Kapitel 157 - einfach und locker

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Bevor sie auch nur ein Wort sagen konnten, kam James zurück in den Schlafsaal. Sirius schreckte sofort zurück und ging zu seinem Bett. „Seid ihr fertig? Peter meinte, er trifft uns beim Frühstück!", sagte James munter und seine Freund folgten ihm, ohne ein Wort zu sagen. Sie aßen ihr Frühstück in Stille, gingen in Stille zum Unterricht und wagten es nicht ein Mal, sich anzuschauen.

„Was bei Merlin ist los mit euch? Seid ihr krank? Habt ihr Streit?", fragte James, als die erste Unterrichtsstunde vorüber war. „Quatsch. Ich fühle mich einfach heute nicht nach langen Diskussionen.", sagte Sirius schnell. Remus nickte nur. James spürte natürlich sofort, dass etwas in der Luft lag, doch wusste es nicht zuzuordnen. Er entschied sich dazu, sich mit Sirius ein wenig zurückfallen zu lassen und ihn einzeln darauf anzusprechen.

„Ist wirklich alles okay? Ihr wirkt so – merkwürdig.", hakte James nach, als Remus und Peter außer Hörweite waren. „Mach dir keine Sorgen, es ist alles gut.", sagte Sirius gestresst und wollte so schnell es nur ging das Thema beenden. „Ich sehe doch, dass irgendetwas in der Luft liegt. Du kannst mit mir reden, Tatze.", sagte er, doch Sirius hatte genug. „Ich brauche einfach etwas Zeit für mich, okay?", sagte er laut und ging allein zum nächsten Klassenzimmer.

Er war verwirrt. Wie sollte er es auch nicht sein? Er hatte Remus geküsst. Er hatte Remus geküsst. Und alles hatte sich so richtig angefühlt. Das erste Mal in seinem Leben hatte er jemanden geküsst, bei dem es sich anfühlte, als wäre er geborgen, als wäre er geliebt. Niemals hätte er sich träumen lassen, dass Remus auch nur im Ansatz dasselbe fühlen würde, doch Remus hatte ihn schließlich auch zurückgeküsst. Er hatte seine Hand in meinen Haaren, dachte er. Ihm schoss das Gefühl der sanften Berührung von Remus in den Kopf. Dieser feste Griff, es gab keinen Zweifel. Remus wollte diesen Kuss. Es ergab Sinn, die Karte hatte es auch gesagt.

Sirius setzte sich allein in das noch leere Klassenzimmer und stützte seinen Kopf in die Hände. „Merlin.", flüsterte er. War es nicht das, was er sich schon lange gewünscht hatte? Wieso schien dann alles plötzlich so kompliziert? Er konnte nicht mit Remus reden. Auf keinen Fall. Es fühlte sich an, als würde er von seinen Gefühlen erdrückt werden. Alles prasselte auf einmal auf ihn ein. Der Kuss, die Freude, die Angst, seine Familie, Regulus.

Die anderen betraten den Klassenraum und sahen Sirius zusammengesackt auf seinem Stuhl sitzen. „Jetzt mal ehrlich, irgendwas ist doch passiert!", drängte James. Sirius schaute hoch. Schräg hinter James stand Remus und biss sich unsicher auf die Lippe. Ich muss mit ihm reden, dachte Sirius. Ich muss.

Nach der Stunde ging Sirius auf Remus zu. „Kann ich mit dir reden? Bitte?", fragte er, doch Remus schaffte es nicht, ihn anzuschauen. „Ich muss noch etwas wichtiges mit Lily klären, vielleicht später, ja?", sagte Remus schnell und verzog sich mit Lily in die Bibliothek.

„Was gibt es denn nun so Wichtiges?", fragte sie ungeduldig. „Es ist etwas passiert.", berichtete Remus und ging nervös hin und her, um sicherzugehen, dass niemand sie belauschen konnte. „Na los, sag schon!", bat sie und ließ sich auf einem Stuhl am Fenster nieder. Remus holte tief Luft. „Sirius hat mich geküsst.", sagte er leise und bemerkte, wie Lily aufgeregt zu quieken begann. „Wehe jemand erfährt davon! Ich werde dein Leben zur Hölle machen.", sagte Remus scharf und sah in Lilys begeistertes Gesicht. „das ist doch wunderbar!", sagte sie aufgeregt, doch Remus ernster Gesichtsausdruck sprach Bände. „Oder nicht?", fragte sie. „Er hat den ganzen Tag nicht mehr mit mir geredet. Vorhin hat er mich um ein Gespräch gebeten, aber ich bin mir sicher, dass er es für einen Fehler hält und die Sache vergessen will.", erzählte er. Sie wartete einen Moment lang ab. Es schien, als würde er noch etwas sagen wollen. „Ich will das nicht vergessen, Lils. Dieser Kuss hat mich so glücklich gemacht, wie nichts anderes auf dieser Welt.", fügte er hinzu und setzte sich nun auch endlich auf einen Stuhl. „Ich weiß nicht, was ich tun soll. Sirius und ich werden wohl für immer ein Vielleicht bleiben.", seufzte er und schaute niedergeschlagen auf den Boden. „Wenn du es riskierst und ihm deine Gefühle gestehst, werdet ihr vielleicht zu einem für immer.", sagte sie aufmunternd. „Was ist, wenn ich ihm sage, was ich fühle und er nichts mehr mit mir zutun haben will?", fragte Remus hoffnungslos. „Mach dir keine Sorgen, Rem. Ihr schafft das. Zusammen.", versicherte sie und stand auf. „Wir haben jetzt Kräuterkunde und danach sprichst du mit Sirius. Verstanden?", fragte sie scharf, Remus nickte sofort.

Auch der Kräuterkundeunterricht war von einer eisigen Stimmung geprägt, was nicht allein an den kalten Februartemperaturen lag. Sirius schaute immer wieder scheu zu Remus hinüber, der sein Bestes gab, sich auf den Unterricht zu konzentrieren. Professor Sprout erzählte gerade von den Themen, die in den ZAG's vorkommen würden und normalerweise hätte Remus jedes Wort von der Lehrerin mitgeschrieben. Diesmal schaffte er es allerdings nicht einmal, wirklich zuzuhören.

Die Unterrichtsstunde verging viel zu schnell. Remus hatte noch keinen Plan von dem, was er Sirius sagen würde, doch Professor Sprout packte ihre Tasche zusammen und schickte ihre Schüler und Schülerinnen aus dem Gewächshaus. Remus nahm Sirius an die Seite. „Wo wollen wir reden?", fragte er, ohne die Hand von Sirius Arm zu nehmen. „Unten am See?", schlug Sirius vor und sie machten sich auf den Weg.

Sie liefen stumm nebeneinander her, schauten sich nicht an, achteten darauf, keine Geräusche zu machen. Als sie angekommen waren, blieben sie vor dem Ufer des Sees stehen. „Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll.", sagte Sirius ruhig. Remus nickte. „Hast du auch das Gefühl, dass es irgendwie schwer ist, miteinander zu reden?", fragte er weiter und auch jetzt nickte Remus. „Ich meine – ich habe das schon vorher ein paar Mal gesehen. Ist es, weil ich dich geküsst habe? Ist das das Problem?", fragte Sirius und drehte sich jetzt zu ihm. Remus schaute ihn einen Moment lang sprachlos an, bevor er ihn mit beiden Händen zurückschubste. „Hör auf, mich so zu behandeln, wie irgendein von dir besessenes Mädchen.", sagte Remus ernst. Sirius brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. „Tut mir leid, mein Fehler.", sagte er noch immer ruhig und schaute wieder zu Remus, der nun seine Hände über dem Kopf zusammenschlug. „Ich kann es nicht glauben. Ich weiß nicht, was wir tun sollen!", sagte er verzweifelt. Seine Stimme zitterte deutlich. „Was willst du denn tun?", fragte Sirius vorsichtig. Er wusste nicht, ob Remus dasselbe fühlte oder nicht. Er konnte seine Worte nicht deuten.

Remus drehte sich um. Er schaute Sirius in die Augen, seine Brauen zusammengekniffen. „Ich will dich küssen.", hauchte er und war sich sicher, ein Lächeln über Sirius Lippen huschen zu sehen. „Dann tu es, verdammt.", flüsterte Sirius und nun war es Remus, der auf ihn zuging. Er nahm Sirius Gesicht in seine Hände und schloss die Augen. Ihre Lippen trafen sich ein zweites Mal und das Gefühl von Geborgenheit und Vertrauen war zurück. Sie nahmen nichts anderes mehr wahr, keine Gedanken schossen in ihren Kopf, sie hatten nur noch Platz füreinander.

Sie atmeten tief durch. „Was heißt das jetzt für uns?", fragte Remus. Ihre Gesichter waren noch immer nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. „Ich weiß nicht. Wir können es einfach locker angehen und probieren.", schlug Sirius vor. Einen Moment lang zögerte Remus. Das war vielleicht nicht genau das, was er wollte, doch es war besser, als ihn zu verlieren.
Und war ihm nicht von Anfang an bewusst, dass Sirius Black nicht datet?

Die Rumtreiber - die ganze GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt