WincentMit leicht zitternden Händen öffne ich die Box und hole erstmal das kleine Büchlein heraus. ,,Ich habe von Januar bis August jeden Tag Tagebuch geführt. Ich dachte mir, du willst irgendwann alles wissen", sage ich leise und lege es ihr auf den Schoß. ,,Steht da alles drinnen?", fragt sie nochmal vorsichtig nach. ,,Ja, alles ungeschönt. Meine Gefühle, meine Gedanken, meine Ängste und was an dem jeweiligen Tag passiert ist", flüstere und kämpfe schon wieder mit den Tränen. ,,Das bedeutet mir so viel, dass du mir das gibst", antwortet sie leise und schaut mich ebenfalls mit feuchten Augen an. Langsam greife ich nochmal in die Box und hole eine Speicherkarte heraus. Ich drehe sie in meinen Händen, unsicher ob ich wirklich bereit bin, ihr diese zu geben. ,,Was ist das?", fragt sie leise. Kurz räuspere ich mich, bevor ich anfange zu erzählen. ,,Ich wollte all meine Sorgen und Gedanken von der Seele reden. Am liebsten hätte ich Storys gemacht, aber das konnte ich ja nicht machen. Deshalb hab ich sie für mich/für uns aufgenommen", erkläre ich und schaue hoch in Ellis Gesicht. ,,Können wir sie bitte schauen?", fragt sie leise. ,,Möchtest du das wirklich? Mir ging es nicht gut und ich sah auch so aus", gebe ich mein Bedenken von mir. ,,Das kann ich mir denken Wince. Aber ich habe das Gefühl, als hätte ich das alles verpasst und ich möchte es einfach wissen", haucht sie und schaut mich bittend an. Sachte nicke ich und stecke die Speicherkarte in meinen Laptop. Langsam lehne ich mich an das Bettende und sofort kuschelt sich Elli an meine Brust. Nach kurzen Zögern klicke auf das erste Video, welches fünf Tage nach dem Unfall aufgenommen wurde. Es zeigt mich, wir ich hier im Bett sitze und gedankenverloren in die Kamera blicke. Und meine ganzen Ängste aufzähle. Ich berichte in dem Video auch von Ellis Operation, die an diesem Tag gemacht wurde.
Wir sitzen über einer Stunde hier und schauen uns die ganzen Videos und Fotos an, die in diesen Monaten entstanden sind. Dort sind auch Videosequenzen und Fotos mit den Jungs aus dem Studio dabei. Sie waren viel hier bei mir und haben alles erdenkliche versucht mich abzulenken und aufzufangen, was ihnen nicht immer gelungen ist. ,,Es tut mir leid, dass ich nicht den ganzen Tag bei dir war. Ich hab es einfach nicht ausgehalten dich lange so zu sehen", flüstere ich als wir ein Video anschauen, indem ich von dem Tag erzähle, an dem ich Vormittags noch zu Kevin nach Hause geflüchtet bin. ,,Dafür musst du dich doch nicht entschuldigen Schatz. Ich verstehe das vollkommen. Ich an deiner Stelle, hätte dich wahrscheinlich so nie sehen können. Wince, du warst jeden Tag bei mir und hast nach mir gesehen. Ich würde es sogar verstehen wenn du ein paar Tage nicht gekommen wärst", flüstert sie und streichelt meine Wange. ,,Das hätte ich nicht übers Herz bekommen. Ich musste mich wenigstens einmal am Tag vergewissern das du noch da bist", hauche ich und schaue sie an. Sie lächelt traurig und wischt mir eine Träne weg, die sich aus meinen Augen gelöst hat. ,,Weißt du eigentlich wie sehr mir das alles bedeutet? Du bedeutest mir die Welt Winnie. Ich wüsste doch gar nicht was ich ohne dich machen würde. Ich verspreche dir, ich werde für dich immer weiter kämpfen", flüstert sie unter Tränen und schaut mich liebevoll an. ,,Du bist meine Welt Elli, mein zu Hause. Ich werde alles erdenkliche für dich machen", erwidere ich leise. ,,Ich liebe dich", flüstert sie und legt ihre Lippen auf meine.
Der gestrige Abend war noch ganz besonders. Wir haben uns mit unseren ganzen Gefühlen gezeigt, wie sehr wir uns lieben und brauchen. Elli liegt noch friedlich schlafend in meinen Armen und ich genieße gerade einfach die Stille. Nun habe ich endlich das Gefühl, als könnte ich anfangen das Alles zu verarbeiten. Ich brauche keine Angst zu haben vor Elli meine Gefühle offen zu legen und ich darf auch mit meinen Sorgen und Ängsten zu ihr kommen. Plötzlich klopft es an unserer Zimmertür. Das muss unser Frühstück sein. Schnell schnappe ich mir meine Boxershorts und ziehe sie mir über. Ich beeile mich zur Tür zu kommen und nehme unser Essen entgegen. Schmunzelnd stelle ich den Servierwagen neben das Bett und lege mich neben meine schlafende Freundin. ,,Schatz, aufwachen", flüstere ich und streichle über ihre Wange. Von ihr erhalte ich aber nur ein Brummen. ,,Süße, Frühstück ist da", lache ich leise und hauche einen Kuss auf die Nasenspitze. ,,Du bist echt ein Schatz", murmelt sie und schlingt ihre Arme um meinen Hals. ,,Guten Morgen", grinse ich als sie die Augen öffnet. ,,Morgen", flüstert sie lächelnd und zieht mich für einen Kuss näher zu sich. ,,Komm ich hab Hunger", schmunzle ich und setze mich auf. ,,Ich werde ja mal verwöhnt", kichert sie als ich ihr einen Teller reiche. ,,Kannst du öfters haben", zwinkere ich und schenke mir Kaffee in die Tasse. ,,Das werde ich mir merken", schmunzelt sie und trinkt an ihrem Orangensaft.
,,Wie spät haben wir es eigentlich?", fragt sie als ich sie auffordere sich fertig zu machen. ,,Kurz nach 8:30 Uhr. Fang jetzt mal an", lache ich. ,,Warum hetzt du so früh", brummt sie und rollt ins Badezimmer. ,,Habe heute noch viel vor", rufe ich ihr nach. ,,Was machen wir denn?", fragt sie als ich ebenfalls meine Zahnbürste in die Hand nehme. ,,Lass dich überraschen", grinse ich als Antwort. ,,Na toll", brummt sie und steckt sich die Zahnbürste in den Mund. Eine halbe Stunde später sitzen wir schon im Auto. ,,Augen zu", grinse ich als ich die Adresse eingeben möchte. Schmunzelnd schließt sie ihre Augen. ,,Fertig", kichere ich und starte den Motor. Eine Stunde später fahren wir am Ortsschild von Innsbruck vorbei. ,,Oh ist das schön", strahlt sie als wir weiter rein fahren. Parke ein wenig außerhalb und helfe ihr erstmal aus dem Auto. ,,Lass uns erstmal ein bisschen in die Innenstadt gehen oder?", frage ich und hänge ihren Rucksack an den Rollstuhl. ,,Ja gerne", sagt sie und richtet ihre Decke. Nach einem kurzen Stopp in einem kleinen süßen Cafe, erkunden wir ein bisschen die Stadt. Ab und zu verschlägt es uns in einen Laden. Gegen 14:00 Uhr setzen wir uns in ein Restaurant und essen erstmal zu Mittag. ,,Das war mal eine richtig gute Idee", schwärmt sie als wir bezahlen. ,,Ich dachte es wäre mal schön etwas Neues zu sehen", antworte ich und stehe auf. Wir spazieren ein bisschen am Wasser entlang und schauen uns einfach so viel wie es nur geht an. Zwei Stunden später beschließen wir zurück zum Auto zu gehen, denn so langsam merkt man die kalten Temperaturen.
,,Was hältst du davon wenn wir noch ein bisschen in den Wellnessbereich gehen und anschließend etwas zu Essen bestellen. Dann kuscheln wir uns damit ein bisschen vor den Kamin", schlage ich vor. ,,Das klingt traumhaft. Auf ein bisschen Entspannung hätte ich jetzt schon noch Lust", sagt sie und schnappt sich schon ihren Bikini. Es macht mich einfach glücklich wie unbeschwert sie gerade ist und sich auch keine Gedanken um ihren Körper macht. Ich hoffe einfach, dass diese Stimmung auch so bleibt wenn wir zurück in unserem Alltag sind. Als wir den Wellnessbereich betreten, habe ich das Gefühl als würde sie sich anspannen. ,,Was ist los?", frage ich leise und halte sie an. ,,Da drüben, auf der Liege", murmelt sie und deutet unauffällig zu einer Liege auf der rechten Seite. ,,Okay, du bleibst jetzt ganz ruhig. Versuch sie auszublenden okay?", sage ich leise und stelle sie neben einer Liege ab. Wir werden von zwei Mädels beobachtet und ich habe ein ungutes Gefühl. ,,Ich gehe mich schnell abduschen okay?", flüstere ich und hauche ihr einen Kuss auf die Schläfe. ,,Ja, ich bleibe hier sitzen", murmelt sie. Als an den Mädels vorbei laufe, atmen sie quietschend ein, was meine Befürchtungen bestätigen. Die beiden sind wahrscheinlich Fans. Schnell dusche ich ab, denn ich möchte Elli ungern allein lassen wenn ich weiß das Fans da sind. ,,Gott, wir können es gar nicht glauben", spricht mich doch plötzlich eines der Mädels mich an. ,,Meist passiert es, wenn man nicht dran glaubt", lächle ich freundlich. ,,Können wir bitte ein Foto machen?", fragt die andere. ,,Ehm tut mir leid. So mache ich keine Fotos", sage ich entschuldigend und zeige auf meine Badehosen. ,,Okay, das verstehen wir. Vielleicht sehen wir uns ja nochmal im angezogenen Zustand", schmunzelt die andere und stellt sich provokant hin. ,,Eh, ja vielleicht. Jetzt entschuldigt mich bitte", sage ich und gehe wieder zurück zu Elli.
,,Wie sind sie drauf?", fragt sie direkt skeptisch. ,,Ehm sie wollten ein Foto machen", sage ich und kratze mich am Hinterkopf. ,,Also, die eine hat ihre Reize ja spielen lassen", schmunzelnd Elli. ,,Ich hab hier was hübscheres", grinse ich und setze mich neben sie. ,,Hoffentlich machen die keine Fotos", murmelt sie. ,,Willst du hochgehen?", frage ich besorgt nach. ,,Nein, ich will mir jetzt nicht den Abend versauen lassen. Gehen wir endlich ins Wasser", lächelt sie. ,,Sehr gut, ja komm", antworte ich erleichtert und hebe sie hoch. ,,Ich könnte dich jetzt auch einfach reinschmeißen", lache ich. ,,Wag es ja nicht", lacht sie und hält sich noch mehr an mir fest. ,,Keine Angst", kichere ich und setze sie wie die letzten Tagen am Beckenrand ab. Als ich mich an die Temperatur des Wassers gewöhnt habe, ziehe ich sie zu mir. ,,Das tut so unglaublich gut", seufzt sie zufrieden und hält sich auf meinem Rücken fest. ,,Dann genieß es", sage ich und bewege mich weiter. Die ganze Zeit spüre ich die Blicke der Mädels auf uns. Irgendwann merke ich das Elli doch nicht so abschalten kann, wie die letzten Tage. ,,Komm gehen wir wieder oder?", frage ich sie sanft und ziehe sie vor mich. ,,Mmh, ist glaub besser", seufzt sie und lässt sich wieder von mir hochheben. Oben im Zimmer duschen wir uns erstmal ab, bevor wir uns in kuschlige Klamotten schmeißen. Kaum haben wir uns auf dem Sofa bequem gemacht, kommt unser Essen.
Nachdem Essen mache ich uns den Kamin an und hole uns eine Flasche Wein. ,,Oh Perfekt", strahlt sie und nimmt mir ein Weinglas aus der Hand. Ich kuschle mich hinter sie und ziehe sie zwischen meine Beine. ,,Es ist einfach so schön gerade", flüstert sie und beobachtet das Feuer im Kamin. ,,Da stimme ich dir zu", seufze ich einfach nur und hauche ihr einen Kuss aufs Haar. So sitzen wir einfach da und kuscheln. ,,Du Schatz?", wende ich mich plötzlich an sie und richte mich ein bisschen auf. ,,Mmh?", fragt sie und schaut mich an. ,,Kann ich mal mit dir über was anderes reden?"
DU LIEST GERADE
Wie tief muss man tauchen, bis man die Tränen nicht mehr sieht
FanfictionFortsetzung von ,,Müsste da nicht Musik sein. Elli liegt nach einem schweren Unfall im Koma, und die Welt von Wincent droht zusammenzubrechen. Während er an ihrem Bett sitzt und ihre Hand hält, versucht er verzweifelt, mit der Ungewissheit und dem...