Sirius und Regulus hatten seit ihrem Gespräch auf dem Dach kein Wort mehr miteinander gewechselt. Sie gingen sich aus dem Weg, ignorierten sich beim gemeinsamen Essen und wichen ihren Blicken aus. „Setz dich gerade hin, Sirius.", befahl Orion eines Abends, der, wie sie bald merken sollten, ihr ganzes restliches Leben beeinflussen würde.
Sirius kräuselte die Lippen und knackte mit den Fingern, doch als sein Vater ihn drohend ansah, beugte Sirius sich Orions Willen. Nichts in diesem Haus strahlte ein Familienleben aus. Jede Bewegung, jedes Wort war reine Machtausübung.
Es klingelte an der Tür. Einmal. Zweimal. Wer auch immer dort klingelte, es schien dringlich zu sein. Orion und Walburga warfen sich einen überraschten Blick zu und schauten dann auf die Uhr. Als das Klingeln in Klopfen überging, stand Orion auf und ging endlich zur Haustür.
Vor ihr stand ein kleiner Mann mit krummen Rücken. Sirius konnte Stimmen hören, vor dem Fenster schwirrten schwarze Schatten herum. Er versuchte, die Stimme zu erkennen, fremd war sie ihm nicht. „Wir werden gebraucht, Walburga.", sagte Orion mit einem Lächeln auf den Lippen, als er das Esszimmer erneut betrat. Walburgas Blick auf die Uhr verriet Sirius, dass etwas Ungeplantes geschehen war. Sie sagte nichts, sondern stand auf und ging.
Sirius und Regulus saßen allein am Esstisch und schauten ihren Eltern hinterher. Zum ersten Mal Wochen traf sich ihr Blick. Was sollten sie sagen? Regulus schossen einhundert Gedanken durch den Kopf und gerade als er den Mund öffnete, unterbrach Sirius den Blickkontakt. Er stand auf und ging zum Fenster.
Draußen war es dunkel. Keine Menschenseele zu sehen. Die schwarzen Schatten waren verschwunden. Er wollte sich gerade umdrehen, als er auf der anderen Straßenseite Glaß zerspringen sah. In jeder Etage des Hochhauses vor ihm sprang Glas aus den Scheiben, Lichter blitzten auf und verschwanden wieder. Plötzlich ertönten Schreie. Grauenvolle, erschütternde Schreie. Die Kinder zuckten zusammen. Sofort rannten sie in ihre Zimmer und schlossen sich ein.
„James!", rief Sirius verzweifelt und außer Atem durch den Spiegel. Keine Antwort. „James!", schrie er panisch. Was ging dort draußen vor? War es überall? „James!", brüllte er ein drittes Mal in den Spiegel und noch immer bekam er keine Antwort. Er schmiss den Spiegel auf sein Bett und wagte sich zum Fenster vor. Die Vorhänge waren zugezogen, doch das aufblitzende Licht schien durch die leichten Vorhänge hindurch.
Vorsichtig zog er einen Vorhang auf. Er war nicht vorbereitet auf das, was er dort sah. Es war in dieser Nacht, dass der fünfzehnjährige Sirius zum ersten Mal in seinem Leben einen Mord erlebte. Er sah eine junge Frau, sie konnte nicht älter als zwanzig sein, die Straße hinabrennen. „Lass mich in Ruhe!", schrie sie, sie humpelte, ihre Kleider voller Blut. „Bitte – nicht!", schrie sie und fiel auf die Knie. Sirius hatte sie schon einmal gesehen, sie wohnte in dem Hochhaus gegenüber, welches gerade gesprengt wurde.
Hinter ihr erschien ein Mann, vollkommen in schwarz gekleidet. In der Hand hielt er einen Zauberstab. Sirius wusste nicht, ob er recht hörte, doch – tatsächlich. Der Mann ... lachte. „Lauf nur! Glaubst du etwa, dass du uns entkommen kannst?" Die Frau versuchte, sich zu stützen, aufzustellen, doch der Mann murmelte etwas, bewegte seinen Zauberstab und sofort schrie die Frau auf, als würde sie Höllenqualen erleiden. Der Mann lachte erneut auf und lief langsam zu ihr.
Als er seinen Zauberstab senkte, hatte er sie erreicht. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr, was sie zum Weinen brachte. Kurz danach richtete er sich wieder auf und mit einem letzten Lächeln sagte er: „Avada Kedavra."
Ein grüner Lichtblitz zuckte aus dem Zauberstab des Mannes und die Frau hörte auf sich zu bewegen. Sirius stolperte rückwärts in sein Zimmer – Regulus. Er musste sichergehen, dass sein Bruder nichts davon gesehen hatte. Er öffnete die Tür zum Zimmer von Regulus und fand ihn auf dem Boden hocken. Seine Arme um die Knie geschlungen, vor und zurück wippend. „Geht es dir gut?", fragte Sirius. Regulus nickte. „Hast du aus dem Fenster geschaut?", fragte Sirius drängend. Regulus schüttelte den Kopf. „Gut. Heute Nacht schauen wir nicht aus dem Fenster, okay?", fragte Sirius mit zitternder Stimme. Tränen bahnten sich ihren Weg in seine Augen. Er wusste nicht, was er gerade gesehen hatte. Wer waren diese Menschen? Was passierte hier?
Er schlang seine Arme um seinen Bruder und presste ihn an sich. „Ich hab dich, Regulus.", flüsterte er immer und immer wieder. „Ich hab dich."
Als mitten in der Nacht die Tür aufging, war Regulus bereits eingeschlafen. Er lag auf dem Bett, in viele Decken gekuschelt. Sirius jedoch machte kein Auge zu. Er saß am Fußende und wagte es nicht für eine Sekunde, die Augen von Regulus zu nehmen. Er hörte Stimmen. Waren das seine Eltern? Was wäre, wenn die Menschen gekommen waren, um Regulus und ihn umzubringen?
Langsam stand er auf. Er setzte einen Fuß vor den anderen, den Zauberstab erhoben und ging langsam die Treppe herunter. „Stehenbleiben!", sagte er mit zittriger Stimme, als er zwei Gestalten im unteren Stockwerk ausmachte. „Wir sind es, Kind. Leg den Zauberstab weg.", sagte Orion ernst und sofort rannte Sirius nach unten. „Wo wart ihr?", fragte er wütend. „Weißt du, mit wem du redest, Sirius?", fragte Orion und sofort machte sein Sohn ein paar Schritte rückwärts. „Wieso schläfst du noch nicht?", fragte Walburga und schielte die Treppe hoch, um sicherzugehen, dass Regulus nicht mehr wach sei. „Schlafen? Habt ihr gesehen, was da draußen los ist?", fragte Sirius scharf und folgte seinen Eltern in das Arbeitszimmer des Vaters. Was er dort sah, verwirrte ihn. Sie schenkten sich in aller Seelenruhe einen Whiskey in ein Glas und stießen mit einem breiten Lächeln an.
Sirius war zu schockiert, um zu sprechen. Seine Eltern hatten zwei völlig verängstigte Jungen allein zuhause gelassen und jetzt kamen sie zurück und stießen an, als wäre nichts gewesen?
„Merke dir den heutigen Tag, mein Junge. Heute beginnt eine neue Ära. Heute ist der erste Tag von vielen, denn heute Sirius, hat der Krieg begonnen."

DU LIEST GERADE
Die Rumtreiber - die ganze Geschichte
FanfictionDa Jk kein Buch über die Ära der Rumtreiber geschrieben hat und ich (wie sicher viele andere auch) mir ein solches Buch sehr wünschen würde, habe ich mich daran versucht!🥰 Die genaue Richtung der Geschichte weiß ich noch nicht, doch ich vermute, es...