Kapitel 118

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Wincent

Am nächsten Morgen werde ich noch vor dem Klingeln meines Weckers wach. Nach einem kurzen Blick zur Seite, sehe ich das Elli noch friedlich schläft. Der Wecker klingelt erst in einer Stunde, deswegen werde ich sie auch erstmal schlafen lassen. Denn die Nächte sind nach wie vor sehr anstrengend. Entweder kann sie wegen ihren Alpräumen nicht schlafen oder die Schmerzen halten sie die halbe Nacht wach. Ich entschließe mich mal aufzustehen und eine Runde Sport zu machen. Gesagt getan schmeiße ich mich in meine Sportklamotten, schreibe Elli schnell eine Nachricht wo ich bin und schon verlasse ich das Hotelzimmer. Während der Stunde in der ich Sport mache, lasse ich mal wieder meine Gedanken schweifen. Ich habe mir die letzten Tage sehr viele Gedanken gemacht. Elli und auch ich haben uns in den zwei Wochen daheim im Norden so sehr wohlgefühlt, ganz anders als in München. Auch Mum hat uns richtig gut unterstützt, sogar Elli hat ihre Hilfe angenommen. Vielleicht wäre es wirklich zu überlegen, ob wir nicht den Schritt wagen und in den Norden ziehen. Aber ich weiß nicht was Elli davon halten würde, denn nun wohnt ja jetzt ihre Familie auch in München. Nachdem ich mich noch ein bisschen ausgepowert habe, verlasse ich den Fitnessraum und mache mich wieder auf den Weg hoch in unser Zimmer. Als ich das Zimmer betrete, finde ich ein leeres Bett vor. Stirnrunzelnd lege ich meine Sachen zur Seite und gehe ins Badezimmer. ,,Elli, bist du hier?", frage ich und klopfe an die geschlossene Badezimmertür. Von drinnen bekomme ich aber keine Antwort. Deswegen öffne ich vorsichtig die Tür und bin erleichtert, dass nicht abgeschlossen ist.

,,Hey Kleine, was ist denn los?", frage ich besorgt als ich Elli nackt und weinend vorfinde. ,,Ich wollte mich einfach mal alleine fertig machen", weint sie und weicht meinen Blick aus. Langsam betrete ich das Badezimmer und hebe ihre Klamotten vom Boden auf. ,,Geh bitte raus", wimmert sie in ihre Hände. ,,Ich lass dich doch jetzt nicht alleine, nicht so", sage ich einfühlsam und gehe neben ihr in die Hocke. ,,Ich bin so erbärmlich. Was willst du eigentlich noch mit mir?", haucht sie und schaut mich nun endlich aus. ,,Was redest du denn bitte für einen Quatsch. Du bist doch nicht erbärmlich", sage ich leicht aufgebracht. ,,Ich bekomme es nicht mal hin mich anzuziehen", murmelt sie und kribbelt an ihren Fingern. ,,Hey, schau mich mal an", sage ich leise. ,,Doch", lächle ich leicht nachdem sie mit dem Kopf geschüttelt hat. Sachte greife ich an ihr Kinn und zwinge sie dazu mich anzuschauen. ,,Das wirst du auch noch lernen. Auch das wirst du bald wieder alleine schaffen, du musst einfach nur ruhig bleiben. Gerade brauchst du halt noch Hilfe und das ist auch nicht schlimm. Du hast doch gehört was die Ärzte gesagt haben. Du bist schon viel weiter als sie gedacht haben. Jetzt lass dir bitte noch bei diesen Dingen helfen. Und ich weiß, du wirst das irgendwann ohne Hilfe hinbekommen", rede ich auf sie ein. Sachte nickt sie und schaut mich aus verweinten Augen an. ,,Darf ich dir nun helfen?", frage ich vorsichtig und streichle ihre Wange. ,,Ja", haucht sie leise. ,,Ich liebe dich", flüstere ich und hauche ihr einen Kuss auf die Stirn. ,,Ich dich auch", erwidert sie leise.

,,So, das haben wir es geschafft", lächle ich nachdem ich ihr ein paar Socken angezogen habe. ,,Danke", lächelt sie tapfer und nimmt die Zahnbürste entgegen. Nachdem wir Zähne geputzt haben, macht sie sich noch die Haare und ich packe in dieser Zeit schonmal unsere Sachen zusammen. ,,Bin fertig", sagt Elli leise und kommt in den Schlafbereich. ,,Ich auch, machen wir uns dann auf den Weg?" ,,Können wir machen." ,,Kannst du mir vielleicht noch meine dünne Jacke aus dem Koffer holen?", fragt sie unsicher. ,,Ja klar", antworte ich und gehe zu ihrem Koffer. Ich gebe ihr die Jacke und ziehe mir in der Zeit auch mal meine Schuhe an. ,,Wir haben gar nicht gefrühstückt", sagt Elli leise als wir im Auto sitzen. ,,Hast du Hunger?", grinse ich und greife nach ihrer Hand. ,,Schon ein bisschen", antwortet sie und lächelt leicht. ,,Keine Sorge, Frühstück gibt es im Büro. Anna hat schon bescheid gesagt", erkläre ich und halte an der Ampel. 15 Minuten später halte ich auf dem Parkplatz und helfe Elli aus dem Auto. ,,So wie gestern", lächle ich als wir das Gebäude betreten. ,,Bleibt uns ja nichts anderes übrig", lächelt sie erzwungen und lässt sich von mir hochnehmen. ,,Wir sind da", rufe ich als ich das Büro betrete. ,,Ach da sind sie ja", höre Anna sprechen. Als wir das Zimmer betreten, sehe ich einen jungen Kerl am Tisch sitzen. ,,Ich geh gleich runter okay?", sage ich leise und setze sie wieder auf einem Stuhl ab. ,,Und du musst Noah sein?" ,,Ja genau, der bin ich", lacht er leicht und reicht mir die Hand. ,,Schön dich kennenzulernen", antworte ich. ,,Geht mir auch so und danke für das Jobangebot", sagt er und setzt sich wieder hin. ,,Gerne, deine Fotos und Videos gefallen mir zu gut um es dir nicht anzubieten", lächle ich. ,,Darf ich dir Elli vorstellen? Meine Freundin", grinse ich und trete einen Schritt zur Seite.

,,Hallo", lächelt Elli leicht. ,,Schön dich kennenzulernen", antwortet Noah und reicht auch ihr die Hand. ,,Ich komme gleich wieder", informiere ich alle und gehe schnell runter um Ellis Rollstuhl zu holen. Als ich wieder nach oben komme, sehe ich wie Elli ganz ruhig da sitzt. Bei näherem Hinsehen, sehe ich das sie Tränen in den Augen hat. ,,Hey, was ist los?", frage ich leise und gehe vor ihr in die Hocke und greife nach ihren Händen. Schon merke ich wie die anderen uns beobachten. ,,Irgendwie ist gerade alles viel", flüstert sie niedergeschlagen. ,,Heute ist kein guter Tag mmh?" Leicht nickt sie mit dem Kopf. ,,Es ist alles gut okay. Ich bin da, wenn etwas ist, sag bitte bescheid", flüstere ich und hauche ihr noch einen Kuss auf die Stirn. Nachdem ich ihr noch in den Rollstuhl geholfen habe, gehe ich kurz zu Noah, der rüber zu Linda gegangen ist. ,,Sorry, das Stimmung gerade bisschen komisch ist. Normal herrscht immer ausgelassen Stimmung, aber gerade ist es nicht immer so leicht", sage ich und mache mir einen Kaffee. ,,Ach alles gut. Ich verstehe die Situation ja", lächelt er. ,,Komm, wir gehen wieder rüber. Dann können wir mal die nächsten Tage besprechen", sage ich und schnappe mir die Tasse. Drüben sitzt Elli hinter ihrem Laptop und scheint etwas zu machen. ,,Also, die nächsten Tage bist du ja bei uns?", frage ich lieber nochmal nach und schalte meinen Laptop ein. ,,Ja, so war es mal geplant", grinst Noah. ,,Okay also heute Nachmittag habe ich noch einen Termin bei Universal. Danach fahren wir nach München. Die nächsten Tage stehen noch ein paar Tage im Studio an, bis in drei Wochen das Album rauskommt", erkläre ich nach einem kurzen Blick in meinen Kalender.

,,Oh da muss ich noch ein Hotelzimmer buchen", erwidert er. ,,Musst du nicht. Elli und ich haben schon ausgemacht, dass du bei uns im Gästezimmer schlafen kannst. So können wir auch am besten filmen." ,,Okay, wenn ich euch nicht störe", lächelt er unsicher. ,,Nein, auf keinen Fall. Hör zu, ich möchte kein Angestelltenverhältnis mit dir. Lass uns einfach Freunde werden", sage ich direkt. ,,Damit kann ich leben", lacht Noah. Nachdem wir noch die restlichen Dinge besprochen haben, brechen wir auf zum Termin bei Universal. Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir erst in München anfangen werden, die Vlogs zu drehen. Während dem Termin bei Universal beschäftigt sich Elli ein bisschen mit Noah. Aber als ich aus dem Termin komme, merke ich wie ruhig sie immer noch ist. ,,Dann machen wir uns mal auf den Weg nach München", verkünde ich und schmeiße unser Gepäck in den Kofferraum. ,,Willst du nach vorne?", fragt Elli plötzlich Noah. ,,Nein nein alles gut. Ich geh nach hinten", sagt er direkt. ,,Willst du eine Decke haben?", frage ich sie, nachdem sie im Auto sitzt. ,,Gerne", murmelt sie. Gesagt getan greife ich nach der Decke, die im Kofferraum liegt und gebe sie ihr. Kaum sind wir aus Berlin draußen, schläft Elli neben mir schon friedlich. ,,Es ist nicht so leicht oder?", fragt Noah plötzlich. ,,Mit ihr?", frage ich und schaue ihn durch den Spiegel an. Nachdem er nickt, seufze ich und greife stärker um das Lenkrad. ,,Da hast du recht. Elli kommt mit der Gesamtsituation kaum zurecht und auch ich merke, wie das alles an mir zerrt", antworte ich ehrlich. ,,Was ist eigentlich genau passiert?" Also erzähle ich ihm alles von den vergangenen Monaten.

Die restliche Fahrt über arbeitet er noch ein bisschen an seinem Laptop und nach ein paar Pausen kommen wir mitten in der Nacht in München an. ,,Komm, ich trag dich rein. Dann musst du dich nicht mehr setzen", flüstere ich leise und streichle Ellis Wange. Auch wenn sie die ganze Fahrt über geschlafen hat, ist sie immer noch total fertig. Sie nickt müde und lässt sich auf den Arm nehmen. Sofort kuschelt sie sich an meine Brust und schließt wieder die Augen. ,,Komm mit, die Sachen hole ich gleich", wende ich mich an Noah und laufe Richtung Tür. ,,Schau dich ruhig um", sage ich oben zu ihm und trage Elli hoch ins Schlafzimmer. Schnell hole ich unten noch unser Gepäck. ,,Ich zeig dir mal das Gästezimmer. Dann können wir uns erstmal noch hinlegen", murmle ich und zeige nach oben. Dort zeige ich ihm das Gästezimmer und das obere Badezimmer. ,,Fühl dich wie zu Hause. Das Badezimmer gehört auch dir, wir haben eins neben dem Schlafzimmer", gähne ich und lehne mich an die Tür. ,,Okay Danke, ich hau mich dann auch nochmal aufs Ohr", antwortet er müde. Gewöhn dich dran. Gute Nacht, bis später", lache ich leise und mache mich auf den Weg ins Schlafzimmer. Schnell ziehe ich mich aus und gehe nochmal ins Badezimmer. Im Bett ziehe ich Elli enger an mich und bin keine fünf Minuten später eingeschlafen.

Wie tief muss man tauchen, bis man die Tränen nicht mehr siehtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt