Teil20

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Ich verbringe bestimmt den halben Tag auf dem Bett liegend und über meine Situation grübelnd. Die Sonne ist inzwischen wieder auf dem Weg nach unten und wirft ein bezauberndes Licht in mein Zimmer. Aus Langeweile versuche ich das Gedicht "Prometheus", das ich mal in der Schule auswendig lernen musste zu rezitieren.

Die Tür fliegt auf und knallt gegen die Wand. Ich zucke zusammen. Es ist Jaden. Wer würde sonst so unglaublich laut und unhöflich hereinkommen? Er hat eine kleine, weiße Schachtel in der Hand und einen gelangweilten Ausdruck auf dem Gesicht. "Hier, Mittagessen." sagt er und legt die Box auf den Nachttisch. Dann schauen wir uns einige Sekunden schweigend an. Wie komisch, ich weiß nicht, was ich sagen soll. Er anscheinend auch nicht. Dann dreht er sich um und bleibt vor der Tür stehen. "Valentino ist für das Wochenende weg, also hast du genügend Zeit dir zu überlegen, ob du ihn ein drittes Mahl anlügen willst.". Stille. Und dann: "Bist du Wund?". So ein Arsch. "Ja, mein Hals ist wund!" gebe ich bewusst die falsche Antwort. "Dein Hals juckt mich nicht. Aber ist ja auch egal." und er verschwindet wieder. Ich höre wie sich der Schlüssel von außen im Schloss umdreht. Hat dieser Idiot eine Perönlichkeitsstörung? Bilde ich es mir nur ein, oder ist er jedes Mal anders.

Als ich die Box öffne, dringt ein leckerer Geruch an meine Nase. Es sind Nudeln mit einer Tomaten-Sahne Soße. Es sieht köstlich aus und ich bin froh, dass sie mir wenigstens gescheites Essen geben. Doch dann bemerke ich, dass Jaden mir kein Besteck mitgebracht hat. So ein Vollidiot! Hat er bestimmt mit Absicht gemacht! Also nehme ich die Fusilli mit bloßer Hand und fühle mich wie ein Kindergartenkind. Aber es ist wirklich lecker! Die Pasta schmeckt fast schon selbstgemacht.

Nachdem ich fertig bin, wasche ich meine Hände und werfe die Schachtel in den Mülleimer, der im Badezimmer steht. Dann beginne ich, sämtliche Schranktüren und Schubladen noch einmal zu öffnen. Das Schlafzimmer hatte ich ja bereits erfolglos durchsucht, aber im Badezimmer finde ich endlich etwas. Neben Duschgel, Bürste, Zahnpasta und Zahnbürste lassen sich auch Haargummis und Tampons ausmachen. Dieses Zimmer hat bestimmt eine Frau ausgestattet. Oder zumindest jemand, der weiß, was Frauen so brauchen. In der Schublade unter dem Waschbecken sind sogar Ersatz Handtücher und eine Gesichtscreme! Was für ein Luxus!

Den Rest des Tages verbringe ich damit, meine Beine zu dehnen und Bauchmuskeltraining zu machen. Sonst gibt es hier ja nichts zu tun. Gerade, als mein Magen wieder beginnt sich Aufmerksamkeit zu verschaffen, kommt ein, mir fremder Mann mit einem neuen Tablett herein. Wortlos stellt er es ab und nimmt das Alte mit. Zum Abendessen gibt es nur eine Gemüsesuppe und Brot, aber das ist mir recht. Früh lege ich mich dann ins Bett und versuche zu träumen. Es fällt mir wirklich schwer, einzuschlafen, aber irgendwann dämmere ich weg.

Ein Knall reißt mich aus meinen Träumen. Jemand ist in dem dunklen Zimmer! Aber wer? Meine Augen haben sich noch nicht an die schwärze der Nacht gewöhnt, doch ich kann Schritte hören. "Wer ist da?" flüstere ich leise. Dann bewegt sich die Matratze und ich keuche erschrocken auf. "Jaden, bist du das?" sage ich und versuche die Angst in meiner Stimme zu verbergen. Keine Antwort. 

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