Einige Tage später.
Die Decke meines Zimmers sieht so aus wie immer. Ich kenne jeden Nagel, jede Holzdiele und jeden Fleck. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich, um meine Familie und Freunde zu schützen, weit von ihnen wegmuss! Egal, ob diese Leute hier mich laufen lassen oder nicht. Ich muss mich von meinen Lieben fernhalten, um sie zu schützen! Am besten für sie wäre es, wenn sie glauben würden, ich sei Tod. Natürlich ist es schwer seinen Tod vorzutäuschen, die Dokumente könnten ein Problem werden, aber vielleicht könnten mir die Mafia Leute helfen... Wenn ich Jaden um den Finger wickeln könnte...
So verbringe ich meine Zeit. Tag ein, Tag aus. Ich weiß nicht, wie lange ich schon hier bin. Seit dem Gespräch mit Valentino ist niemand, außer den Essensbringern, hergekommen. Doch gerade stört es mich nicht, einsam zu sein. Es ist besser so. Ich muss mich eh daran gewöhnen. Wo ist bloß meine Zuversicht hin? Unterbewusst habe ich anfangs jeden Moment mit meiner Rettung gerechnet. Doch jetzt, wo ich diese Hoffnung verloren habe, merke ich erst, wie viel Antrieb sie mir gegeben hat. Einfach die Gefühle abschalten. Das habe ich auch schon Früher gemacht. Als ich noch Zuhause war. In meinem alten Leben.
Als die Tür abends geöffnet wird und ich, ohne zu reagieren auf meinem Bett liege, wird das Tablett nicht wie gewöhnlich auf den Boden gestellt. Als sich mir Schritte nähern blicke ich auf. Jaden. Er steht mit dem Tablett vor mir. Auf besagtem steht heut, neben dem Abendessen auch eine große Flasche Rum, Limettenscheiben und zwei Gläser, vermutlich befüllt mit Cola. Jaden stellt das Tablett auf dem Boden ab und setzt sich davor. Dann nimmt er die Rum Flasche in die Hand. "Lass uns deine Aufnahme in den Caruso-Clan feiern!", mit diesen Worten schenkt er die braune Flüssigkeit in beide Gläser und beginnt mit einem kleinen Messer die Limetten zu vierteln. Cuba Libre. Wie ironisch, mit einem Getränk, das für die Unabhängigkeit, die Freiheit steht, soll ich auf meine endgültige Gefangenschaft anstoßen? Ich habe mich im Netz der Spinne verfangen. Ich komme hier nicht mehr raus, ohne Schaden anzurichten.
Wortlos setze ich mich neben Jaden und beginne die Ravioli zu essen. Zugegeben, sie sehen sehr lecker aus, aber ich empfinde keine Freude, als ich sie koste. Eigentlich schmecke ich gar nichts. Ich habe auch keinen Appetit, aber essen muss ich trotzdem. Sonst wäre es Verschwendung.
Jaden reicht mir ein Glas. Wir stoßen an und ich schaue praktisch durch ihn hindurch. Dan trinke ich. Der süße Geschmack der Cola ist so aufdringlich, dass sogar meine deprimierten Geschmacksknospen ihnen nicht entkommen. Egal, der Alkohol wird mich hoffentlich auf andere Gedanken bringen! Also trinke ich weiter, bis das Glas leer ist. Dann stelle ich es wortlos ab und widme mich wieder den Nudeln. Jaden will mir einen neuen Drink machen, aber er hat keine Cola mitgenommen. Also schwimmen nur Limettenscheiben zwischen dem Rum. "Warte, ich hole kurz mehr Coca", sagt er und verschwindet aus dem Raum. Coca, nur Italiener nennen Coca-Cola beim vorderen Wort. Aber das ist jetzt völlig irrelevant. Ich greife nach dem Glas und exe den Rum. Er brennt warm in meinem Hals. Dann öffne ich die Flasche und schenke erneut ein und exe wieder. Noch spüre ich nichts, aber beim dritten Glas hebt sich meine Stimmung leicht.

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Legato
مغامرة„In meinem Leben gibt es niemanden mehr, für den es sich zu sterben lohnt" Als sie Zeugin eines Unfalls wird, gerät die 18 jährige Loreena unfreiwillig in die ihr völlig fremde Welt der Mafia. Plötzlich sieht sie sich Entscheidungen gegenüber, die w...