Kapitel 152

281 17 6
                                    




Wincent

,,Schatz, kann ich mal kurz dein Handy haben?", frage ich, schaue aber nicht nach hinten zu ihr. ,,Schatz?", frage ich nochmal als ich keine Antwort erhalte. Als ich mich umdrehe, muss ich augenblicklich anfangen zu schmunzeln. ,,Was ist?", fragt Mats und zieht sich die Kopfhörer vom Kopf. ,,Ach nichts", lächle ich und drehe mich wieder um. ,,Schläft sie?", fragt Karim lächelnd. ,,Ja", antworte ich und schnappe mir wieder mein Handy. ,,Ich finde das so bewundernswert wie ihr das macht. Das wollte ich schon länger mal sagen", sagt er und schaut kurz zu mir rüber. ,,Danke, es ist aber nicht immer so leicht wie es aussieht", seufze ich und sperre mein Handy wieder. ,,Es ist ja auch keine einfache Situation", erwidert Karim. ,,Gerade geht es ihr seit ein paar Tagen ganz gut. Aber es gibt auch schlechte Tage. Auch für mich ist es nicht immer leicht. Elli so zu sehen, tut weh. Weißt du, ich kenne sie seit sie 14 ist. Sie war immer so eine Frohnatur. Ich habe sie immer ,,kleiner Sonnenschein" genannt, denn immer wenn sie in der Nähe war, hat sie nur gute Laune ausgestrahlt. Sie ist nur singend und tanzend durch die Gegen gehüpft. Auch wenn es ihr gesundheitlich nicht immer gut ging, war sie meine kleine Strahlemaus. Ich habe immer das Bild vor mir, wie sie singend durch die Wohnung tanzt. Ich vermisse diese Leichtigkeit in ihrem Lächeln und diese Verträumtheit, mit der sie immer in meinen Armen lag", rede ich mir von der Seele. ,,Ich könnte gerade einfach so weiter machen", seufze ich und fahre mir durch die Haare. ,,Was genau meinst du?", fragt Karim leise. ,,Mir alles von der Seele reden", flüstere ich. ,,Denn das kann ich nicht allzu oft", murmle ich. ,,Dann tu es jetzt. Ich bin ein guter Zuhörer und Zeit hätte ich gerade genug", lächelt er mich an. ,,Ich will dich aber nicht vollheulen", sage ich unsicher. ,,Tust du nicht, versprochen", versichert er mir.

Also fange ich einfach an zu reden. ,,Ich sehe einfach wie verzweifelt sie ist, wenn sie von der Therapie nach Hause kommt und immer noch keine Fortschritte zu sehen sind. Als wir Vorgestern zu Hause in München waren, habe ich sie gesehen wie sie bei sich im Zimmer ein Buch aus dem Regal holen wollte und es einfach nicht geschafft hat. Vor lauter Verzweiflung und Enttäuschung hat sie angefangen zu weinen. Da ich einen wichtigen Anruf bekommen habe, konnte ich nicht zu ihr. Als ich fertig war, saß sie unten als wäre nicht gewesen. Für mich und alle anderen will sie immer die Starke spielen um uns keine Sorgen zu bereiten. Weißt du was mir am meisten fehlt, an das ich niemals gedacht hätte", sage ich und schaue Karim fragend an. ,,Was denn?" ,,Solche Kleinigkeiten wie zum Beispiel beim gehen ihre Hand zu halten, sie von hinten zu umarmen, sie einfach in meine Arme zu ziehen, mit ihr herumzualbern, sie einfach an mich zu ziehen und sie zu küssen. Einfach unbeschwert zu sein, nicht überlegen zu müssen was man nun machen kann", flüstere ich und schaue sehnsüchtig aus der Windschutzscheibe. Wir reden noch ein bisschen und schon kommen wir in Halle an. Ich drehe mich zu Elli um und streichle ihr Knie. ,,Kleine, aufwachen. Wir sind angekommen", sage ich leise und schon kommt Bewegung in den Körper meiner Freundin. ,,Man bin ich durch", murmelt sie und fährt sich durchs Gesicht. ,,Ist alles okay?", frage ich besorgt. ,,Alles gut. Bin nur ein bisschen müde", lächelt sie.

Als ich aussteige sehe ich das Karim schon Ellis Rollstuhl ausgeladen hat. ,,Danke", sage ich und nehme ihn. ,,So, dann steigen wir mal aus", lächle ich und öffne Elli die Autotür. ,,Hilfst du mir?", fragt sie leise. ,,Na klar, komm her", flüstere ich und hebe sie aus dem Auto. ,,Ist das kalt", seufzt sie. ,,Warte", sage ich und greife nach ihrer Decke, die wir immer dabei haben falls es ihr draußen zu kalt ist. ,,Ist wirklich alles gut? Es ist doch gar nicht so kalt", frage ich und lege ihr die Decke über die Beine. Leicht nickt sie und lächelt mich leicht an. ,,Ach da seid ihr ja", kommt Anna auf uns zu und reicht uns unsere Backstagepässe. ,,Danke", lächelt Elli und hängt sich den Pass um. ,,Wincent, du auch. Bevor wir dich gleich wieder einsammeln können", sagt Anna und schaut mich streng an. ,,Ist ja gut", kichere ich und hänge mir selbst den Pass um. Ich schultere mir den Rucksack und stelle mich hinter Elli. ,,Komm, ich schiebe dich." ,,Danke", sagt sie leise und legt ihre Hände auf den Schoß. Kaum haben wir das Gebäude betreten, werden wir schon von den ersten Leuten begrüßt. ,,Ich würde mal sagen, wir suchen mal Giovanni", verkünde ich und schiebe Elli weiter. ,,Ah Wincent", ruft er als er uns bemerkt. ,,Moin, danke für die Einladung", lächle ich und erwidere seine Umarmung. ,,Sehr gerne, ich muss mich bedanken das du sie angenommen hast", antwortet er. ,,Oh Elli, schön dich kennenzulernen", strahlt er und widmet sich nun meiner Freundin zu. ,,Mich freut es auch", lächelt sie. ,,Dich habe ich ja auch angefragt", lacht er leicht. ,,Ja das habe ich gehört. Aber für Auftritte um zu singen, fühle ich mich noch nicht ganz so bereit", sagt sie leise. ,,Das verstehe ich vollkommen. Lass dir ruhig Zeit. Ich bin mir sicher, deine Fans warten gerne auf dich", lächelt er sie aufmunternd an.

Wie tief muss man tauchen, bis man die Tränen nicht mehr siehtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt