Mein Magen knurrt. Ich habe Hunger. Wie lange sitze ich schon hier im dunklen? Inzwischen habe ich mich wieder einigermaßen beruhigt. Die Panikattacke war nur schwach und jetzt sitze ich ruhig atmend auf dem Boden. Soll ich es wagen? Wie viel Zeit ist vergangen?
Vorsichtig stehe ich auf und schleiche Richtung Tür. Mit einem Ohr an das Holz gepresst, lausche ich auf Geräusche. Nichts. Ist der Raum etwa leer? Soll ich? Vorsichtig drehe ich das Schloss nach links und sperre auf. Das Tageslicht blendet mich, doch nach kurzer Zeit erkenne ich, dass niemand anderes in dem Zimmer ist. Nur ich. Erleichtert lasse ich die Luft aus. Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich meinen Atem angehalten hatte. Leise trete ich aus dem Badezimmer. In der Wand gegenüber dem Bett ist ein Faustgroßes Loch. Hat Jaden dort hingeschlagen? Aus Wut?
Das Mittagessen steht auf dem Boden, also war ich eine sehr lange Zeit im Badezimmer. Ich bin hungrig, schließlich hatte ich auch noch kein Frühstück. Ein Pochen in meinem Schädel lässt mich an vergangene Nacht denken. Wie lange sie her zu sein scheint... Ich esse etwas und räume dann das Zimmer auf. Nur nicht dran denken! Die in mir aufkeimenden Gefühle und Gedanken schiebe ich in den hintersten Teil meines Kopfes. Irgendwann werde ich sie an die Oberfläche lassen und verarbeiten müssen, aber hier und jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt! Aber wie kann ich mich noch ablenken? Auf Sport habe ich keine besondere Lust. Ich würde wirklich gerne Musik hören, aber auch das kann ich nicht tun. Geistig versuche ich die Englisch Vokabeln, die ich vor meiner Entführung für einen Test gelernt habe, zu wiederholen. Keine Chance, ich erinnere mich einfach nicht mehr! Wie lange bin ich schon hier?
Schließlich lasse ich mich mit dem Rücken auf das weiche Bett fallen und versinke in Tagträume, in denen ich am Meer liege und mich von der Sonne wärmen lasse. Ich war schon so lange nicht mehr an der frischen Luft. Ich vermisse es sehr. Es ist zwar ein Trost, den Wald von meinem Fenster aus sehen zu können, aber am liebsten würde ich auch durch ihn durch Schlendern und den Duft von nassem Holz einatmen.
Die Tür wird geöffnet. Sofort richte ich mich auf. Ängstlich spähe ich zum Ausgang, doch zu meinem Glück erblicke ich nicht Jaden, sondern nur den komischen rocker Typen. "Hey, komm mit, ich bring dich zu deiner Arbeit.", sagt er nur und dreht sich sofort wieder um. Ich springe auf und laufe ihm hinterher. Alles ist besser, als mit meinen Gedanken in diesem stickigen Zimmer eingesperrt zu sein! "Ich bin übrigens Mo." höre ich meinen Begleiter sagen. Mo... Ob das wohl ein Deckname ist? "Freut mich, ich bin Loreena.", antworte ich mit freundlichem Ton. Es kann nicht schaden, Leute auf meiner Seite zu haben.
Wir steigen die Treppe hinunter und mich gruselt es leicht, als Mo die Kellertür aufschließt. Das letzte Mal, dass ich hier unten war, hätte Jaden mich fast... Nicht an IHN denken! Ich folge dem großen Kerl vor mir. Der Keller scheint unendlich in die Tiefe zu gehen. Irgendwann biegt Mo in einen Gang ab und bleibt schließlich vor einer Metalltür stehen. Nervös sehe ich ihm zu, wie er einen Schlüssel aus der Hosentasche kramt. Was wenn Jaden mich doch verpetzt hat, und sie mich jetzt doch umbringen?
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Legato
Adventure„In meinem Leben gibt es niemanden mehr, für den es sich zu sterben lohnt" Als sie Zeugin eines Unfalls wird, gerät die 18 jährige Loreena unfreiwillig in die ihr völlig fremde Welt der Mafia. Plötzlich sieht sie sich Entscheidungen gegenüber, die w...