Kapitel 207

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Elli

Ich stehe gerade mit Johannes und Marco in der Küche. Ich kam vor einer halben Stunde zu Hause und bin ehrlich gesagt, sehr froh darüber. Wincent liegt auf dem Sofa und schläft. ,,Danke, das ihr für ihn da wart", sage ich an die Jungs gewandt. ,,Das ist doch selbstverständlich, sollen wir noch da bleiben?", fragt Johannes. ,,Wenn ihr das machen würdet gerne, wenn es ihm körperlich nicht so gut geht und er Hilfe braucht, kann ich ihm nicht so gut helfen." ,,Klar bleiben wir noch da", lächelt Marco. Ein Rascheln der Bettdecke lässt mich zum Sofa schauen. Aus kleinen, glasigen Augen schaut mich Wincent an und sein Anblick treibt mir fast Tränen in die Augen. ,,Wince", sage ich leise und stelle meine Tasse hin. Er möchte etwas sagen, wird aber von einem heftigen Husten und Würgen unterbrochen. Er beugt sich über den Eimer, der neben dem Sofa steht und erbricht sich. Plötzlich höre ich ihn schluchzen, zwar leise aber ich kann es höre. Sofort rolle ich zu ihm und streichle seinen Rücken. ,,Elli", schluchzt er zwischen zwei Würgern. ,,Shh, alles gut. Ich bin hier", flüstere ich und graule seinen Kopf. Nachdem er fertig ist setzt er sich wieder auf und fährt sich mit zitternden Händen durchs Gesicht. ,,Gib mir den Eimer", sagt Marco hinter mir und streckt seine Hand aus. Ich gebe ihn ihm und wende mich nun Wincent zu. ,,Schatz", sage ich leise und greife nach seinen Handgelenken. Aber es senkt sofort seinen Kopf. ,,Schau mich an", flüstere ich und lege eine Hand an seine Wange und erschrecke fast, denn er fühlt sich total heiß an. ,,Es tut mir so leid", wimmert er. ,,Stopp, Wincent, du hast nichts falsch gemacht. Hörst du? Du bist hier das Opfer", sage ich leise aber streng. Ich überlege nicht lange, setze mich aufs Sofa und ziehe ihn auf meinen Schoß.

,,Hast du mich verstanden?", frage ich leise und streichle seinen Arm. ,,Ja", haucht er und spielt am Saum meines Pullovers herum. ,,Okay gut, ich bin für dich da", flüstere ich und hauche ihm einen Kuss auf die Stirn. ,,Er soll mal was trinken", spricht Johannes hinter mir und reicht mir ein Glas Wasser. ,,Komm Schatz, er hat recht", sage ich leise und Gottseidank setzt er sich leicht auf und trinkt das Glas komplett leer. Sofort kuschelt er sich wieder auf meinen Schoß. Als ich ihn streichle merke ich wie stark er zittert. ,,Hast du kalt", frage ich und streichle seine Wange. ,,So sehr", antwortet er kaum hörbar. ,,Jungs, könnte ihm jemand einen Hoodie holen? Er hat Schüttelfrost. Das T-Shirt ist ihm zu kalt", drehe ich mich leicht um. ,,Ja, Moment", ruft Marco und rennt nach oben. ,,Gleich wird es dir wärmer", flüstere ich und küsse ihn auf seine Schläfe. Nickend vergräbt er sein Gesicht an meinem Bauch. ,,Komm Wincent, ich helfe dir", sagt Marco leise als er zu uns kommt. Mit seiner letzten Kraft setzt er sich leicht auf und lässt sich von uns den Hoodie überziehen. Als er wieder liegt, ziehe ich ihm die Kapuze über und lege ihm seine Bettdecke über. ,,Elli, ich würde mal losfahren noch ein paar Sachen besorgen, die ihm vielleicht helfen könnten", sagt Marco hinter mir. ,,Kann einer von euch eventuell noch Sachen zu Angela fahren. Sie hat geschrieben, die Kinder bräuchten noch einiges", frage ich.

,,Klar, dann mach ich das. Aber nur wenn du gerade alleine klar kommst", wirft Johannes ein. ,,Ich denke, er schläft eh gleich ein", antworte ich. ,,Dann, was brauchen die Kids?" ,,Oben in den Zimmern hinter der Tür steht immer eine gepackte Tasche, für Notfälle. Nimm die einfach." Während er hochgeht, läuft Marco in die Küche. Kurz darauf kommt er mit einem Tablett wieder. ,,Ich habe euch nochmal was zum Trinken und dir etwas zum Knabbern gemacht", sagt er und stellt es neben mir auf der Lehne ab. ,,Vielen Dank", lächle ich. ,,Marco, kommst du?", ruft Johannes, der vollgepackt die Treppe runter kommt. ,,Ja, bis gleich. Wenn etwas ist, ruf an", wendet er sich an mich. ,,Mach ich, bis später", antworte ich. Nachdem sie gegangen sind, greife ich nach der Fernbedingung und schalte mir ein bisschen den Fernseher an. Im Schlaf krallt sich Wincent in meine Seite. ,,Wince?", frage ich leise. ,,El", haucht er kaum hörbar, scheint aber weiter zu schlafen. ,,Ich bin hier, schlaf weiter", flüstere ich und streichle seine Seite weiter. Ich würde wegen seinem Anblick am liebsten los heulen, aber diesmal muss ich die Starke von uns sein und das ist auch okay.

Das Klingeln meines Handys reißt mich aus meinen Gedanken. ,,Hallo Angela", begrüße ich meine Schwiegermama. ,,Elli, mein Schatz. Wie geht es euch?", fragt sie besorgt. ,,Mir geht es eigentlich ganz gut, aber Wince geht es überhaupt nicht gut", seufze ich und erzähle ihr von seinem Zustand. ,,Wo sind eigentlich die Kinder. Bei dir ist es so ruhig?", frage ich. ,,Shay ist mit ihnen in den Park. Ich wollte mal in Ruhe mit dir telefonieren." Wir reden noch ein bisschen, bis wir uns wieder verabschieden, da Shay mit den Kids zurückkommen. Ich schaue noch ein bisschen weiter, bis Wincent langsam seine Augen öffnet. Aus müden Augen blinzelt er mich an. ,,Wie fühlst du dich?", frage ich leise und greife nach seiner Hand. ,,Beschissen", murmelt er und setzt sich langsam auf. ,,Langsam", flüstere ich und helfe ihm so gut es geht. ,,Ich geh mal schnell auf die Toilette. Du hast halb auf meiner Blase gelegen", schmunzle ich und hauche ihm einen Kuss auf die Wange. ,,Tut mir leid", murmelt er und schaut mich mit glasigen Augen an. ,,Das war doch nicht böse gemeint, es ist alles gut", lächle ich und mach mich auf den Weg ins Badezimmer.

Als ich zurückkomme, sitzt er nicht mehr auf dem Sofa. Verwirrt schaue ich mich um und sehe in in der Küche stehen, wie er sich an der Küchenzeile abstützt. ,,Wince, du sollst doch liegen bleiben", sage ich einfühlsam. ,,Muss aber aufs Klo", sagt er leise. ,,Mach bitte aber langsam", sage ich als er langsam ins Bad schlürft. Ich setze mich wieder aufs Sofa und scrolle ein bisschen im Internet herum. Als er fertig ist, kommt er ebenfalls wieder aufs Sofa und legt sich sofort wieder mit seinem Kopf auf meinen Schoß. ,,Ich dachte wirklich, ich habe dich verloren", flüstert er erstickt. ,,Denk jetzt nicht darüber nach", sage ich einfühlsam und graule ihm durchs Haar. ,,So schnell wirst du mich nicht mehr los, dass solltest du so langsam wissen", flüstere ich, worauf ihm ein paar Tränen über die Wange laufen. Nachdem die Jungs wieder gekommen sind, haben wir den restlichen Tag noch recht entspannt ausklingen lassen. Mittlerweile haben wir 21:00 Uhr und ich befinde mich oben in unserem Gästezimmer. Dort beziehe ich das Bett, mache es uns ein bisschen gemütlich. Denn ich möchte einfach nicht in unserem Bett schlafen und ich möchte es vor allem Wincent nicht antun. ,,Ich glaube wir kommen jetzt auch allein klar", sage ich zu Marco und Johannes als ich wieder nach unten komme. ,,Okay, aber ruft an. Okay?", sagt Johannes eindringlich. ,,Versprochen", lächle ich.

,,Komm, wir gehen hoch", sage ich als sie gegangen sind und schalte überall das Licht aus. ,,Setz dich und fahr hoch", sage ich als wir zur Treppe gehen. ,,Ich glaube nämlich nicht, dass du es allein hoch schaffst", sage ich behutsam. Nickend setzt er sich und fährt hoch. Als ich ebenfalls nach oben komme, steht er bei uns im Badezimmer und zieht sich aus. ,,Gehst du duschen?" ,,Ja", versucht er zu lächeln. ,,Okay, wenn was ist, ich bin nebenan", sage ich und gehe mich umziehen. Als ich fertig bin, gehe ich ins Badezimmer und der Anblick verunsichert mich enorm. Wincent steht geduscht, nackt vor dem Spiegel und betrachtet sich. ,,Wince?", frage ich besorgt. ,,Dieses eklige Gefühl, dass sie was gemacht haben könnte", flüstert er und dreht sich zu mir um. ,,Hat sie aber nicht. Bitte, versuch diese Gedanken zu vergessen. Ich weiß, es ist einfacher gesagt als getan", sage ich behutsam. ,,Zieh dich an, dann kuscheln wir uns ins Bett ", lächle ich. Er greift zu seinen Klamotten und ich warte, bis er sich angezogen ist. Verkrampft bleibt er vor dem Bett stehen. ,,Schatz, komm mit", rufe ich von draußen. Verwirrt folgt er mir ins Gästezimmer. ,,Danke", flüstert er und lächelt mich leicht an. ,,Gerne, ich kann auch nicht in unserem Bett liegen", seufze ich und kuschle mich ins Bett. ,,Schläfst du an der Wand?", schmunzelnd er. ,,Kennst mich doch, wenn es eine Wand gibt, da liege ich", kichere ich leise und halte ihm die Decke hoch.

,,Soll ich eine Serie anmachen?", frage ich als er sich wieder an mich kuschelt. ,,Ja bitte", nuschelt er leise und legt einen Arm um mich. Ich schalte den Fernseher an, lege die Fernbedienung weg und fange an seinen Kopf zu graulen. ,,Versuch jetzt zu schlafen. Du brauchst den Schlaf", flüstere ich und küsse ihn aufs Haar. Wie ich erwartet habe, ist er gleich wieder eingeschlafen und ich schaue ein bisschen die Serie. Irgendwann muss ich eingeschlafen sein, denn ich werde durch ein panisches ,,Elli", aufgeweckt.

Wie tief muss man tauchen, bis man die Tränen nicht mehr siehtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt