Teil70

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Erst als ich mich wieder auf mein Zimmer zurückgezogen habe, wird mir richtig bewusst, wie groß die Sache ist, die ich grade erfahren habe. Valentino ist tot! Das muss auch für Jaden ein großer Schock gewesen sein, immerhin war Valentino sein Vater. Außerdem hat er nun eine ganze Organisation unter sich und es klang so, als würde ein Clan Krieg oder sowas (keine Ahnung, wie man das nennt) kurz bevorstehen... Wie es ihm wohl damit geht?

Aber all das bedeutet gleichzeitig, dass die eine Sache, die Jaden jetzt am meisten braucht, eine Vertraute ist! Und diese Rolle ist mir zugeschrieben! Wenn ich alles richtig mache, kann ich ein entspanntes Leben an der Spitze führen und vielleicht, wenn Jaden einen guten Tag hat und sein Interesse an mir wieder abgeklungen ist, die Organisation verlassen... Das erscheint mir zwar sehr unwahrscheinlich, aber sobald ich älter bin, wird er sich sicherlich eher für jüngere Frauen interessieren... Männer eben.

Ein kurzer Anflug von Euphorie durchströmt mich, doch ich zwinge ihn zurück. Ich hasse Vorfreude, denn sobald man sehnsüchtig etwas Erwartet läuft alles schief! Das ist immer so. Ich muss einen kühlen Kopf bewahren und je nach Situation handeln, so habe ich es bisher gemacht und es war fast immer die Richtige Entscheidung... Bis auf dieses eine Mal im Wald.... Hätte ich ihn wirklich erschießen müssen? Und schon sind meine Hochgefühle auf dem Tiefpunkt.

Nicht dran denken, Nicht dran denken, Nicht dran denken, Nicht dran denken, Nicht dran denken!

Ich muss mich ablenken! Mein Blick steift durch das Zimmer und schon habe ich eine Idee. Ich entscheide mich, endlich mal die Schubladen und Schränke zu erforschenden. Ich habe noch nicht einmal alles angeschaut, also kann ich das ja jetzt tun und mir nebenbei etwas zum Anziehen für heute Mittag raussuchen.

Ich bin schon halb durch den Kleiderschrank und habe mir ein leichtes Sommerkleid zur Seite gelegt, da fällt mir der Rucksack auf, der mich auf meiner Reise nach Italien begleitet hat. Er lag im Van und Grell meinte, ich könne ihn haben. Eigentlich hatte ich ja eh keine eigenen Gegenstände dabei, die ich darin hätte verstauen können, aber eine Reise ohne Gepäck fühlt sich einfach falsch an. Als ich dann hier angekommen war, hatte ich ihn einfach in den Schrank geworfen, er war ja ohnehin leer. Doch jetzt fällt mir wieder ein, dass das so nicht ganz richtig ist. Er ist nicht komplett leer.

Gespannt nehme ich den Rucksack heraus und öffne ihn langsam. Wahrlich ein Tag voller Überraschungen, ich atme erleichtert aus, als ich am Boden der schwarzen Tasche einen vertrauten Zettel sehe. Natürlich ist er noch da, er kann sich ja kaum in Luft auflösen!

Ich falte den kleinen Notizzettel auseinander und sehe Rikas Telefonnummer. Sie hat ihren Namen daruntergeschrieben und ich muss lächeln, als mir der kleine Stern als i Punkt auffällt. Wenigstens etwas, wofür ich mein Handy nun nutzen kann. Schnell hole ich es aus der Nachttischschublade und speichere ihren Kontakt ein. Dann beginne ich eine SMS zu tippen, aber halt, darf ich das überhaupt? Soll ich Jaden vorher um Erlaubnis fragen, oder ist es Ok, weil Rika zur Organisation gehört? Wird das Handy überwacht? Aber das ist ja eigentlich egal, ich werde ja nichts Verdächtiges schreiben...

Ich beschließe, Jaden später davon zu erzählen, die SMS aber trotzdem jetzt schon abzuschicken. Rika antwortet sofort und wir beginnen zu chatten. Lächelnd sitze ich auf dem Teppich vor dem Kleiderschrank und schreibe meiner einzigen Freundin. 

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