieder eingekehrt.

Sie saßen zappelig im Unterricht, Professor McGonagall hatte in der Stunde davor erklärt, dass dieses Jahr die Wahlfächer gewählt werden mussten, und hatte ebendiese vorgestellt. Natürlich hatten die meisten Schüler sich schon überlegt, welche Fächer sie ab diesem Jahr belegen wollten, doch Nachzügler gab es in jedem Jahrgang.

Professor Slughorn wurde ungeduldig, natürlich verstand er, dass es eine wichtige Entscheidung war, allerdings wünschte er, die Schüler könnten dies nach dem Unterricht besprechen. Sirius, der ständig darauf achtete, dass seine Sonnenbrille nicht verrutschte und das blaue Auge, das mittlerweile eine dunkle, violette Farbe angenommen hatte, nicht sichtbar war, tuschelte leise mit James. Jedes Mal, wenn er oder die Sonnenbrille das Auge aus Versehen berührte, zuckte er stark zusammen und stöhnte leicht.

Obwohl Professor Slughorn die Klasse mehrmals darum gebeten hatte, ruhig zu sein, hörte der Lärm nicht auf. Er ging nun auf und ab, sah gereizt auf einige Schüler und sagte schließlich aus lauter Frust: „Mister Black, keine Sonnenbrillen im Unterricht!"

Severus Snape hatte nur auf einen solchen Moment gewartet. Mit belustigter Stimme sagte er laut: „Die Sonne scheint nicht Mal, Idiot!" Einige in der Klasse kicherten.

Sirius, der nun die Scham, vor der Klasse bloßgestellt worden zu sein und die Wut, dass es ausgerechnet Schniefelus war, der die anderen zum Lachen gebracht hatte, nicht mehr aushielt, drehte sich genervt zu ihm und nahm die Sonnenbrille ab. „Du hast recht! Ich hab die Sonne eine ganze Weile nicht mehr gesehen.", sagte er emotionslos und blickte in schockierte Gesichter.

„Mister Black, bitte kommen Sie nach dem Unterricht zu mir.", sagte Professor Slughorn. James, Remus und Peter sahen schockiert und mitleidig zu ihrem Freund, der sich nun mit verschränkten Armen im Stuhl zurücklehnte und den Unterkiefer ein Stück vor den Oberkiefer schob.

Während die anderen Schüler aus der Klasse liefen, blieb Sirius zurück. Er bemerkte die Blicke, die auf ihm lagen und als er kurz aufblickte, schaute Thalia ihm in die Augen und nickte ihm aus der Entfernung zu.

Professor Slughorn schloss vorsichtig die Tür und setzte sich an einen Tisch. Er bat Sirius, der nun mehr verängstigt als genervt dreinschaute, sich zu setzen. „Mister Black, ich muss ihre Hauslehrerin, Professor McGonagall darüber in Kenntnis setzen. Möchten Sie mir erzählen, was passiert ist?", fragte er ruhig. Seine Stimme war sanft und weich, nicht so fröhlich und ausgelassen wie sonst.

„Ich – Ich kann dazu nichts sagen.", antwortete Sirius und schaute auf seine Füße. „Ich bitte Sie Mister Black. Professor McGonagall ist auf dem Weg hierher, wir können uns viel schneller darum kümmern, wenn Sie kooperieren! Hat ein anderer Schüler Ihnen das angetan?", fragte Professor Slughorn besorgt und seufzte, als Sirius den Kopf schüttelte.

In diesem Moment kam Professor McGonagall in den Raum und ging schnurstracks auf ihren Schüler zu. „Mister Black, was ist passiert?", fragte sie mit weit aufgerissenen Augen, als sie das blaue Auge sah. „Ich – ich hab mich ... am Schrank gestoßen.", stammelte er hilflos. Die Lehrer schauten sich tief in die Augen. Sie bemerkten natürlich, dass es eine Lüge war, und setzten sich nun zu ihm.

Obwohl Professor McGonagall nicht glauben konnte, dass sie diese Frage stellte, kamen die Wörter ungehemmt aus ihrem Mund. „Hat einer Ihrer Mitschüler Ihnen das angetan?". Sirius blickte sie wütend an. „Sie meinen doch nicht meine Freunde?! Haben Sie sich James schon einmal angesehen? Der tut keiner Fliege was zu Leide! Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass ich mich am Schrank gestoßen habe!", protestierte er und schüttelte den Kopf. Natürlich wurde ihm klar, dass sie diese Frage stellen musste, nur zur Sicherheit, doch es war so abwegig, dass er nicht einmal selbst darauf gekommen wäre.

„Ich bitte Sie inständig, Mister Black, wir können Ihnen nicht helfen, wenn Sie uns nichts sagen!", flehte Professor McGonagall und wirkte aufrichtig besorgt.

„Tut mir leid, Professor. Das ist alles, was ich sagen kann.", antwortete Sirius nur und stand auf. Er kümmerte sich nicht um die Lehrer, die nun seufzend in ihre Stühle zurückfielen, vor Aussichtslosigkeit. Er kümmerte sich nicht um Madam Pomfrey, die auf dem Weg zu ihm war, um ihn zu verarzten. Er wusste nur, dass er alles schlimmer machen würde, wenn er seinen Lehrern die Wahrheit sagen würde.

Die Rumtreiber - die ganze GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt