Kapitel 114 - Stolz

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Lily und Sirius schlenderten gerade die Korridore entlang, als Lily etwas ansprach, das ihr schon vor kurzem aufgefallen war. „Wohin sollen deine Haare denn noch wachsen? Willst du ganz Hogwarts damit einwickeln?", fragte sie und wuschelte ihm durch das schwarze Haar. „Ich finde es gut so. Außerdem habe ich schon verschiedenste Komplimente für meine Haare bekommen!", wehrte Sirius sich. „Von irgendwelchen Mädchen, die dich anhimmeln?", grinste Lily. „Unter anderem.", antwortete Sirius schnippisch. „Komm schon, ich mache doch nur Spaß!", kicherte Lily und griff nach seinem Arm.

„Allerdings muss ich dir ernsthaft dazu raten, etwas mehr Pflege in deine Haare zu stecken, wenn du sie schon so lang haben willst!", sagte sie und bemerkte einen neugierigen Blick von Sirius. „Was genau meinst du? Irgendwelche Öle?", fragte er so beiläufig er konnte, obwohl er sich brennend dafür interessierte, was seine Haare besser aussehen lassen würde.

„Ich würde bei den Grundlagen anfangen. Ein gut riechendes Shampoo, dann vielleicht ein Conditioner, der zu deiner Haarstruktur passt. Wir beide haben zwar nicht dieselbe Struktur, aber ich kann dir gerne mal meine Produkte leihen!", überlegte Lily. „Wirklich? Das meinst du ernst?", fragte Sirius und zupfte unsicher an einer Strähne. „Und ein Geheimnis habe ich, das deine Haare wunderbar aussehen lässt, ohne, dass du irgendwas da rein schmierst!", sagte sie und warf ihre rotleuchtenden Haare in den Nacken. „Raus damit!", drängte Sirius begierig. „Trage deine Haare mit Stolz. Sie sind ganz allein deine!", strahlte sie und bog in Richtung Bibliothek ab, wo sie sich mit Marlene und Alice treffen wollte.

Sirius stand einen Moment lang lächelnd da und machte sich dann auf den Weg zurück zum Gemeinschaftsraum. „Hatte da jemand wieder ein Date?", fragte Peter und verteilte Luftküsse. „Quatsch. Ich habe mich nur mit Lily getroffen!", winkte er die Spekulationen ab. „Vielleicht ist sie ja deine Auserwählte!", grinste Peter und schlug die Hände vor der Brust zusammen. „Niemals! Das würde ich doch nie überleben! Krone guckt jetzt schon, als hätte ich seinen besten Freund umgebracht, wenn ich tatsächlich etwas mit Lily hätte, wäre ich schon längst unter der Erde!", lachte er und ließ sich auf das Sofa fallen.

„Irgendwas Neues?", fragte er Remus, der den Tagespropheten enttäuscht vor sich auf den Couchtisch schmiss. „Der übliche Mist. Das Ministerium vertuscht die Morde an Muggelgeborenen, stattdessen schafft es irgendein winziger Verstoß gegen den Code der Zauberstabnutzung auf die Titelseite!", seufzte er erschlagen und lehnte sich zurück. Etwas anderes als einen Seufzer seiner Freunde bekam Remus nicht als Antwort.

„Ich wünschte, wir könnten irgendwas tun.", sagte James kurze Zeit später, als er sich im Sessel räkelte und seine Brille neben sich auf den Hocker legte. „Was genau? Willst du etwa mit Schlips und Kragen ins Zaubereiministerium einbrechen und der Ministerin eine Standpauke halten?", scherzte Peter und verbeugte sich tief vor Sirius. „Sehr wohl, mein hochgeachteter vierzehnjähriger Mister Pettigrew, Sie haben meine Augen geöffnet!", sagte Sirius gespielt hochnäsig und schnappte sich James Brille. „Und? Wie sehe ich damit aus?", grinste er und spielte mit der Brille vor James Sessel. „Das werde ich dir sagen, sobald ich wieder etwas sehen kann du Blitzbirne!", sagte James scharf und schüttelte den Kopf. Remus und Peter brachen in Gelächter aus.

Die vier saßen in dieser Nacht am längsten im Gemeinschaftsraum und spielten sich noch den ein oder anderen Streich, bis alle vier dann um kurz vor Mitternacht müde in ihre Betten fielen.

Während James am nächsten Morgen seine Freunde pünktlich um sieben Uhr weckte, schien sich im Schlafsaal der Mädchen wenig zu regen. Als Marys Eule einmal an den Gittern rappelte, drehte sie sich nur auf die andere Seite und zog sich die Decke ein wenig weiter über die Ohren. Marlene öffnete ein Auge, sah sich kurz um und nahm sich vor aufzustehen, schlief dann allerdings unglaublich schnell wieder ein. Dorcas gähnte einmal herzhaft und streckte sich, allerdings schien ihr das Land der Träume mehr zu bieten als der Verwandlungsunterricht von Professor McGonagall, also schlief auch sie blitzschnell wieder ein.

Als die Mädchen nun viel zu spät in den Unterricht stolperten schaute Professor McGonagall die fünf streng über ihren Brillenrand hinweg an. „Sie sind zu spät. Alle fünf.", sagte sie unzufrieden und schien auf eine Erklärung zu warten. „Professor – ich weiß nicht wie -", begann Lily, wurde jedoch sofort unterbrochen. Die Rumtreiber grinsten frech zu den Mädchen hinüber und kicherten hinter vorgehaltener Hand. „Setzen, meine Damen. Und Miss McKinnon, ich bitte Sie, knöpfen Sie ihre Bluse richtig zu.", sagte Professor McGonagall und sah dabei zu, wie Marlene nervös an ihrer Bluse zupfte.

Die Lehrerin fuhr mit dem Unterricht fort, während Sirius heimlich kleine Zettelchen an Marlene schob. Sirius und Marlene kicherten und glucksten jedes Mal, wenn Professor McGonagall ihren Schülern den Rücken zukehrte, und Remus wurde von Zettel zu Zettel angespannter. „Marls!", flüsterte Sirius schockiert, als er den Inhalt des Zettels las und lachen musste.

Auf dem Weg zur großen Halle wurde Remus immer genervter, da er direkt hinter Marlene und Sirius lief, die spielerisch miteinander flirteten. Er entschied sich dazu, einen Umweg über die Eulerei zu machen, was natürlich nicht unbemerkt blieb. Lily entschuldigte sich kurz und folgte Remus, der wütend mit der flachen Hand gegen die kalte Steinmauer schlug. „Was ist los?", fragte sie und legte eine Hand auf Remus Schulter. „Nichts.", presste er zwischen seinen Lippen hervor und schuf etwas Abstand zwischen ihm und Lily. „Es sieht aber nicht nach nichts aus.", sagte sie besorgt. „Es ist alles gut. Ich brauche kein Mitleid. Besonders nicht von dir.", keifte Remus und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich bin in der großen Halle, falls du dich entschuldigen möchtest.", sagte Lily trocken und drehte sich auf dem Absatz um. Remus, der seine Worte sofort bereute, seufzte schwer und blickte aus dem Turm auf Hogsmeade, das nicht weit entfernt lag. Von hier oben hätte man sogar meinen können, es wäre ein Teil des Schlosses.

Jetzt war Remus noch wütender. Nicht auf Sirius oder Marlene, sondern auf sich. „Wieso verbocke ich es mir mit jedem?!", rief er in die Ferne und schlug diesmal mit der Faust auf den Fenstersims. Er hörte leise Schritte auf der Treppe hinter sich und drehte sich um.

„Störe ich?", fragte Sirius mit einem halben Lächeln auf dem Gesicht. Remus schüttelte den Kopf und seufzte. Stören? Er? Niemals. Sirius sah sofort, dass Remus nicht reden wollte, daher stellte er sich einfach zu ihm und lehnte sich gegen die Wand. Nachdem die beiden sich einige Minuten angeschwiegen hatten, blickte Remus nun fragend zu Sirius. „Also? Wieso bist du hier?", fragte er. Remus schien nun deutlich ruhiger als zuvor. „Ich dachte es würde dir leichter fallen, dich zu beruhigen, wenn jemand hier ist. Und dann wäre da noch eine Sache.", grinste Sirius und hob seinen Blick, damit er Remus in die Augen schauen konnte. „Du musst dich bei Lily entschuldigen.", sagte Sirius und hörte Remus langgezogenen Seufzer. „Du hast recht.", sagte Remus und stieß sich von der Wand ab. Sirius tat es ihm gleich und ging ein paar Schritte voraus. „Worauf wartest du? Die ganze Sache wird nicht leichter, nur, weil du hierbleibst.", grinste Sirius und streckte seine Hand aus.
„Ich muss dir etwas sagen, Sirius.", brachte Remus hervor und Sirius ließ seine Hand sinken. Was immer es war, es schien Remus schon seit langem zu beschäftigen. „Ich wollte dir nur sagen -", begann er nervös und schaffte es dabei nicht, Sirius in die Augen zu schauen. „Was ist es, Rem?", fragte Sirius sanft und ging einige Schritte auf ihn zu. „Ich wollte dir sagen, dass – Professor McGonagall noch etwas über den Aufsatz gesagt hat, den wir schreiben sollten – nur, falls du das nicht mitbekommen hast.", stammelte Remus und kniff die Augen zusammen. Er war enttäuscht von sich selbst. Auch Sirius schien verwirrt und enttäuscht, er nickte nur kurz und brachte ein „Achso.", hervor, bevor er sich dann umdrehte und, gefolgt von Remus, die große Halle ansteuerte, wo Lily bereits auf ihn wartete.

Sirius setzte sich zu James und Peter, die sich gerade über Quidditch unterhielten, während Remus zu Lily ging und sich aufrichtig entschuldigte. Natürlich nahm Lily die Entschuldigung an und umarmte ihren besten Freund sofort.

Sirius warf immer wieder verstohlene Blicke zu Remus hinüber. War das wirklich alles, was Remus ihm vorhin in der Eulerei sagen wollte?

Die Rumtreiber - die ganze GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt