Kapitel 113

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Wincent

,,Elli", hauche ich und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. ,,Wiwi", haucht sie kaum hörbar. ,,Ich hin hier Elli, ich bin hier", flüstere ich und lehne meinen Kopf an den Schrank. ,,Wincent? Ist alles gut?", fragt Dina besorgt. ,,Ja, jetzt ist alles gut", murmle ich. ,,Elli kann noch nichts so gut sprechen aber sie hat gleich nach dir gefragt." ,,Ich mache mich sofort auf den Weg", sage ich und stehe auf. Wir legen auf und so schnell wie ich nur kann verlasse ich die Wohnung und rase zum Krankenhaus. Mir egal falls ich jetzt geblitzt werde. In Rekordzeit komme ich an und sprinte zum Eingang. Da die Besuchszeit schon zu Ende ist, muss ich kurz erklären warum ich hier bin, darf aber letztendlich rein. Oben an der Intensivstation werde ich schon strahlend von der Nachtschwester in Empfang genommen. Nachdem ich mir den Kittel angezogen habe, bleibe ich wie angewurzelt vor der Tür stehen. ,,Nun geh schon rein", lacht die Schwester und geht an mir vorbei. Ganz langsam betrete ich das Zimmer und sehe Dina vor Elli stehen. Als sie mich bemerkt geht sie einen Schritt zur Seite, sodass Elli mich sehen kann. Als sie mich leicht anlächelt, kann ich gar nicht anders als anfangen zu weinen. Auch Elli fängt an zu schluchzen. Langsam gehe ich auf das Bett zu und lege vorsichtig meine Arme um sie. Als ich ganz leichte ihre Arme an meinem Rücken spüre, fange ich bitterlich an zu zittern. ,,Du lebst, du bist zurück", schluchze ich und vergrabe mein Gesicht in ihren Haaren. ,,Leid", haucht Elli leise. Gott wie sehr habe ich ihre Stimme vermisst. ,,Was meinst du?", frage ich leise und schaue sie an. Sie schluckt schwer und versucht zu sprechen. ,,Mir leid", bekommt sie ganz leise raus. ,,Tut mir leid?", frage ich stirnrunzelnd. Ganz langsam nickt sie und schaut mich entschuldigend an. ,,Schatz, dir muss überhaupt nichts leid tun, verstanden?", sage ich eindringlich und streichle ihre Wange. Ich habe gar nicht gemerkt, dass Dina uns alleine gelassen hat. Denn sie kommt gemeinsam mit dem Arzt wieder rein.

,,Frau Kerper, wir müssen jetzt ein paar Untersuchungen mit ihnen machen. Wir würden ihnen bescheid sagen, wenn sie wieder kommen können", spricht der Arzt. ,,Muss das jetzt noch sein?", frage ich verwirrt. ,,Ja, so können wir so schnell wie möglich eingreifen, wenn etwas nicht in Ordnung ist." Nach einer Verabschiedung, die sehr schwer gefallen ist, sitzen wir kurz darauf in der Lobby mit einem Kaffee in der Hand. Wir sind beide damit beschäftigt unsere Famili und Freunde zu informieren. ,,Ich kann es nicht glauben, nach sechs verdammten Monaten", seufzt Dina und schaltet ihr Handy aus. ,,Was meinte sie als sie wach wurde", frage ich leise. ,,Nicht viel, sie wusste ja überhaupt nicht wo sie ist und warum. Als der Arzt sagte, dass sie seit sechs Monaten hier liege, hat sie einfach nur weinend mit dem Kopf geschüttelt. Ich glaube das sie das noch gar nicht verstanden hat", antwortet sie. Wir hängen einfach nur unseren Gedanken nach, bis wir nach insgesamt zwei Stunden nach oben gerufen werden. Als wir das Zimmer betreten, liegt Elli weinend im Bett. ,,Süße, was ist denn los?", frage ich und gehe sofort auf sie zu. ,,Ich kann nicht mehr laufen", schluchzt sie an meine Brust. ,,Das werden wir schaffen Elli. Hörst du? Du wirst ganz bald wieder gehen können", rede ich gut auf sie ein. ,,Das kann aber ganz lange dauern", flüstert sie niedergeschlagen. ,,Und wenn es Jahre dauert. Ich werde dich immer unterstützen. Weißt du was Kevin am ersten Tag meinte? Er sagte, irgendwann werdet ihr beide wieder über die Bühne tanzen und so wird es irgendwann sein", flüstere ich und schaue sie intensiv an.

,,Das Gute ist, Elisa hat Gefühle in ihren Beinen. Zwar noch nicht so gut ausgeprägt, sie sind aber da. Deswegen bin ich sehr zuversichtlich das sie mit viel Arbeit und Therapie wieder gehen kann", spricht der Arzt und erzählt uns von den anderen Ergebnissen. ,,Ich will jetzt nicht alleine sein", wimmert Elli und klammert sich an meiner Hand fest. ,,Es ist aber schon gleich 1:00 Uhr Elli", sagt Dina leise. ,,Wenn sie möchten, könnte Ausnahmsweise heute Nacht jemand da bleiben", lächelt der Arzt als er das Zimmer verlässt. ,,Wer soll den da bleiben?", lächelt Dina. ,,Wince", murmelt Elli müde. ,,Okay, ich komme morgen wieder. Ruh dich aus, du bist noch ganz schön müde", flüstert sie und drückt ihre Tochter nochmal zum Abschied. ,,Kannst du mir was zum trinken geben?", fragt Elli leise. ,,Klar, warte", sage ich schnell und nehme den Becher, der auf dem Schränkchen neben ihr steht. Vorsichtig halte ich ihn an ihren Mund und helfe ihr dabei zu trinken. Ich sehe wie sie erschöpft gegen die Müdigkeit kämpft. ,,Schlaf Elli. Ich bin hier", flüstere ich und drücke ihr einen Kuss auf die Stirn. ,,Ich habe Angst nicht aufzuwachen", flüstert sie leise. ,,Du brauchst keine Angst zu haben. Der Alptraum ist vorbei", spreche ich und halte ihre Hand. Auch wenn sie zunächst gegen das einschlafen kämpft, schläft sie kurz darauf ein. Ich lege vorsichtig meinen Kopf auf ihre Beine und schaue sie an. Endlich kann ich wieder ohne diesen blöden Schlauch in ihr schönes Gesicht schauen.

Durch leichtes kraulen in meinen Haaren werde ich irgendwann geweckt. Ich muss zu Beginn gegen die Helligkeit anblinzeln, als mir wieder einfällt was passiert ist. Sofort schaue ich hoch und sehe Elli an. ,,Sechs Monate", flüstert sie niedergeschlagen. Ich nicke einfach nur und schaue sie mit einem traurigen Blick an. ,,Das waren die schlimmsten Monate meines Lebens", flüstere ich und streichle ihren Bauch. ,,Welchen Monat haben wir nochmal?" ,,Heute haben wir den 20. Juli", antworte ich leise. ,,Wie kam das Album an und wie war die Arena-Tour", fragt sie mich plötzlich strahlend. Ich schlucke schwer und schließe kurz meine Augen. ,,Das Album wurde auf Herbst verschoben und die Arena aufs nächste Jahr", seufze ich und setze mich auf. ,,Dann warst du wirklich jeden Tag da", flüstert sie. ,,Ja, jeden tag." ,,Ich weiß nicht ob ich das schaffe", flüstert sie plötzlich. ,,Natürlich schaffst du das Elli. Du bist das tapferste Mädchen das ich je gesehen habe", sage ich eindringlich. Nach der Visite setze ich mich wieder neben sie und berichte ihr von dem letzten halben Jahr. Plötzlich piept mein Handy. Eine Nachricht von Kevin: ,,Was ist denn jetzt eigentlich. Ist sie wach?" ,,Oh Mist. Ich habe Kevin gar nicht bescheid gesagt", fluche ich. ,,Sollen wir ihn mal erschrecken?", grinse ich Elli an. ,,Wie willst du das anstellen?", schmunzelt sie. ,,Wir rufen ihn per Facetime an, aber du bist am Handy", schlage ich vor. ,,Das klingt gut", lächelt sie.

So hole ich mein Handy aus der Hosentasche. Da Elli noch nicht die Kraft hat, das Handy zu halten, halte ich es ihr und wähle Kevins Nummer. Als er den Anruf entgegen nimmt, dreht er der Kamera den Rücken zu und schmiert Brote. Daher hat er Elli noch nicht gesehen. ,,Gibt es etwas Neues? Lisa und ich machen uns ganz schön Sorgen, weil du dich nicht mehr gemeldet hast", sagt er und schaut immer noch nicht hoch. ,,Hallo Kevin", sagt Elli leise. Plötzlich lässt Kevin einen Schrei los und lässt das Messer fallen. Erschrocken dreht er sich um und schaut Elli an, als wäre sie ein Geist. Ich muss mich zusammenreißen nicht los zulachen. ,,Wie geht es dir Kevin?", fragt Elli schmunzelnd. Dieser reagiert aber immer noch nicht und schaut sie wie versteinert an. ,,Ellibelli", haucht er mit Tränen in den Augen. ,,Kevin, was ist denn los? Warum hast du so geschrien?", fragt plötzlich Lisa hinter ihm. Als sie uns sieht, lässt sie fasst Louis auf den Boden fallen. ,,Elli, du..du bist wach", haucht sie leise. ,,Ja", antwortet Elli leise. ,,Wie geht es dir?", fragt Lisa und Kevin neben ihr steht immer noch da, als wäre Elli ein Geist. Elli schaut mich auffordernd an. ,,Den Umständen entsprechend geht es ihr gut. Sie ist nur verdammt müde und hat wenig Kraft. Aber das Gute vorweg, sie hat Gefühle in ihren Beinen. Zwar nicht so wie es sein sollte, sie sind aber da. Das bedeutet, mit viel Arbeit und Therapie wird sie bald wieder laufen können", erzähle ich ihnen. ,,Das ist fantastisch. Und wir sind immer für dich da", lächelt Lisa. Nachdem sich Kevin einigermaßen aus der Starre gelöst hat, verabschieden wir uns und legen auf.

Den restlichen Tag hat Elli fast nur geschlafen. Kurz bevor ich mich am Abend verabschieden wollte, ist sie wieder kurz wach geworden. Aber als ich gegangen bin, ist sie schon wieder eingeschlafen. Gerade bin ich in der Wohnung angekommen und mache mir etwas zu Essen. Seit Wochen mache ich endlich mal wieder eine Insta-Story. Wir haben abgemacht, dass ich die frohe Botschaft verkünde. Zwar musste ich die Story ein paar Mal aufnehmen, weil ich jedes Mal angefangen habe zu weinen. Am Ende sieht man zwar das ich geweint habe, aber das ist auch nicht schlimm. Die Story wird in Nullkommanichts repostet, kommentiert und geliked. Später am Abend schnappe ich mir meine Bettdecke und gehe rüber ins Schlafzimmer. Mir kommt nämlich gerade das verlangen auf, mich in unser Bett zu legen. Diesen Abend schlafe ich auf recht zeitig ein undschlafe endlich seit Monaten die komplette Nacht durch.

Wie tief muss man tauchen, bis man die Tränen nicht mehr siehtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt