Kapitel 136 - Verkuppeln

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Sirius klopfte an die Tür von Professor McGonagalls Büro. „Herein.", sagte sie und die Tür öffnete sich. Sie saß vor einem Stapel Pergamente, wahrscheinlich ging sie gerade die Hausaufgaben durch, die sie an diesem Tag eingesammelt hatte.

„Mister Black! Schön, Sie wiederzusehen!", sagte sie und legte den Stapel in eine Schublade. „Wie waren Ihre Ferien, Professor?", fragte Sirius höflich und schloss die Tür hinter sich. Sie hatten häufig diese Art von Treffen, insbesondere, seit dem Irrwicht-Vorfall vor einigen Jahren. „Der Anfang war sehr gut, die letzten Wochen waren allerdings durchwachsen.", antwortete sie. „Gibt es etwas, was Sie beschäftigt?", fragte sie freundlich. Sirius setzte sich auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch. Er hatte schon oft dort gesessen, anfangs machte es ihm große Angst, so offen vor ihr zu sitzen, doch mittlerweile gaben diese Gespräche ihm eine enorme Sicherheit. Er zögerte. Es fiel ihm schwer, seine Gefühle und Gedanken in Worte zu fassen. „In diesem Sommer habe ich etwas gesehen.", gab er langsam zu und wippte mit dem Fuß auf und ab. Professor McGonagall sagte kein Wort. Sie wollte ihren Schützling nicht unterbrechen.

„Es war der Abend, an dem all das mit dem Krieg begonnen hat. Meine Eltern waren fort, ein seltsamer Mann hatte ihnen gesagt, sie würden gebraucht werden. Plötzlich ging alles wirklich schnell. Regulus und ich waren allein zuhause. Auf den Straßen wurde es unruhig, zerspringende Scheiben, schreiende Menschen, alles war so – so schrecklich.", sagte er langsam. Das Bild seines Nachbarhauses schoss ihm in den Kopf. Alle Fenster waren herausgesprengt, flackernde Lichter, die er erst bei genauerem Nachdenken als Feuer identifizieren konnte, stiegen aus den Etagen und so viele schreiende Menschen. „Ich habe eine Frau gesehen. Um ganz ehrlich zu sein kannte ich ihren Namen nicht. Sie lebte wohl in meiner Nachbarschaft. Wie dem auch sei – mein Bruder und ich waren in unsere Zimmer gerannt und als ich aus dem Fenster schaute, war da diese Frau. Ein Mann ging hinter ihr her und rief ihr irgendwelche Dinge zu. Die Frau stolperte und als der Mann bei ihr war -", berichtete Sirius und schluckte schwer. „Ich glaube, er hat sie getötet.", flüsterte er und schloss die Augen.

Professor McGonagall sah Sirius dabei zu, wie er mit den Tränen kämpfte. „Als wir dann letzte Woche zurück zum Schloss kamen, habe ich die Thestrale vor den Kutschen gesehen.", erklärte er und schluchzte. Die Lehrerin überlegte einen Moment. Es war wichtig, dass sie ihre Worte Weise wählte, dieser Junge hatte sich ihr gerade geöffnet. „Danke, dass Sie damit zu mir gekommen sind, Mister Black. Ich kann Ihnen dieses Bild leider nicht mehr aus dem Kopf nehmen, das müssen Sie verstehen. Vielleicht hilft es Ihnen aber, das Gesehene zu verarbeiten, wenn Sie mir etwas mehr von Ihren Gefühlen in der Situation erzählen.", schlug sie vorsichtig vor und Sirius nickte. „Ich habe sofort die Vorhänge zugezogen und bin zu meinem Bruder gerannt.", erzählte er. „Hatten Sie Angst? Vielleicht auch Angst um ihren Bruder?", fragte Professor McGonagall. „Ich hatte Angst, dass er es auch gesehen hat." Sirius schniefte. „Hat er?", fragte sie. Er schüttelte langsam den Kopf. „Als ich in sein Zimmer kam, saß er an seinem Bett. Er hatte riesige Angst, aber ich glaube nicht, dass er etwas gesehen hat.", erzählte Sirius. „Haben Sie darüber gesprochen?" Erneut schüttelte er den Kopf. „Ich denke, es könnte Ihnen beiden helfen, Ihre Gefühle mit jemandem zu besprechen, der dasselbe durchlebt hat.", erklärte sie. „Ich kann mit Regulus nicht darüber reden, Professor. Wir reden über solche Dinge nicht.", erklärte er und schaute ihr nun wieder in die Augen. Sie nickte. „Vor allem ist es wichtig, dass Sie das Erlebte nicht hinunterdrücken. Wenn es Sie belastet, reden Sie darüber. Ich weiß, dass Sie gerne Ihre Gefühle ignorieren, doch das führt nur dazu, dass Sie daran zerbrechen. Ist Ihnen das bewusst?", fragte sie. „Ja.", antwortete Sirius und zwang sich zu einem Lächeln. „Ich denke, dass es mir schon geholfen hat, das alles einmal loszuwerden. Vielen Dank, Professor.", sagte Sirius. „Ich bin immer für Sie da, Mister Black.", lächelte sie aufmunternd und der schwarzhaarige Junge stand auf. „Bis nächste Woche!", sagte er, als er ihr Büro verließ.

Er wusste nicht, on er ihren Rat, mit Regulus zu sprechen, tatsächlich in die Tat umsetzen würde. Sie hatten seit ihrem Gespräch auf dem Dach kein wirkliches Gespräch mehr geführt. Natürlich hatte Professor McGonagall recht, es würde beiden Jungen sehr helfen, doch glaubte Sirius nicht, dass er sich überhaupt darauf einlassen könnte.

Er atmete tief durch, bevor er den Gemeinschaftsraum betrat. Er setzte sein freches Grinsen auf, nannte der fetten Dame das Passwort und schon schwang das Porträt zur Seite. „Wo warst du denn?", fragte Peter neugierig. „Bei Gonnie.", sagte er knapp. „Hast du etwa ohne mich etwas angestellt?", fragte James schockiert. Die anderen lachten.

„Wir sind gerade am Überlegen, wen wir mit Remus verkuppeln könnten!", erzählte Peter. Sofort schüttelte Remus den Kopf. „Ich werde mit niemandem verkuppelt!", protestierte er, doch James ignorierte ihn völlig. „Wie wäre es mit Charlotte Jenkins?", fragte er. „Unsere Quidditchkapitänin? Wirklich? Was haben die beiden gemeinsam?", fragte Sirius und griff nach dem Tagespropheten, der vor ihnen auf dem Couchtisch lag. „Na gut, dann vielleicht Sarah!", schlug James vor. „Wie oft noch, James? Ich brauche keine Beziehung.", sagte Remus entschieden.

Als sein Blick jedoch auf Sirius fiel und seine unverschämt schönen Augen, die langen Haare und das freche Grinsen, wusste er, dass er gelogen hatte. Dann fiel ihm ein, wie viele Mädchen in genau diesem Moment dasselbe denken mussten und er verdrehte genervt die Augen. Doch er kam nicht um ein Lächeln herum, als er bemerkte, wie Sirius sich an seinem Tee verschluckte, als er das Augenrollen von Remus sah.

„Außerdem hat sie Sirius damals diese albernen Liebesgedichte geschrieben. Glaubst du ernsthaft, dass Remus sich das antun will?", fragte Peter. „Vielleicht steckt in unserem Vertrauensschüler ein wahrer Poet! Wer weiß, was er in dieses verlockende Tagebuch schreibt, das keiner von uns in die Finger bekommen darf?", fragte James. „Halt die Klappe, Krone.", lachte Remus und schüttelte den Kopf.

„Keine Sorge, Remus. Wenn ich ein Mädchen wäre, würde ich dich mit Sicherheit daten!", grinste Sirius frech und zwinkerte ihm zu. „Ich dachte, du würdest mich daten, wenn du ein Mädchen wärst!", warf James betroffen ein. „Nein, ich würde mit dir schlafen, während ich eine lange und erfüllende Beziehung mit Moony führe.", erklärte Sirius. „Während?!", fragte Remus empört.

„Du musst doch kein Mädchen sein, um Remus zu daten.", grinste Peter und freute sich über den Ausdruck, den er auf Sirius Gesicht auslöste. Als er das hörte, riss er seine Augen und den Mund ein Stück auf, völlig überfordert starrte er zu Peter. Remus brach in Husten aus, auch ihn hatte diese Aussage vollkommen überrascht. James bekam von all dem nichts mit, da er gedanklich alle Mädchen durchging, die in ihrer Stufe waren.

Peter konnte sein Kichern nicht zurückhalten, als er Sirius Gesicht sah. „Was zum -", begann er, voller Angst, Peter wüsste etwas von seinen Gefühlen zu Remus. Er hatte Angst, dass Peter es irgendwem erzählen würde und ihn bloßstellte. Peter dachte nicht einmal daran, seine Freunde gegen ihren Willen zu outen. Er wollte ihnen nur einen Schubs in die richtige Richtung geben, denn wenn niemand ihnen half, schienen sie Ewigkeiten zu brauchen.

„Was ist denn aus dem Schwarm geworden, den Remus an Silvester noch hatte?", fragte Sirius, um die Aufmerksamkeit von sich zu lenken. „Das ist über ein halbes Jahr her – er wird doch sicher nicht mehr in dieselbe Person verliebt sein, oder?", fragte James scharf, was Peter nur noch mehr zum Kichern brachte. Remus blieb still und ließ seine Augen unbeholfen von links nach rechts wandern. „Immer noch? Und was genau machst du, um dein Ziel zu erreichen?", fragte James vorwurfsvoll. „Ich – ich gebe Hinweise.", verteidigte Remus sich. James schaute skeptisch drein. „Ich habe dich im letzten halben Jahr mit keinem Mädchen, außer denen in unserer Freundesgruppe reden sehen.", konfrontierte James ihn. Remus schluckte. „Ich führe vielleicht auch Gespräche, von denen du nichts weißt?", antwortete er. James verschränkte die Arme vor der Brust. „Mit wem?", fragte er skeptisch und sah dabei zu, wie Remus sich nervös am Arm kratzte. Er grinste breit. „Ich wusste es. Du musst langsam wirklich einen Gang zulegen! Bei deinem Tempo hast du auf deinem Sterbebett mit achtzig deinen ersten Kuss!"

Die Rumtreiber - die ganze GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt