Legato

Teil11

Ein langer Esstisch füllt den gesamten Raum. Das gedämpfte Licht gibt mir ein Gefühl von Geborgenheit, doch der Mann am Ende des Tisches hat eine so kühle und beängstigende Aura, dass ich am liebsten wieder aus dem Zimmer getreten wäre. "Ihr kommt spät. Setzt euch doch bitte." sagt er mit einem leichtem Italienischem Akzent. Auf dem langen Tisch ist für drei Personen gedeckt. An einem Ende sitzt dieser kühle Mann und rechts neben ihm ist noch ein Gedeck. Jaden schlendert darauf zu. Also ist der Platz am anderen Ende des Tisches für mich? Wie seltsam, dass wir so weit entfernt voneinander sitzen. Aber das ist mir nur recht. Intuitiv habe ich das Gefühl, ich werde heute Abend mit "dem Boss" sprechen, der mich hier als Gast beherbergt.

Ich lasse mich auf den hölzernen Stuhl nieder. In diesem Haus scheint alles aus Holz zu sein. Ein... Kellner oder Butler? schenkt mir ein Glas mit Weißwein ein und stellt einen Teller mit Suppe vor mich. Erst jetzt bemerke ich, wie hungrig ich bin. Aber kann ich bedenkenlos das Gericht zu mir nehmen? Was wenn sie wieder Betäubungsmittel oder andere Drogen hineingetan haben? Aber warum sollten sie? Wenn sie mich vergiften wollten, hätten sie es längst getan... "Du kannst es ruhig essen, ist nicht vergiftet." sagt Jaden über den Tisch hinweg und lächelt spöttisch. Dann beginnt er seine Suppe zu schlürfen. Der Mann mir gegenüber schaut missbilligend zu seiner rechten. Dann begrüßt er mich: "Ich hoffe deine Anreise war annehmlich und dein Zimmer gefällt dir. Darf ich mich vorstellen? Ich bin Valentino De Caruso. Ich möchte mich im Vorab für die Verwechslung bei deiner Ankunft entschuldigen. Ich hoffe du verzeihst Jaden?". Besagter Jaden schaut genervt von seinem Essen auf. Wenn ich jetzt Nein sagen, schlägt Valentino Jaden dann? Aber ich sollte mir hier keine Feinde machen!

"Vielen Dank für die Einladung zum Essen. Ich nehme an, Sie wissen wer ich bin. Aber ich würde gerne wissen, warum Sie mich eingeladen haben." spiele ich mit, obwohl alle in diesem Raum wissen, dass ich nicht freiwillig hier bin. Trotz meines großen Hungers habe ich nur wenig meiner Suppe gegessen und jetzt wird sie einfach abgeräumt. Hoffentlich fassen sie es nicht als Beleidigung auf, dass ich nicht aufgegessen habe. Aber sofort wird ein neuer Teller mit einem Steak vor mir abgestellt. Es sieht unfallbar lecker aus! Als ich es aufschneide, rinnt ein bisschen Blut raus. Medium Rare. Soll mich das blutige Stake etwa einschüchtern? Tja, ich liebe Medium Rare, also schiebe ich mir ein großes Stück in den Mund und beginne zu kauen. "Natürlich möchtest du wissen, warum wir dich eingeladen haben... Das war, sozusagen, als Dankeschön gedacht, weil du einem unserer Mitglieder geholfen hast. Bei dem Unfall. Ich wollte mich unbedingt persönlich bei dir bedanken!" sagt der Italiener. Also hat das Ganze hier doch mit dem Koffer zu tun, wie ich es bereits vermutet hatte. Dann schweigen alle am Tisch, bis der Hauptgang abgeräumt und das Dessert gebracht wird. Ein italienisches Teiggebäck. Köstlich glänzt die Glasur.

"Was ich dich noch Fragen wollte Loreena, hast du eigentlich in den Koffer geschaut, bevor du ihn versteckt hast?"