Kapitel 97

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James, Sirius und Remus liefen gerade über den Innenhof, als Lily und Severus ihnen entgegenkamen. „Bei Merlin, ihr glaubt doch nicht, dass Evans mit diesem Idioten zum Ball geht, oder?!", fragte James schockiert und starrte die beiden an.
„Starr nicht so, Potter.", fauchte Severus und stieß seine Schulter gegen James, wodurch seine Bücher zu Boden fielen. Alle Bücher, die er trug, fielen in eine Matschpfütze und James schnaubte wütend. „Ist das dein Ernst, Schniefelus?!", fragte er genervt. „Oh, tut mir ja so leid! Als könntet ihr drei privilegierten Schafsköpfe euch keine neuen Bücher leisten!", maulte er.

In dem Moment ging es mit James durch. Er stand auf, rannte auf Severus zu, holte aus und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Aus seiner Nase blutete es, als er im Krankenflügel ankam. Lily war sofort zu Professor McGonagall gerannt, die James in ihr Büro rief, während Sirius und Remus vor der Tür warteten.

„Was ist passiert, Mister Potter?", fragte sie streng. „Ich habe ihn geschlagen.", antwortete James, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie erwartete Rechtfertigungen oder Ausreden, doch der schwarzhaarige Junge mit der runden Brille schwieg. „Wie ist es dazu gekommen?", fragte sie, ohne ihren Blick von ihm zu heben. „Er hat uns privilegiert genannt. Ich gebe zu, dass ich mehr als alle anderen privilegiert bin. Meine Familie ist bekannt, respektiert und wohlhabend, das wissen Sie genauso gut wie ich. Ich bin selbstbewusst und intelligent, es ist nicht schwer, es schlechter im Leben zu treffen als ich.", gab er zu. Professor McGonagall horchte auf. Noch immer waren sie nicht bei der Rechtfertigung angekommen, die sie erwartete.

„Aber Sirius und Remus? Privilegiert? Sirius Nachname ist so eine Bürde für ihn, dass er jedes Mal Gänsehaut bekommt, wenn ihn jemand damit anspricht. Wenn er für die Ferien nachhause kommt, wird er als Blutsverräter beschimpft. Remus geht in die Hölle und zurück, Monat für Monat und er schafft es noch immer zu Lächeln und zu Lachen. Sirius wacht mitten in der Nacht von Albträumen auf und fragt mich, ob ich wach bin, während Remus so tut, als würde er nicht in Schmerzen versinken, am Tag nach den Vollmonden. Wenn Sirius Briefe von zuhause bekommt, zittern seine Hände aus Angst und Remus hat beinahe eine Panikattacke bekommen, als Peter ihm gesagt hat, dass er wüsste, dass Remus ein Werwolf ist, aus Angst, wir würden es der ganzen Schule erzählen und er würde rausgeschmissen werden!
Snape kann mich nennen, wie immer er will, aber er wird Remus und Sirius nicht privilegiert nennen. Das kann und werde ich nicht zulassen."

Mit jedem Wort wurde Professor McGonagalls Gesicht weicher. Sie schaute ihrem Schüler tief in die Augen, es war offensichtlich, dass er sich um seine Freunde sorgte. Sie glaubte ihm, dass er Severus nicht für sich selbst geschlagen hatte, doch natürlich dachte sie nicht im Traum daran, ihn ohne Strafe gehen zu lassen. Er hatte noch immer einen Mitschüler geschlagen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete sie ihren Mund. „Sie werden dreißig Zeilen mehr schreiben in ihren Verwandlungshausaufgaben. Ich will nicht, dass so ein Vorfall wieder geschieht, sonst werden Sie schwere Konsequenzen vor sich sehen, Mister Potter.", sagte sie und entließ ihren Schüler ohne Nachsitzen.

Als er aus dem Büro kam, sahen Sirius und Remus ihn fragend an. Sie bekamen keine Antwort, weswegen sie ihm einfach besorgt folgten. „Was hat sie nun gesagt?", fragte Remus ungeduldig. „Dreißig Zeilen mehr für die Verwandlungshausaufgaben.", antwortete James knapp, als er die Treppe zum Gryffindorturm hochstieg. „Was für ein Mist.", seufzte Sirius. „Kein Nachsitzen? Keine Punkte verloren? Was ist denn in unsere Gonnie gefahren?", grinste Remus. Das Grinsen auf den Lippen seines Freundes brachte James zum Lächeln und so besserte sich seine Laune um Welten.

Als die Jungen an ihren Verwandlungshausaufgaben saßen, schweifte James mit seinen Gedanken ab. „Konzentrier dich, Jamie.", sagte Remus, der sofort das müde, gedankenverlorene Gesicht seines Freundes erkannte.
„Kommt schon, ich wette, wir können herausfinden, welche Animagusform wir haben werden. Ich sterbe vor Neugier!", seufzte James. „Das werden wir nicht wissen, bis wir den Trank getrunken haben!", erinnerte Sirius ihn. „Wenn es unsere Eigenschaften widerspiegeln soll...", sagte er halblaut. „Das führt doch zu nichts.", seufzte Sirius. Bevor sie sich versahen, hatte James sich bereits mitsamt dem Stuhl umgedreht.

„Hey, Evans! Ich muss dir eine ernstgemeinte Frage stellen.", sagte er. Remus und Sirius sahen sich belustigt und mitleidig an. Das konnte nicht gut enden! „Was, Potter?", zischte sie, noch immer wütend über den Vorfall mit Severus. „Sei kreativ: Wenn ich ein Tier wäre, welches wäre ich?" „Ein Schwein.", antwortete sie und drehte sich weg. „Wow.", entfuhr es Remus. „Sie musste nicht einmal nachdenken.", sagte Sirius beeindruckt.

Als Remus und Sirius ihre Hausaufgaben einpackten, schrieb James noch fleißig an den dreißig Zeilen weiter. „Sollten wir nach Peter sehen? Ich habe ihn nicht mehr gesehen, seit er Emily zum Ball bitten wollte!", überlegte Sirius. Remus nickte und folgte seinem Freund aus dem Gemeinschaftsraum.

„Hast du schon jemanden für den Ball?", fragte Sirius munter. „Nein, noch nicht.", antwortete Remus knapp. „Es sollte dir aber sicher nicht schwerfallen, jemanden zu finden, oder?", fragte Sirius neugierig. „Ich weiß nicht. Ich kann weder Tanzen noch eine Krawatte binden. Ein wahrer Glücksgriff.", scherzte Remus und sah sich um. „Weißt du, ich bringe dir das Tanzen bei. Mit der Krawatte kann ich dir auch helfen.", versprach Sirius. Einen kurzen Moment lang schaute Remus ihn unsicher von der Seite an. „Das meinst du nicht ernst, oder?", fragte er verwirrt, kam allerdings aus dem Lächeln gar nicht mehr heraus. „Natürlich! Heute Abend, im Verwandlungsklassenzimmer. Ich bereite alles vor. Punkt neun Uhr.", schlug Sirius vor und bevor Remus reagieren konnte, stießen sie auf Peter, der zusammengesunken in einer Ecke saß.

„Pete! Da bist du ja!", sagte Sirius und kniete sich vor ihn. Remus, der in Gedanken noch immer bei der Tanzstunde war, die ihm bevorstand, bemerkte erst kurze Zeit später, wer da vor ihm saß. „Was ist passiert?", fragte Remus besorgt. Peter schaute tieftraurig von einem seiner Freunde zum anderen.

„Seid ehrlich mit mir: Bin ich hässlich?", fragte er. Sirius und Remus wussten nicht, was sie sagen sollten. Es war nicht schwer zu erkennen, dass Peter kleiner und knubbeliger war als der Rest der Rumtreiber. Er hatte weder die scharfe Gesichtskontur und die sturmgrauen Augen von Sirius, noch war er so groß mit dem herzlichen Lächeln wie Remus oder das schwarze, wilde Haar und die braune Haut von James.

„Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll, Pete.", begann Sirius langsam. Sofort schluchzte Peter und Remus starrte Sirius aufgebracht von der Seite an. „Erinnerst du dich, wie Sarah Baileys neulich weinend aus dem Unterricht gegangen ist?", fuhr er schnell fort. „...ja?", antwortete Peter ein wenig verwirrt. „Nun ja, sie hat geweint, weil du so gutaussehend bist!", sagte er aufmunternd und erntete ein ungläubiges Kopfschütteln von Remus. „Wirklich?", fragte er hoffnungsvoll und ignorierte Remus völlig. „Ja!", versicherte Sirius ihm und stand sofort auf. „Ich werde sie sofort nach einem Date fragen!", sagte er und stürmte los. „Los, Kleiner!", grinste Sirius und schaute hinter ihm her, während er um die Ecke verschwand. Breit grinsend drehte er sich langsam zu Remus, der enttäuscht mit dem Kopf schüttelte.

„Du bist ein grausamer Mensch, Sirius Black.", sagte er, drehte sich um und ging los. „Bleibt es bei neun?", fragte Sirius hoffnungsvoll grinsend. Mehr als ein belustigtes Seufzen bekam er nicht als Antwort, doch damit gab er sich völlig zufrieden. Remus würde es nicht bereuen, da war er sich sicher.

Die Rumtreiber - die ganze GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt